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Alice Springs und die Nationalparks

Alice Springs und die Nationalparks

Im April 2023 haben wir die berühmte Stadt im Outback besucht und Ausflüge in die Nationalparks unternommen. Die Berichte behandeln verschiedene Örtlichkeiten, die ihr durch einen Tipp auf den Namens auch direkt lesen könnt.

Alice Springs / Flying Doctors / Women`s Museum / Telegraph Station / MacDonnell Ranges / John Flynn`s Memorial / Simsons Gap / Standley Chasm / Orche Pits / Ormiston Gorge / Ellery Creek Big Hole / Uluru-Kata Tjuta National Park / Lake Amadeus / Kata Tjuta / Walpa Gorge / Uluru / Kuniya Walk / Mala Walk

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Alice Springs

Tiefes Dunkelblau über weißen Wolkenfetzen war lange Zeit der Anblick vor den Fenstern des Flugzeugs. Jetzt durchstößt die Nase die löchrige weiße Decke und gibt den Anblick frei auf das Outback. Beige, braune und fast schwarze, flache Hügel, umgeben von kurvigen Linien und ovalen Flächen, geschmückt mit kleinen grünen Tupfen und durchzogen von Sandstraßen, das ist die Landschaft unter mir, trockenes Busch- und Grasgebiet. Wir befinden uns im Anflug auf Alice Springs. Dieser Ort wird für eine knappe Woche der Ausgangspunkt für verschiedene Touren sein.

Reisebericht Alice Springs und die Nationalparks, im Anflug auf Alice Springs

Warum eine Stadt nach einer Quelle mit Frauennamen benannt ist, werden wir noch erkunden. Heute gehen wir erst einmal durch die Stadt und schauen uns um. Das Adelaide House war das erste Krankenhaus in Alice Springs und ist heute ein Museum.

Reisebericht Alice Springs und die Nationalparks, Backsteingebäude eines ehemaligen Hospitals

John Flynn war Superintendent der Australian Inland Mission der Presbyterian Church und maßgeblich für die Errichtung dieses Hospitals verantwortlich. Er sollte uns noch mehrmals begegnen. Einige Straßen weiter passieren wir das Town Council House, Sitz der kommunalen Verwaltung.

Reisebericht Alice Springs und die Nationalparks, Civic Center

Alice Springs ist ein wichtiges Dienstleistungszentrum für Zentralaustralien mit einer hohen touristischen Anziehungskraft, davon zeugen einige große Hotels bekannter Ketten. Auch deswegen macht die Stadt einen recht ordentlichen Eindruck. Auffällig sind die überall in den Parks auf den Grünflächen liegenden und sitzenden Aborigines. Dass mit der weißen Besiedlung dieses Kontinents dereinst zwei Kulturen aufeinandertrafen, die sich bis heute nicht annähern konnten, ist hier mitten im Outback wie im ganzen Land ganz offensichtlich. Auch in der Einkaufsstraße treffen wir auf die indigene Bevölkerung. Das Perverse der Situation ist zum Beispiel der Umstand, dass am Eingang der Fußgängerzone zwei Frauen selbst gemalte Bilder anbieten und man gegenüber in einer von Weißen betriebenen Galerie ebenfalls Kunstwerke der Aborigines erwerben kann. Wir stoppen am Page 27 Café und bestellen zwei Cappuccini und sprechen darüber.

Reisebericht Alice Springs und die Nationalparks, zwei Personen am Tisch

Flying Doctors

Der R.F.D.S. oder Royal Flying Doctor Service in der Stuart Terrace ist in einer größeren Wellblechhalle untergebracht und schmuck hergerichtet. Es war früher eine Radiostation. Hier steckt Geld vom Staat drin.

Reisebericht Alice Springs und die Nationalparks, Flying Doctors Eingang

Aber wir Touristen mit den Eintrittsgeldern und Einkäufen im Andenkenshop sowie die allgegenwärtige Bitte um Spenden tragen ebenfalls zur Finanzierung bei. Wir hatten vorgebucht und stehen nach einer kurzen Information sofort mitten unter den Ausstellungsstücken.

