Futurium Berlin
Futurium Berlin - Eine Erlebnistour
Wir wollen heute das Futurium in Berlin am Hauptbahnhof besuchen, um mal nachzuschauen, was hier alles so geboten wird. Diese Einrichtung wurde am 15. Juli 2014 als „Haus der Zukunft“ gegründet, im Juli 2016 umbenannt und an der heutigen Adresse Alexanderufer 2, 10117 Berlin, am 5. September 2019 eröffnet. Die Aufgabe des Futuriums ist es, technische und gesellschaftliche Entwicklungen wissenschaftsbasiert interessierten Menschen so zu präsentieren, dass daraus ein Dialog entstehen kann. Zu den Gründungsgesellschaftern zählt neben diversen Wirtschaftsunternehmen und Stiftungen auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Wir sind gespannt und treten ein, ohne etwas bezahlen zu müssen, denn ein Besuch kostet nichts.
Im ersten Stock, gleich neben der Treppe, empfängt uns ein kleiner Roboter, der unter anderem auch das Anlegen eines Armbandes mit integriertem Chip empfiehlt, mit dem wir an den Stationen der Denkräume besonders interessante Themen oder die eigene Meinung dazu speichern können.
Die Daten werden nach dem Besuch, falls gewünscht, in der Zukunftsmaschine ausgewertet. Das Armband wird eingeworfen, aufgesaugt und ein Überblick über die eigenen Interessen als Karte ausgedruckt. Diese kann man dann später unter Eingabe eines Codes auf der Website des Futuriums nachlesen. Die Daten könnten in Zukunft auch als Rückmeldung für die Ausstellung ausgewertet werden, heißt es in einem Interview mit dem Direktor Dr. Stefan Brandt. Wir nehmen uns jeder ein Armband und probieren gleich mal aus, wie es funktioniert.
„Muss ich in Zukunft noch arbeiten? Wie sieht das Glück von morgen aus? Wie fühlt es sich an, alles über mich zu wissen? Wann wird sich mein Smartphone in mich verlieben?“ Diese Fragen werden zwischen drei geschwungenen schwarzen Trennwänden, an denen bunte Lichtstreifen langsam die Farbe wechseln, präsentiert.
Ohne wirklich Antworten auf diese Fragen zu haben, treten wir den Rundgang an und nach wenigen Minuten ist uns klar, dass wir mit diesem einen Besuch auf keinen Fall alles erfassen können und auch nur über einzelne Aspekte berichten werden. Aber es soll ja auch für unsere Leser und Leserinnen kein umfassender Bericht sein, sondern eher ein Anstoß zum eigenen Besuch.
Unsere Highlights im Futurium Berlin
Sehr interessant finden wir das Thema der zukünftigen Energieversorgung, insbesondere in einer Großstadt. Die herkömmlichen fossilen Energieträger werden es nicht sein, natürlich nicht. Einige Bakterien und Algen können Treibstoffe erzeugen, die Fahrzeuge antreiben oder Wohnungen heizen. Die Organismen erzeugen durch ihren Stoffwechsel zum Beispiel den Energieträger Wasserstoff. Der Treibstoff ist klimaneutral und die Lebewesen benötigen nur wenig Fläche. So nehmen die Produktionsanlagen der Landwirtschaft keinen Platz weg. Die Energieproduktion aus Algen oder Bakterien funktioniert bereits im Labor. Das heißt, neben Solarzellen und Windräder könnte Wasserstoff zukünftig eine tragende Rolle spielen.
Dazu passen die Tablets, die einem mehr Informationen zu einer kleinen Modellstadt verraten. Mit der Technik der augmented reality (erweiterte Realität) sehen wir viele Details, die unser Leben zukünftig besser oder zumindest anders sein lassen.
Hier im Futurium Berlin wird die Zukunft mit vielen Gimmicks dargestellt. Zum Beispiel auch an einer großen Informationswand die Steuerung einer zeigerähnlichen kleinen Schlange, die ich mit der Hand zu dem Thema lenken kann, über das ich gerade etwas mehr wissen will. Das ist spannend. Ich kann mich gar nicht davon losreißen.
