Wanderblog Brandenburg
Der Theodor Fontane hat’s getan mit seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg und wir wollen es auch. Die weiten Reisen sind noch nicht so „in“ und so starten wir unsere Serie Wanderblog Brandenburg mit den Worten des Schriftstellers: „Es gibt nur ein Mittel sich wohlzufühlen: Man muss lernen, mit dem Gegebenen zufrieden zu sein und nicht immer das verlangen, was gerade fehlt.“
Bisher könnt ihr mit uns auf unserem Wanderblog Brandenburg auf folgenden Touren wandern:
Glindower Alpen / Glauer Berge / Rauener Berge / Tegeler Fließ / Wünsdorf / Sperenberg
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Glindower Alpen und ein bisschen Lenné - Wanderblog Brandenburg
Vielleicht ist der Brandenburger etwas größenwahnsinnig. Für die Huckel im märkischen Sand reicht nun nicht mehr die Bezeichnung „Berg“, nein, es müssen sogar die Alpen sein. Doch bei der Tourplanung mit meiner Navigationsapp komoot staune ich nicht schlecht: 448 Meter Bergwanderweg im alpinen Gelände! Whow!
Zunächst startet die Tour allerdings ebenerdig am Glindower See mit herrlichen Ausblicken auf das Gewässer.
Die Tour schlängelt sich weiter an der Uferkante entlang und führt über die Alpenstraße, so heißt sie wirklich, in Richtung Glindow. Allerdings sehe ich statt schneebedeckter Dreitausender nur einen schneebedeckten Baum auf einer kleinen namenlosen Insel im Wasser. Bei genauer Betrachtung stimmt aber noch nicht einmal das. Die weißen Äste haben ihm unzählige Kormorane mit ihrer Hinterlassenschaft verpasst.
Nach wenigen Metern zieht ein Turm die Aufmerksamkeit des (theoretischen) alpinen Wanderers auf sich. Es ist der Aufseherturm der Ziegelwerke von Glindow. Seit 1890 steht er da und diente auch als Ausguck für nahende Transportkähne. Die Ziegelei selbst gibt es bereits seit dem 15. Jahrhundert. Der Ton für mehrere Billionen Ziegel wurden hier abgebaut, gebrannt und über die Havel nach Berlin geliefert.
Jetzt beherbergt das Gebäude ein Museum und gewährt an den Wochenenden einen Einblick in die Verarbeitung des besonderen „gelben“ Tons und der Förderverein bietet auch Besichtigungen des historischen Ringofens an. Heute, an einem Wochentag, muss ich mich mit einem Blick durch die Scheiben begnügen.
Aber wir sind ja auch zum Wandern hier auf unserem Wanderblog Brandenburg. Und jetzt kommt der Clou! Die „Alpen“ sind nicht etwa durch eine Endmoräne aus der Eiszeit entstanden. Nein, sie sind menschengemacht. Jahrhundertelang wurde Ton abgebaut, Tunnel gegraben, Täler ausgeschachtet und Abraum angehäuft. Nachdem die Gruben nicht mehr ergiebig waren, überließ man sie der Natur, die eine einzigartige Landschaft mit Mischwäldern und Taleinschnitten entwickelte. Und voilà: wir haben unsere Alpen in Brandenburg.
Es sind keine steilen, langanhaltenden Aufstiege, die hier zu bewältigen sind. Aber das mehrfache Auf und Ab bringt schon etwas Schwung in die Pumpe. In der Woche kaum besucht, lässt es sich wunderbar auf Entdeckung gehen. Kleine Holzbohlenwege, versteckte Tümpel, Reste einer Lorenbahn und ein paar anständig knorrige Bäume.