Reisebericht Alice Springs und die Nationalparks, Mann unter Modellflugzeugen stehend

Die vielen Räume, sorgfältig ausgestattet mit allem Möglichen, das mit ärztlicher Versorgung, Flugzeugen, Fliegen und Kommunikation zu tun hat, begeistern mich. Meine Frau ist besonders fasziniert von einem genähten Wandteppich, in dessen Mitte das Konterfei des Mister Flynn leuchtet.

Unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg begann John Flynns seine Vision umzusetzen, den völlig isolierten Menschen im Outback einen „Mantle of Safety“ zu bieten. Zu dieser Zeit standen zwei Ärzte in einem Gebiet von etwa zwei Millionen Quadratkilometern zur Verfügung. Flugzeuge waren damals noch nicht für den Krankentransport geeignet, man benutze Fahrzeuge, die ewig brauchten auf den schlechten Straßen. Zudem waren die Funkverbindungen äußerst problematisch. Wir schauen uns in einem Kinosaal eine sehr ansprechend gemachte holografische Präsentation der Geschichte der Flying Doctors an. Anschließend will ich endlich in ein Flugzeug klettern.

Das Cockpit ist verdammt eng. Ich muss mich ganz schön verrenken, um im Pilotensitz Platz zu finden. Aber das Gefühl ist sehr authentisch. Im Hintergrund läuft ständig Funkverkehr und alles um mich herum ist echt. Noch realistischer ist es in einem anderen Raum mit Virtual-Reality-Brillen. Ich sitze entweder neben dem Piloten oder hinten neben der Krankenschwester und verfolge das Geschehen. Das dauert ziemlich lange. Ich kann das Prozedere eines Fluges und die Versorgung eines Patienten hautnah miterleben. Nur den Kopf nicht zu schnell bewegen, das kann Übelkeit erzeugen.

Women´s Museum

„Willkommen zu unserem einzigartigen und umfassenden Verzeichnis der Errungenschaften von Frauen in Australien“, begrüßt uns eine ältere Frau am Eingang zum ehemaligen Gefängnis für Männer und Frauen, in dem sich heute das 1993 gegründete einzige Archiv in Australien zur Geschichte von Frauen aus allen Lebensbereichen befindet.

Er ist schon etwas eigenartig, sich durch die Räume und Gänge eines Gefängnisses zu bewegen, um die Biografien berühmter australischer Frauen zu betrachten. Zweifelsohne liebevoll zusammengestellt mit Fotos, Dokumenten und unglaublich vielen Dingen des Alltags. Aber dabei vorher an offenstehenden Kerkerpforten vorbei gehen zu müssen, ist befremdlich.

Die Gründe liegen auf der Hand. Die Verwahranstalt für Kriminelle wurde nicht mehr gebraucht, war aber solide gebaut und gebrauchsfertig. Aus der Not eine Tugend machend, hat die kleine gemeinnützige Organisation, die größtenteils von Freiwilligen betrieben wird, die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und das Museum eröffnet. Es gibt ja nicht nur Zellentrakte, sondern auch Verwaltungsräume. In einem davon stehen wir jetzt und betrachten die Exponate. Meine Frau dreht sich gerade zur Seite, um zum nächsten Plakat zu gehen, da springt etwas Handteller großes Hellbraunes mit acht Beinen hinter dem Bild hervor.

Ich springe zurück, ziehe meine Frau an der Schulter zur Seite und krächze: „Huntsman Spider!“ Da reist man nun zweieinhalb Monate durch Australien und sieht gerade mal eine harmlose Baumschlange auf dem Bahnhof von Kuranda und jetzt die berühmte Jägerspinne in einem Museum. Ich fasse es nicht. Wir starren auf das Respekt einflößend große Exemplar einer Sparassidae und staunen. Sie sieht wegen der beigen Farbe nicht so eklig aus wie eine Vogelspinne, aber näher rangehen will ich trotzdem nicht.