„Zukunft ist wie Fußball", hat Direktor Brandt in dem Interview gesagt. „Jeder versteht etwas davon und jeder ist überzeugt, dass er etwas darüber weiß." Man habe Mut zur Auswahl gebraucht. Sonst wäre man wahrscheinlich nie fertig geworden. „Natürlich bildet das Futurium nicht jede mögliche Zukunft ab", sagte Herr Brandt, „aber einen Teil davon." Das Futurium Berlin ist der Versuch, sich ihr anzunähern, das ist uns klar. Dass sich die Macher dieses Zukunftstempels, der Museum, Bühne und Forum sein will, von reichlich Fachpersonal unterstützen lässt, ist selbstverständlich. Der Programmrat, der die Gesellschafter, den Aufsichtsrat und die Geschäftsführung berät, liest sich wie das „Who is who“ der angesagten deutschen Wissenschaftsszene, darunter auch der von mir sehr geschätzte Wissenschaftsjournalist Dr.-Ing. Ranga Yogeshwar.
Thomas bleibt an einer anderen Tafel sehr lange stehen und arbeitet die Informationspakete über die Entwicklung der Computer von damals bis heute durch. Es ist wirklich sehr gut gemacht. Das Angebot ist zwar riesig, aber erst, wenn man will, steigt man in die Tiefen des Wissens ein, ansonsten ist auch nur das oberflächliche Betrachten der einzelnen Stationen hier im Futurium Berlin möglich. Einfach nur fotografieren oder Informationen aufsaugen, das ist im Futurium zwar nicht unbedingt gewünscht, geht aber auch. Die Erklärtexte sind in der Regel kurz, die Menschen sollen selbst ausprobieren und erleben.
Wir kommen zu den Robotern. Einige sehen so aus, wie wir sie uns vorstellen. Industrieroboter halt. Aber als Antwort auf den Mangel an Pflegekräften sollen diese technischen Helfer zukünftig auch verschiedenste Aufgaben bei der Krankenversorgung übernehmen. Eigentlich steht hier dem Einsatz von Robotern nichts mehr im Weg. Doch im direkten Kontakt sind viele skeptisch: Wollen wir uns überhaupt von Robotern helfen lassen? Kommunikations- und Medienpsychologe Prof. Dr. Markus Appel erklärt, warum Roboter wie Menschen ticken sollen, aber nicht wie wir aussehen dürfen.
Eine Ecke weiter wird das Prinzip des Aussehens eines Roboterwesens, das vom Menschen als lebendig, als „echt“ angesehen wird, auf die Spitze getrieben mit einem Kuscheltier, das auf Streicheleinheiten reagiert und nicht nur von den Kindern begeistert in den Arm genommen wird. Thomas guckt ein bisschen verliebt, als Robbi Quitschtöne von sich gibt und mit den Augen plinkert.
Bei der Energieversorgung haben wir schon Einiges über Insekten als Helfer bei der effizienten Herstellung von Treibstoff gelernt. An diesem Stand sehen wir, wie Ingenieure zum Beispiel für den Flugzeugbau Körper und Struktur von Insekten nachahmen, um diese leichter und dennoch stabiler zu machen. Millionen von Jahren der Evolution, die Klugheit der Natur also, die Erfahrung des quasi unendlich langen „try and error“ sollten wir Menschen nutzen. Das nennt sich Bionik.
Im Raum der 10.000 Dinge, die jeder Mensch durchschnittlich hat, komme ich nicht umhin, den Wert der Sachen, die ich mir im Laufe der Zeit so gekauft habe, anzuzweifeln. Oder die Anzahl der Dinge, die meine Frau so hat oder kauft. Ich sage nur Stoffmarkt und ich als Sherpa. Das soll sicherlich genauso sein und stimmt mich ein wenig melancholisch. Ich habe wohl auch einen Konsum-Kater, bestimmt. Werde ich mein Verhalten ändern? Eventuell.
Unsere Bilanz vom Futurium Berlin
Das Futurium ist nicht nur als Alternative für einen verregneten Tag in Berlin geeignet. Sondern es ist viel, sehr viel mehr. Ein gutes, interaktives Konzept, auf das man sich einlassen muss. Ja, sicherlich. Skepsis kam aber bei uns nicht auf. Ich habe zwar auch schon Negatives gelesen. Zum Beispiel wäre es nur eine großkotzige Hülle ohne Inhalt und Fantasie, Hauptsache teuer, 58 Mios für Banales in toller Verpackung. Das können wir aber nicht nachvollziehen. Wer sich für die Themen Nachhaltigkeit, Umwelt, Klima und technischen Fortschritt interessiert, der sollte hier gute drei bis vier Stunden Zeit einplanen. Und wird dann merken, eigentlich müsste ich noch einmal wiederkommen. Kann er oder sie ja auch. Es gibt eine Menge zu entdecken und nachzulesen, wenn man will. Uns hat es sehr gut gefallen. Und mit Sicherheit kommen wir mal wieder. Mit einem letzten, wie mir scheint kritischen Blick des kleinen Roboters verlassen wir das Futurium.
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