Mit acht Kilometern ist es wahrlich keine Besteigung des Watzmann, wie sie uns Paul in seinem Gastbeitrag gezeigt hat, aber trotzdem eine schöne Tour, die uns zum Abschluss noch etwas Gartenkunst von Herrn Lenné nahebringt. Er hat den Petzower Park entworfen, der rund um einen Teich vielfältige Sichtachsen eröffnet. Zum Beispiel auf das Herrenhaus bzw. Schloss von Petzow. 1820 wurde es nach Entwürfen von Karl-Friedrich Schinkel erbaut und Theodor Fontane schrieb: „Das Schloß, in seiner gegenwärtigen Gestalt, wurde nach einem Schinkelschen Plane ausgeführt. Es zeigt eine Mischung von italienischem Kastell- und englischem Tudorstil…“ Na, da haben wir ja alle unsere brandenburgischen Prominenten beieinander.
Und wenige Meter weiter ruht auf einer Anhöhe die Petzower Dorfkirche, natürlich auch von Schinkel entworfen. Von ihrem Turm aus lassen sich zwei „Häfen“ entdecken: Die Fähranlegestelle am Schwielowsee und der Hafen der Ehe. Okay, der Kalauer ist flach. Aber in der Tat dient die Kirche nicht mehr dem Gottesdienst, sondern beherbergt ein Standesamt. Kein schlechtes Ambiente für diesen Verwaltungsakt.
Nach meinem Geschmack ist es eine hervorragend abwechslungsreiche Tour mit Wasser, Anhöhen, technischen Bauwerken, Gartenkunst und historischen Gebäuden. Zum Nachwandern habe ich die Tour bei komoot eingestellt.
Wenn ihr auch mal Lust habt, eure Wanderhighlights auf unserem Wanderblog Brandenburg zu verraten, immer zu. Wir warten auf eure Email an info@grad60.com
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Glauer Berge und Bohlenstieg am Blankensee
Wo sind die Elefanten? Jeden Moment erwarte ich das Rüsseltier im Nebelgrau. Riesige Dunghaufen prangen auf dem Märkischen Sandweg und versperren feuchtgrün den Wanderweg. Strohgespickt warten sie auf den Appetit der kleinen schwarzglänzenden Käfer. Denen scheint es aber zu kalt zu sein und so sammeln sich die Dungberge unzersetzt am Wegesrand. Bei genauem Blick ist natürlich klar, diese Hinterlassenschaft stammt nicht von Dumbo, sondern von einem Pferd. Nach den Äppelhaufen zu urteilen, müssen aber es ziemlich riesige Tiere sein. Die Trampelpfade scheinen nicht nur uns Wanderern zu gefallen, sondern sind offensichtlich auch bei der Reiterschaft beliebt.
Auf unserem Wanderblog Brandenburg geht es wiedermal um Berge. Sie scheinen auf den Märker eine besondere Anziehungskraft auszuüben, auch wenn der höchste Huckel nicht einmal die 100 Meter erreicht. Und so ist die Wanderung kein Gekraxel, sondern ein gemütliches Auf und Ab auf tiefsandigen Wegen. Bei dem heutigen Regenwetter geht es sich leicht über die Sandberge, im sonnentrockenem Hochsommer könnte es auf dem sandigen Endmoränenwall beschwerlich werden. Eine ganze Reihe von Krüppelkiefern reckt ihre verbogenen Arme verschlungen dem Wanderer entgegen.
Und natürlich war der alte Fontane hier auch schon unterwegs. Seine genauen Wanderrouten sind zwar nicht exakt überliefert, aber gut vorstellbar ist es schon, dass der Schriftsteller hier entlangkam und sich an den Hügeln südwestlich von Berlin erfreut hat.
Auf dem Fuchsberg begrüßt uns ein „Gipfel“-Kreuz und bietet neben einem Unterstand einen guten Blick auf die Ebenen des Naturparks Nuthe-Nieplitz. Der regenwindige Tag heute scheucht uns jedoch schnell voran in den schützenden Wald von Weiden, Birken, Erlen und Eichen. Es geht weiter in Richtung Blankensee, vorbei am Wildgehege Glauer Tal. Mufflons, Rot- und Dammwild müssen diesmal auf unseren Besuch verzichten. Der Holzbohlenstieg am Blankensee ist das Ziel, der einen freien Blick über den Schilfgürtel auf das überraschend große Gewässer ermöglicht. Der frische Wind treibt mir das Blut in die Wangen und gibt wenigstens so etwas Farbe in das Winterbleichgesicht.