Telegraph Station

Der Weg führt entlang des völlig ausgetrockneten Todd Rivers raus aus der Stadt Richtung Norden. Nach dreieinhalb Kilometern sind wir da.

Hier kann ich nachlesen, wieso diese Stadt so heißt, wie sie heißt. Es war 1872, als im Zuge des Telegraphenleitungsbaus quer durch Australien geeignete Orte für Stationen gesucht wurden. Chef der Postdienste war Charles Todd, sein Mitarbeiter hieß William Whitfield Mills, der an dieser Stelle einen mittelgroßen Teich entdeckte, den er fälschlicherweise einer Quelle zuordnete. Zu Ehren seines Vorgesetzten nannte er die Quelle nach dessen Ehefrau Alice Todd. Die wollte davon aber gar nichts wissen, besuchte den Ort nie und war „not amused“. Der Ort war aber geeignet für den Bau einer Station und behielt den Namen. Namensgebung ist echt Glücksache, oder?

Das Gelände ist weitläufig mit einigen Gebäuden, in denen gezeigt wird, wie alles mal begann. Wir arbeiten gutgelaunt alles ab, denn wir müssen den wenig attraktiven Weg nicht zurücklaufen, es gibt einen privaten Taxiservice. In einem Ausstellungshaus gibt es in einer Ecke eine Morsestation, an der man sich probieren kann. Das Morsealphabet ist über dem Gerät an der Wand befestigt. An der gegenüberliegenden Seite kann ein Empfänger versuchen, die Nachricht zu entschlüsseln.

Reisebericht Alice Springs und die Nationalparks, Mann an einem Morsegerät

Meine Frau weigert sich, Empfängerin zu spielen. Was soll´s, gehen wir weiter. Dass auch hier versucht wurde, den Aborigines die weiße Kultur überzuhelfen, wird an einer Informationsstele und mittels Schriftstücke und Dokumente verdeutlicht.

Informativ und gut gemacht, eine Ausstellung, die sich lohnt. Der Weg dahin ist eher langweilig, kann man aber machen. Wir verabschieden uns mit einem letzten Blick über das Gelände.

MacDonnell Ranges Nationalpark

Diese 644 km lange Gebirgskette würde ungefähr von Berlin bis Karlsruhe reichen. Sie wurde 1860 von John McDouall Stuart entdeckt und nach Sir Richard MacDonnell, dem damaligen Gouverneur von South Australia, benannt. Wir haben eine Tagestour gebucht mit diversen Stopps und Lunch. Vor der Planung hatten wir kurz mal einen Blick auf den Larapinta Trail geworfen, der 223 km lang bewandert werden will. Er verläuft in zwölf Etappen von Alice Springs westlich hinein in den Nationalpark. Nach sehr kurzem Zögern hielten wir uns doch eher für nicht geeignet.

John Flynn`s Memorial

John Flynn ist wohl zu Recht der berühmteste Pfarrer der australischen Geschichte. Er war der Mann mit den großen Ideen und der Kraft sie umzusetzen. Seine Grabstätte liegt somit auch folgerichtig im Outback, ein Stück weg von Alice Springs. Auf seinem Memorial liegt ein Felsbrocken, der 1953, zwei Jahre nach seinem Tod, auf Initiative seiner Frau Jean hierher gebracht wurde. Sie dachte dabei an die biblische Geschichte von Jesu Grab.

Reisebericht Alice Springs und die Nationalparks, Grabmal mit Stein

Dieser Felsbrocken ist aber der zweite, da der erste den Aborigines gestohlen worden war. Wäre es ein normaler Stein gewesen, hätte man sie entschädigen können. Aber er war und ist für sie ein Heiligtum. Wieder ein Beispiel der respektlosen Behandlung der Indigenen durch die Weißen. Nach langen Streitereien wurde 1998 der heilige Stein den Aborigines zurückgegeben und durch einen sakral nicht kontaminierten Felsbrocken ersetzt. Das alles erzählt uns Jamie, unser Guide der Emu Runs Experience Tours.