Die kleine Wandertour endet heute nach 7,5 Kilometern. Wer mehr möchte, kann sie problemlos erweitern und weitere Hügel der „Bergkette“ erklimmen oder dem Wildgehege einen Besuch abstatten. Vielleicht findet ihr dann auch die Erzeuger der Äppelhaufen, denn bei unserer Wanderung kreuzte weder Elefant noch Pferd den Weg. Für einen besseren Eindruck von der Tour habe ich für euch ein kurzes Video gedreht, dass ihr mit einem Klick auf das folgende Foto anschauen könnt. Ihr werdet dabei auf unseren Videokanal von grad60.com bei YouTube weitergeleitet.
Wer die Strecke nachwandern möchte, der kann unsere Wanderungen in Brandenburg auf komoot verfolgen. Und noch schöner wäre es, wenn ihr Lust hättet, über eure eigenen Wandererlebnisse zu berichten. Denn der Wanderblog Brandenburg lebt ganz gewiss vom Mitmachen: Los! Zeigt uns eure schönen Wanderecken von Brandenburg!
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Rauener Berge und Kaffee in Bad Saarow
Darf man eigentlich einen Landbuckel von 154 Meter Höhe einen Berg nennen? Als Brandenburger wahrscheinlich schon. Und wenn die Berge schon nicht hoch sind, so gibt es dafür anständige Seen gleich um die Ecke. Daher ist unser Ziel von heute der Scharmützelsee mit den Rauener Bergen im Landkreis Oder-Spree. Und als Begleitung ist diesmal eine fast einjährige Lady dabei: die Labradorhündin Lotte. Schon richtig groß, die Kleine. Ihr kennt sie noch als knuddeligen Welpen aus unserer Serie „Tierisch gut“
Der nebelnieselige Tag bringt die Waldgerüche nicht nur in Lottes feine Nase. Auch mein Zinken saugt die Aromen von Moos, feuchtem Holz und würzigen Pilzen ein. Ein paar stattliche Steinpilze grinsen mich vom Wegesrand an. Ganz so, als ob sie sehen würden, dass wir kein Sammelkörbchen dabei haben. Irrtum! Die schönsten von ihnen müssen den Wald verlassen. Sie landen, in Lottes schwarzem unbenutzten(!) Kacktütchen verpackt, in meinem Rucksack. Aber nur die Premium-Modelle. Fast noch schöner recken sich andere, uns unbekannte Pilze aus Rinde und Baumholz in den Nieselregen. Sie haben Glück und dürfen bleiben.
Lotte interessiert sich mehr für Stöckchen und kann sich bei der Auswahl an dicken, krummen und verästelten Zweigen kaum entscheiden. Dabei tobt sie den leichten Anstieg der Rauener Berge hinauf, der auch die Zweibeiner nicht wirklich fordert. Deutlich anstrengender wird der Aufstieg auf den Aussichtsturm Rauen. 209 Stufen bringen den Aussichts Willigen über Gitterstufen auf 36 Meter Höhe.
Der Zutritt auf den 2011 errichteten Turm ist nur über das ein-Euro-verschluckende Drehkreuz möglich, wo die Sicht bis zum Berliner Fernsehturm angepriesen wird. Nun sagt schon der Name Aussichtsturm was man dort erwartet. Heute müsste er Nebelturm heißen.
Macht nichts. Die Tour bietet mit den Markgrafensteinen eine andere Sehenswürdigkeit, die auch an trüben Tagen wirkt. Mitten im Wald, hingeschleudert wie Boule-Kugeln eines Riesen, liegen die Markgrafensteine zwischen Buchen und Kiefern. Aber nicht Goliath hat sie aus Südschweden hierher gebracht, sondern die Eiszeit vor 100.000 Jahren.
Der kleine Markgrafenstein imponiert mit einem errechneten Gewicht von 477 Tonnen, der große Markgrafenstein bringt es auf 221 Tonnen. Hähh? Was stimmt hier nicht? Der größere ist jetzt der kleinere, weil der Baumeister Schinkel ihm etwas abgeknapst hat: die Granitschale vor dem Alten Museum in Berlin. (Werde ich mal im Rahmen der Serie „Museen von Berlin“ besichtigen). Nun ist der „Kleine“ der „Größte“ von ganz Deutschland.
Die Eiszeit brachte aber nicht nur die Steinchen huckepack nach Brandenburg, sondern schob verschiedene Erdschichten so in die Höhe, dass Braunkohleflöze zugänglich wurden. Die lagen zwar immer noch in 50 Meter Tiefe, konnten aber Mitte des 19.Jahrhunderts über Stollen abgebaut werden. Der Abtransport erfolgte über eine Pferdeeisenbahn zum Scharmützelsee. Außer ein paar Absenkungen des Erdreichs ist davon nicht mehr viel zu sehen. Die Vegetation ist nach Ende der Förderung 1905 schon lange nachgewachsen. Knorrig-bizarre Bäume säumen den Wanderweg, auf dem wir nur wenigen anderen Entdeckern begegnen.
Offensichtlich bleiben die meisten Ausflügler eher in Bad Saarow und genießen an der Uferpromenade den Blick auf den Scharmützelsee. Oder sie sitzen auf dem Ausflugsdampfer, der gerade mit einem durchdringendem Töööt – Töööt - Tööt rückwärts den Anleger verlässt. Hier ist schon etwas mehr Trubel. Ein Café-Plätzchen mit Tortenbegleitung findet sich aber problemlos. Mit Cappuccino-Stärkung geht es auf ins letzte Drittel der 15-Km-Tour. Schon wenige Meter hinter dem Ortsausgang hat die Waldeinsamkeit uns zurück. Eine Galerie von kleinen Männlein mit purpurroten Mänteln zeigt den Weg.
In sanften Wellen führt der Weg zurück zum Ausgangspunkt. Eine schöne Strecke, nicht zu anstrengend, aber auch nicht ganz ohne. Lotte hat ihr Hin-und-Her-Lauf-Tempo inzwischen etwas reduziert und ignoriert sogar mundgerechte, bestgewachsene Stöcke auf dem Wanderweg. Ein empfehlenswerter Ausflug und ein Tipp für unseren Wanderblog Brandenburg. Auch ohne hohe Berge.
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Tegeler Fließ - Wanderblog Brandenburg
„Warum denn in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!“ Das ist mal nicht vom alten Fontane, sondern Goethe hat’s so ähnlich formuliert. Denn meine Tour für heute liegt nicht jwd, sondern ist um die Ecke und hat sogar einen S-Bahn-Anschluss. Ich starte bequem vom S-Bahnhof Hermsdorf und passiere ein paar Vorortvillen, bis der Grünzug erreicht ist. Die Wege sind gut ausgebaut und so würde ich den Ausflug eher als Spaziergang denn als Wanderung bezeichnen. Die Vorteile der kurzen zehn Kilometer Tour liegen auf der Hand: schnell erreichbar, schnell mal zwischendurch, aber trotzdem ein Naturerlebnis. Und wer Lust hat, kann sie deutlich erweitern. Aber auch die kurze Strecke hat ihren Reiz: schon nach wenigen Metern darf das Auge in die grüne Ferne blicken.
Das hohe Gras ist Deckung und Futter zugleich für zwei Rehe, die entspannt kauend über die Halme hin zu den Ausflüglern schauen. Gut zu beobachten, für meine Handy-Kamera aber zu weit weg. Keine schlechte Begrüßung für einen so stadtnahen Trip. An einem sonnigen Wochenende ist hier schon eine Menge los. Für etwas ängstliche Wanderer, die nicht so gerne die Einsamkeit des tiefen Waldes mögen, eine gute Möglichkeit, unbesorgt alleine unterwegs zu sein. Richtig Betrieb ist kurze Zeit später auf dem Holzbohlenstieg. Er bringt mich trocken über das sumpfige Fließ.