Wir sind unterwegs in diesem Kleinbus, in den 20 Leute passen und der mit einem Anhänger für die Verpflegung versehen ist. Und Jamie hat ein Satellitentelefon dabei, sagt sie, denn Netzabdeckung ist nicht. Wir sind nämlich im Outback.

Simsons Gap

Rungutjirpa lautet die Bezeichnung im örtlich gesprochenen Dialekt. Ich liebe diese ursprünglichen Namen, sie sind geheimnisvoll und klingen sehr exotisch. Was ist dagegen „Simsons Lücke“? Belanglos. Optisch, sprich landschaftstechnisch gesehen, ist die „Gap“ nicht belanglos, sondern ein absoluter Hingucker.

Rotbraune, schroffe Felsen, die hoch in den Himmel hinaufragen und dazwischen etwas Wasser, um den Spiegeleffekt zu garantieren. Sehr hübsch arrangiert. Und hier soll es kleine Kängurus geben. Wir haben Glück. Auf einem Stein chillt ein Bursche. Es sind sogenannte Schwarzfuß-Felskängurus, sagt Jamie.

Ja, ich glaube, die Füße waren schwarz. Wie auf dem Hinweg heißt es auch beim Zurückgehen zum Bus immer schön auf die Spinnennetze achten. Ich weiß nicht, ob die hier zu Hauf rumhängenden Arachniden giftig sein, wahrscheinlich eher nicht. Aber im Gesicht will ich die nicht haben.

Auf dem Parkplatz habe ich eine Begegnung mit Seltenheitswert. Ein Camper, bei dem ich beim Einbiegen denke, die Fahrerin ist aber lässig drauf. Guckt in der Gegend rum, statt sich auf das Touristenvolk um sie rum zu konzentrieren. Dann wird mir klar, dass die gar nicht lenkt. Es ist ein linksgesteuertes Fahrzeug, und zwar direkt aus der Schweiz. Respekt vor so viel Wagemut und Ausdauer.

Standley Chasm

Ida Standley war die erste Lehrerin in Alice Springs und soll diese Schlucht als erste weiße Frau durchwandert haben, daher der Name. Es kostet Eintritt, den Pfad beschreiten zu dürfen. Bei uns ist das inklusive. Wir passieren die Kontrollgitter und begeben uns auf den rund 15 minütigen Trail.

Es geht zwar ein wenig hoch und runter, aber alles ist gut gesichert. Schließlich öffnet sich uns der Blick auf den Felseinschnitt, den „Chasm“.

Der Einschnitt zwischen den fast 100 Meter hoch aufragenden Wänden ist nur wenige Meter schmal. Um den sicherlich gnadenlos überwältigenden Effekt der senkrechten Sonnenstrahlen bis zum Grund der Schlucht zu erleben, sind wir zu spät dran. Trotzdem ist die Wirkung sehr intensiv. Ich stehe im fast immer trockenen Flussbett des Hugh River. Am Ende der Schlucht liegt ein Felsen, der scheinbar den weiteren Weg verschließt.

Dem ist nicht so, man könnte weitergehen oder besser gesagt weiterklettern. Es sieht zwar abenteuerlich aus, wäre aber unter Umständen zu meistern. Da wir aber eine Reisegruppe mit einem stringenten Zeitplan sind, kehren meine Frau und ich um. Das ist ein Nachteil geführter Touren.

Orche Pits

Wir sind inzwischen gut 100 Kilometer von Alice Springs entfernt und damit für eine schnelle Hilfe zu weit weg. Es sollte also besser niemanden etwas passieren. Jamie ist locker drauf, aber ermahnt auch zur Vorsicht. Sie ist ein typisches Aussigirl: hellbraune Rindslederboots, sehr kurze Hosen, kariertes Männerhemd und Cowgirlhut. Sie redet viel und erklärt gut und alles in einem einigermaßen verständlichen Englisch. Wir steigen aus, um uns die heiligen Ockergruben der Aborigines anzusehen.