Auf dem Steg befinden sich kleine Schautafeln zur Erklärung der Fauna und Flora. Kennt ihr das: Auf einer Tafel ist eine Ringelnatter abgebildet und beschrieben und man schaut unwillkürlich in die Landschaft dahinter, um die Schlange zu entdecken!? Die ist natürlich nicht da. Dafür der Zilpzalp, ein kleiner Vogel, der unüberhörbar seinen Namen singt. In England wird er übrigens „Chiffchaff“ genannt und in den Niederlanden heißt er „Tjiftjaf“. Er ist zwar unscheinbar im Aussehen, untermalt dafür aber mit seinem lauten Gesang den Ausblick über das kleine Gewässer mit seinen Gräsern und Wasserpflanzen.
Das beste Fotowetter ist ein klarer Tag mit blauem Himmel und kleinen weißen Kontrastwolken. Wenn die sich noch im Wasser spiegeln und von Seerosenblättern und Ufergrün umrahm werden, dann ist das für meinen Geschmack perfekt.
Für mich besticht die kleine Tour durch ihre Abwechslung. Eben gerade noch über kleine Fließe mit Froschgequake und Libellenflug gewandert, öffnet sich an der nächsten Ecke die Landschaft mit weiten Wiesen und Feldern. Fröhlich schreite ich auf dem Feldweg aus, ganz ohne große Wanderausrüstung.
Ich passiere ein paar hübsche Häuser und gehe am Ziegeleisee vorbei zum Hermsdorfer See, der frisch leuchtend zwischen Bäumen und Uferpflanzen auftaucht. Eine kühle Brise weht über das kräuselige Wasser herüber und lässt die Blütenrispen des Schilfrohrs flattern. Durch einen schmalen Verbindungsweg erreiche ich das Auenhof-Café. Sieht richtig knuffelig und gemütlich aus. Auf einen Besuch war ich nicht vorbereitet. Ich habe keinen Corona-Test gemacht. Dafür sind Stullen in der Box dabei. Also ein Wiesenplätzchen gesucht und die Naturpause ist perfekt.
Nun dauert es nicht mehr lange und unser Ausgangspunkt ist wieder erreicht. Ja, diesmal nicht ganz so Wanderblog Brandenburg, sondern eher Spaziergang Berlin. Spaß hat es mir trotzdem gemacht und abwechslungsreich war es allemal.
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Spitzbunker und einsame Natur in Wünsdorf - Wanderblog Brandenburg
Wie hat es gerumpelt? Stundenlanges Tack-Tack Tack-Tack. Ohrenbetäubendes Quietschen in den Kurven und dazu der Geruch von altem Holz, muffigen Polstern und Rauch der unzähligen Papirossas, gequalmt im Eisenbahnzug von Moskau nach Wünsdorf. Bis 1994 gab es eine tägliche direkte Zugverbindung in die fast 2.000 km entfernte russische Hauptstadt. Denn Wünsdorf war Militärstandort, an dem bis zu 60.000 Sowjetbürger lebten. Doch das ist Geschichte. Die Fernstrecke gibt es so nicht mehr. Heute fährt der Regio RE5 und RE7 in rund 50 Minuten bequem von Berlin in die „Verbotene Stadt.“
Wjunsdorf (Вюнсдорф) wurde der Ort von den russischen Soldaten genannt, die mit Frauen und Kindern in dieser eingezäunten und streng bewachten Stadt wohnten. Sie hatten den Standort nach Ende des 2. Weltkriegs von der deutschen Wehrmacht übernommen, die hier die größte Nachrichtenzentrale zur Übermittlung von Befehlen an die deutschen Truppen in ganz Europa unterhielt. Viele Gebäude sind verfallen und bieten den gruseligen Charme von trauriger Geschichte und morbider Faszination. Wünsdorf hätte sicher auch gut in unsere Serie der „unentdeckten Kleinode von Berlin und anderswo“ gepasst.
Das hier ist der Wanderblog Brandenburg und so schreiten wir durch diese interessante historische Stadt in Richtung einsamer Natur in der Umgebung. Aber wir finden, gerade auch die Abwechslung von Wald, Wiesen, Natur mit Geschichte, historischen Bauwerken und Sehenswürdigkeiten machen den Wanderblog Brandenburg besonders. Und so schauen wir uns noch auf dem Weg in’s Grün einen der sieben Spitzbunker an.
In diesen Konstruktionen fanden auf neun Etagen bis zu 600 Menschen Schutz. Die Bauform sollte dafür sorgen, dass abgeworfene Bomben nur eine geringe Angriffsfläche haben und an dem spitzen, steil abfallende Dach abgleiten, ohne zu explodieren. Wie ideenreich sind doch die Menschen im Kriegshandwerk, gruselt es mich. Dazu passt heute das Wetter. Ein bedeckter Himmel droht mit herannahenden Regenschauern. Aber was soll’s. Auch da zeigen die weißen Birkenstämme ihren Kontrast in der Heidelandschaft.
Die Wege der Streusandbüchse Brandenburg schlängeln sich durch abwechslungsreichen Wald. Birken und Kiefern dominieren. Sie scheinen ihren Lebensraum auf natürlichem Weg erobert zu haben und gerade die Nadelhölzer stehen nicht in Reih und Glied des Nutzwaldes. Darunter haben Heidekräuter ihren Platz, vermutlich noch aus Zeiten der militärischen Nutzung einer baumfreien Fläche. Aber auch ein paar alte Eichen haben sich behauptet und recken sich knorrig in den regnerischen Himmel.
Wir sind diesmal nicht alleine, sondern wandern mit einem Freundespaar und deren Sohn durch den einsamen Wald. Sonst scheint niemand unterwegs zu sein. Vielleicht liegt es an den kleinen verschlungenen Wegen oder am Regen, der den Sandboden und die Jacken durchfeuchtet. Christian entdeckt ein Schwarzspecht-Paar am Stamm einer Kiefer. Die schwarzen, krähengroßen Vögel mit ihrem auffällig roten Scheitel krallen sich an einer Kiefer fest. Verliebt umkreisen sie den Baumstamm und spielen Einkriegezeck. Trotzdem bleiben sie aufmerksam. Mit jedem Meter unserer Annäherung wechseln sie einen Baum weiter. Für ein Foto zu weit, mit dem Fernglas gut sichtbar.
Ich genieße die Wanderung trotz des stärker werdenden Regens. Das Rauschen der dicken Tropfen übertönt auch den letzten schwachen Straßenlärm der weit entfernten B96. Die Feuchtigkeit lässt die Triebe aufbrechen und die jungen Blättchen noch frischer aussehen. Die benetzten Flechten und Moose glitzern von hell- bis olivgrün. Dem trotzt die orange-rote Blüte einer Zierquitte am Wegesrand. Keine Ahnung, wie sie hierher geraten ist.
Nach zwei Stunden führt uns der Weg wieder zurück in die Waldstadt Wünsdorf und mir ist nun klar, warum der Ortsteil von Wünsdorf seinen Beinamen trägt. Zum Abschluss schauen wir uns noch einmal diese eigenartigen Bunker an. Skurril stehen sie wie Raketen zwischen den Wohnhäusern. Im Rahmen des Abrüstungsabkommens sollten sie nach 1945 gesprengt werden. Zum Teil widerstanden sie diesem Ansinnen und liegen nun umgestürzt, aber nicht weniger beängstigend, auf den Grünflächen.
Zehn km führt unsere Wanderung durch den Wald bei Wünsdorf. Wer noch mehr Energie hat, der kann das Walderlebnis auf unserem Wanderblog Brandenburg noch mit elf km historischem Rundweg erweitern. Start und Ziel ist der Bahnhof Waldstadt Wünsdorf und somit ist der Ausflug ganz wunderbar auch ohne Auto machbar.