Jamie hat uns gebeten, den Kultstatus dieses Ortes zu beachten und die Wände nicht zu berühren. Wir sind eine brave Truppe, es hält sich jeder dran. Ehrfurchtsvoll betrachten wir die Wände. Die Orche Pits bestehen aus mehrfarbigem, geschichtetem Gestein, das eines der erlesensten Ockersubstanzen der Welt liefert.

Die Farben reichen von Gold bis Purpur. Sie wirken lebendig, mit einem leichten Glanz. Der Ocker wird zeremoniell gewonnen und nur bestimmte Männer sind zum Sammeln ausgewählt. Nach dem Abbau wird der Ocker gemahlen und mit Emu-Fett für den traditionellen Körperschmuck vermischt. Auf dem Weg zurück fällt mir ein Baum auf, der an einem abgestorbenen Stamm ein seltsames Muster hat. Bei so viel heiligem Drumherum bilde ich mir ein, eine von Hand gezeichnetes Kunstwerk vor Augen zu haben.

Sieht toll aus, sehr dekorativ. Bei näherem Betrachten bin ich dann aber doch überzeugt, dass es natürlichen Ursprungs ist.

Ormiston Gorge

Weiter geht die wilde Fahrt ins Outback. Der nächste Stopp liegt nunmehr 135 Kilometer von Alice Springs entfernt. Ich schaue mir das später mal bei Google Maps an und bin verblüfft. Wir sind so ziemlich genau in der Mitte des australischen Kontinents.

Es gibt ein Picnic Lunch neben dem Parkplatz. Danach laufen wir zur Schlucht mit Wasserloch. Sind wir ein wenig schluchtenmüde? Ja, vielleicht. Doch die beeindruckende und farbenprächtige Ormiston Gorge ist eine besondere Schönheit.

Der See lädt ein zum Bade. Ich bin aber zu faul, mich aus- und anzupellen. Der kleine Weiher sieht harmlos aus, ist er aber nicht. In der Mitte bis zu 14 Meter tief, ist er auch ziemlich kalt. Falls jemand tauchen will, also bitte: Vorsicht! Jamie erzählt, dass es eine Höhle gibt mit einem Eingang einige Meter unter der Wasseroberfläche und dass ein Mann, beim Versuch in die Höhle hinein und wieder heraus zu gelangen, ertrunken ist. Seine sterblichen Überreste sind wahrscheinlich noch in der Höhle, da er nie wieder auftauchte. Nachdenklich wandern wir zurück. Auf dem Parkplatz lärmt eine Bande rosafarbener Papageien in einem Baum. Die sind dermaßen laut, dass man kaum noch sein eigenes Wort versteht.

Ellery Creek Big Hole

Das Wetter wird schlechter. Fette Wolken ziehen auf und lassen kaum noch Licht durch. So richtig schön war es heute sowieso nicht, blauer Himmel selten. Wir nähern uns dem letzten Punkt unserer Tour.

Der Ellery Creek durchschneidet hier die Berge der MacDonnell Ranges und hinterlässt eine spektakuläre Schlucht mit einem Wasserloch. Hatten wir doch schon, oder? Ja, das stimmt. Die Schluchten liegen hier wie auf einer Perlenkette aneinandergereiht im Bergmassiv. Und da eine Schlucht ja nicht von selbst entsteht, gibt es auch immer mehr oder weniger viel Wasser. Doch es ist das letzte Mal und wieder eine sehr sehenswerte Formation, die Mutter Natur uns anbietet. Und es kommt sogar die Sonne noch mal raus.

Wir setzen uns an den Strand, den es tatsächlich hier gibt und lassen den Tag Revue passieren. Wir haben viel gesehen, sind auch ganz schön weite Strecken gefahren und wurden gut informiert. Jamie war lustig und sehr sympathisch. So kann es weitergehen auf unseren Touren durch die Nationalparks rund um Alice Springs.

Uluru-Kata Tjuta National Park

Ein Tag relaxen und schon sind wir wieder on the road, 468 Straßenkilometer mit einem Reisebus zum Uluru oder wie er noch vor rund 28 Jahren gemäß Kolonialherrendiktion hieß: Ayers Rock.

Wir sind nochmals mit Emu Run Experience unterwegs, auch wegen der guten Erfahrungen bei der ersten Tour in die MacDonnell Ranges.

Lake Amadeus

Nach 275 Kilometern der erste Stopp an Lake Amadeus. Die Namensgebung für diesen Salzsee ist mal wieder eines der kuriosesten Beispiele verwirrter Menschen der damaligen Zeit. Entdecker war 1872 der britisch-australische Forscher Ernest Giles, der ihn nach seinem Gönner Baron Ferdinand von Mueller benennen wollte. Dieser wiederum stand in der Schuld des spanischen Königs Amadeus; er empfahl Ernest deshalb diesen Namen zu wählen. Und der spanische König? Wusste von nichts! Man hätte auch die einheimischen Aborigines fragen können, oder? Auf jeden Fall ist der ausgetrocknete See ein Hingucker, wie er da im gleißenden Sonnenlicht des Outbacks liegt, umgeben vom roten Sand und gelbgrünen Grasbüscheln.

In Alice Springs war es frühmorgens um halb sechs bei der Abfahrt eher kühl, wir hatten unsere Jacken an. Hier beim Ausstieg ist das schon deutlich anders. Ich schätze die Lufttemperatur auf gut 30 Grad. Das Gefühl ist auch ein deutlich anderes. Als beim Hochsteigen auf den kleinen Aussichtshügel der rote Sand unter meinen Sandalen wegrutscht und ich nicht ohne weiteres mit großen Schritten hochkomme, denke ich mir, ja, so wird es wohl auch am roten Fels des Uluru sein. Obwohl der im Augenblick nicht rot aussieht. Er ist zwar noch fast 200 Kilometer weg, ich kann ihn aber mit dem Teleobjektiv einfangen.

Er ist violett und das gelbe Gras zwischen den grünen Büschen bildet einen fantastischen Kontrast. Das sind die Farben des Outbacks. Ich bin begeistert. Auf dem Rückweg zum Bus müssen wir alle die Straße überqueren. Wie immer in diesen Augenblicken sage ich mir: „First right, then left!“ Ob ich nach zehn Wochen Australien in Berlin beim ersten Wechsel der Straßenseiten gleich mal von links überfahren werde? Ich hoffe nicht!

Kata Tjuta

Dave ist unser Busfahrer und Guide. Er redet ohne Luft zu holen und ohne Punkt und Komma. Verstehen tuen wir höchstens zehn Prozent. Nach einer gewissen Zeit schalte ich einfach ab; es ist wie bei einem ausländischen Radiosender, man versteht ja eh nichts. Schade eigentlich. Weniger und langsamer wäre besser. Einige Toilettenpausen später sind wir in Yulara und wechseln Busfahrer und Guide. Wir folgen jetzt Yad. Seine Familie stammt aus Indien, Englisch ist nicht seine Muttersprache. Er spricht langsamer und deutlicher. Sehr angenehm und gut zu verstehen. Der erste Stopp unter seiner Führung ist Kata Tjuta.

Reisebericht Alice Springs und die Nationalparks, Bergformation in rot und glatt

Dieser Name bedeutet viele Köpfe. In der Tat sehen die abgeschliffenen Bergkuppen so aus. Die Kata Tjuta befinden sich im Besitz der Anangu, eine örtliche Volksgruppe der Aborigines. Da laut deren Mythologie diese Berge mit der Traumzeit verbunden sind, nutzen die Anangu den Ort für ihre Rituale. Aus diesem Grund ist der Zutritt für Touristen beschränkt. Wir kommen näher und steigen am Parkplatz aus. Seit dem Abbiegen in Richtung Kata Tjuta sind Wolken aufgezogen. Der einzelne Berg sieht bedrohlich aus.

Walpa Gorge

Der Wanderweg im Valley of the Winds ist öffentlich zugänglich, man geht je nach Wandertempo drei bis fünf Stunden. Das ist für uns aber deutlich zu lang. Es gibt noch einen zweiten, den Trail in die Schlucht von Walpa. Den haben Yad und Emu Run Experience ausgewählt, da er hin und zurück nur eine Stunde dauert. Und unsere Fliegenschutznetze kommen zum ersten Mal zum Einsatz. Man hat uns gewarnt. Diese Viecher sollen echt lästig sein.

Beim Laufen wackelt vor meinen Augen das schwarze Netz hin und her, ein seltsames Gefühl. Ich komme mir vor wie unter einer Glocke. Die Fliegen sind wirklich abartig. Sie hängen von außen dran und wollen rein. Gut, dass wir das Zeug gekauft haben. Wir wandern los. Rechts und links steigen jetzt die Bergwände immer höher an. Ab und zu müssen wir über eine kleine Brücke. Der Weg ist aber leicht zu begehen. Die Natur gibt wieder einmal ihr bestes. Sehr beeindruckend die roten Felsen, zumal die Wolken sich verziehen.

Nach gut 30 Minuten endet der Weg in einer Sackgasse auf einem künstlich angelegten Besucherplateau. Ohne die Netze über den Köpfen wären wir wahrscheinlich umgekehrt. Erstaunlich viel Grün am Wegesrand und ein kleiner Bach haben uns überrascht in dieser so trocken aussehenden Landschaft.

Uluru

„Arkose ist ein dem Sandstein ähnliches Sedimentgestein, das im unverwitterten Zustand grünlich-grau ist. Durch die Verwitterung oxidiert das in einigen Mineralen gebundene Eisen zu rötlichen bis bräunlichen Verbindungen, was dem Uluru seine typische Farbe verleiht“, erläutert uns Yad während der Fahrt zum heiligen Berg der Aborigines.

Und er bittet uns mehrmals eindringlich, auf den angelegten Pfaden zu bleiben und die partiellen Verbote des Fotografierens zu beachten. Bei jedem Stopp wird er zunächst einige Erläuterungen geben und uns dann Zeit lassen, selbst die Örtlichkeiten zu erkunden. Er ist sehr höflich und fragt uns, ob wir damit einverstanden wären. Breite Zustimmung im Bus.

Kuniya Walk

Der Weg führt zum Mutitjulu Waterhole, das schon die britischen Royals besucht haben. Die Wolken ziehen wieder auf, es wird dunkler, das Wetter ist echt wechselhaft hier. Es gibt der Szene aber einen mystischen Anstrich. Ich verstehe, warum die indigenen Bewohner diese Gegend als heilige Stätte verehren.

Reisebericht Alice Springs und die Nationalparks, Weg zu roten Felsen mit gelbem Gras

Wir laufen zwischen den gelben Gräsern auf die Felsen zu und biegen zunächst zu einer Höhle mit Felsenmalerei ab. Hier wurden die jungen Burschen von den Älteren auf die Jagd vorbereitet. Ich sehe das bildlich vor mir, wie die Halbstarken im Kreis um den Alphamann herumsitzen, mit offenen Mündern seinen Erzählungen lauschen und ihrem ersten Einsatz entgegenfiebern.

Reisebericht Alice Springs und die Nationalparks, Felsmalerei

Danach gehen wir zum Wasserloch. Hierher mussten alle Tiere aus der Nachbarschaft kommen, wollten sie nicht verdursten, die Auswahl an Wasserstellen war nicht sehr groß. Auf dem Rückweg wurden sie dann gejagt.

Mit gemischten Gefühlen treten wir den Rückweg an. Natürlich mussten die Menschen zum Überleben auch Tiere töten, aber uns als Vegetarier geht das trotzdem gegen den Strich. An einem Seitenweg können wir ganz dicht an die Felswände rangehen. Auch dieser Ort soll besonders sein. Ich stelle mich an den Stein, lege die Hand darauf und schließe die Augen. Spüre ich etwas? Höre ich eine geheime Botschaft? Vielleicht, ich werde es euch nicht verraten, das bleibt mein Geheimnis.

Mala Walk

„Die Mala waren die Hasenkänguru-Menschen, die mit den Windulka einen Konflikt ausfochten. In einer fürchterlichen Schlacht mit Toten, Schwerverletzten und Feuer bebte die Erde und der Uluru hob sich aus der damals ebenen Erde hervor“, erzählt uns Yad. Er fährt fort und erläutert detailliert, warum bestimmte Felsformationen so geformt sind und nicht anders, was in den Höhlen passiert ist und welche Bedeutungen die Malereien haben. Und er macht das mit wohlgesetzten Worten. Nach seinen Ausführungen machen wir uns auf den Weg und staunen über die Naturwunder.

Diese Höhle schließt mich auf drei Seiten ein und bildet mit der Steinreihe einen kleinen Schutzwall, hinter dem ich mich gut verstecken könnte, wenn die Windulka mich angreifen sollten. Ich sehe schon von weitem den Staub, den sie aufwirbeln; aber mich können sie nicht entdecken, ich bin geschützt, ich fühle mich sicher. Die nächste Höhle sieht aus wie eine riesige Welle, die gerade brechen will.

Diese Formationen sehen so lebendig aus, als wären sie gerade entstanden. Ich kann mich gar nicht sattsehen an diesen Steinen. An einer anderen Stelle können wir die Löcher bewundern, die von den wilden Tieren stammen, als sie miteinander kämpften. Jedenfalls nach der Mythologie der Aborigines.

Nach 30 Minuten sind wir am ehemaligen Aufstiegspunkt zum Gipfel des Uluru angekommen. Das Besteigen des Uluru war bis Oktober 2019 erlaubt. Bis zur Schließung der Route gab es 37 Todesopfer.

Das Wolkenbild verheißt nichts Gutes. Dunkel drohend hängen sie über der Steppe. Ein schöner Kontrast zu den fast weißen Grasbüscheln und mitten drin unser Tourbus.

Wir fahren jetzt zum BBQ mit Blick auf den heiligen Berg, der in der untergehenden Sonne besonders hübsch aussehen soll. Nur davon haben wir nichts. Schlagartig brechen die Wolken und lassen dermaßen heftig den Regen runterfallen, dass wir den Bus nicht verlassen können. Unsere Helfer sind draußen und bereiten unser Picknick vor. Sie sind komplett durchgefeuchtet. Aus der Not die Tugend machend, werden die alkoholischen Stimmungsaufheller schon mal geöffnet und die Party steigt zwischen den Sitzreihen im Bus. So plötzlich der Regen angefangen hat, so unvermittelt endet er auch, es tröpfelt nur noch. Wir steigen aus und genießen trotz aller Widrigkeiten die Atmosphäre.

Wie man unschwer erkennen kann, wirkt der Schampus. Und hinter mir steht unbeeindruckt der Uluru. Die Dinge sind halt wie sie sind. Und der rote Monolith zeigt im schwindenden Licht eine ganz andere Seite seiner Schönheit.

Es ist fast ganz dunkel, wir müssen den Heimweg antreten. Ein überwältigender Tag mit herausragenden Eindrücken liegt hinter uns. Mutter Erde hat uns wieder einmal gezeigt, was sie so drauf hat. Australien ist wirklich ein Land der unbegrenzten Naturwunder.

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