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Faules Luch und Ringofen bei Sperenberg - Wanderblog Brandenburg
Es warten nur zehn Kilometer Wanderweg auf euch. Dafür geht es nicht nur durch Wald und Flur, gleich mehrere Überraschungen gibt es zu erleben. Und die erste wartet schon am Startpunkt wenige Meter von der Gipsstraße in Sperenberg entfernt. Es ist das tiefste Bohrloch der Welt. Okay, der Rekord stammt nicht von heute. Er datiert vom Ende des 19. Jahrhunderts. 1.271 Meter führte die Bohrung in die Tiefe des Steinsalzvorkommens. Nun kann man da heute leider nicht mehr seine Münze hineinwerfen und auf das Klack warten. Zu sehen gibt es nur noch einen runden See. Trotzdem, ich bin beeindruckt. Habe ich nicht gewusst.
Wenige Meter gehe ich um diesen See mit dem Namen „Zweiter Tiefbau“ herum und schon ist die erste Steigung zu bewerkstelligen. Nicht viel. Ein paar Stufen und die Anhöhe ist erreicht. Von hier „oben“ bietet sich ein schöner Blick auf den „Bohrlochsee“.
Der Weg führt nun eben weiter zwischen Abhang der Gipsbrüche auf der einen Seite und weiten Feldern auf der anderen. Der Gipsberg entstand durch Bodenverwerfungen, die Salze an die Erdoberfläche brachten, wo Regen sie auslaugte und Gips zurückblieb. Der wurde abgebaut, sodass wir keine Kreidefelsen à la Rügen bewundern können. Auf der anderen Seite stolzieren mit gebührendem Abstand Kraniche über den Acker und in der Luft darüber kreist ein Raubvogel auf der Suche nach einer aufgeschreckten Maus. Uns führt der Weg weiter durch den Kiefernwald bis wir auf das Faule Luch treffen. Ein Steg ragt malerisch hinaus auf das Wasser.
Das Faule Luch ist in der Eiszeit entstanden und um den See herum bildete sich in den Jahrhunderten ein Moor heraus. Durch den Gipsabbau sank der Grundwasserspiegel und das Gebiet verlandete. Birken, Erlen und Kiefern siedelten sich an, die heute nach Ende des Bergbaus viel Wasser verbrauchen und den Austrocknungsprozess vorantreiben. Zwei schöne alte knorrige Kiefern säumen die Strecke, die Teil des 66-Seen-Wegs ist.
Auf dem Weg Richtung Klausdorf überrascht ein alter verfallener Güterwagen zwischen Moos und Efeu. Die Schienen, die ihn einst hierherbrachten, sind nicht mehr zu finden und auch seine Reste werden in einigen Jahren wieder komplett in den Besitz der Natur übergehen.
Vielleicht war er ein Kohlewaggon zur Versorgung des Ringofens, der frei zugänglich zwischen den Bäumen kurz vor dem Mellensee sichtbar wird. 1858 hat der Ingenieur Friedrich Hoffmann die bahnbrechende Erfindung zum Brennen großer Mengen Ziegelsteine zum Patent angemeldet. In den 16 ringförmig liegende Brennkammern zirkulierte die erhitze Luft, trocknete und brannte nacheinander die Ziegelrohlinge und nutzte in einer Rückgewinnung die Wärme der abzukühlenden fertigen Steine. Ich umrunde den imposanten Bau und versuche durch kleine Sehschlitze in den zugemauerten Brennkammerbögen die Schwärze im Innern zu durchdringen.
In einem Brennkammerbogen befindet sich eine Tür. Und das kenne ich von Martin bei unserer Besichtigung der Malzfabrik: Rütteln! Tatsächlich öffnet sich die Holztür und gibt etwas mehr von der Schwärze preis. Nicht viel und nicht weit dringt das Tageslicht in den düsteren Ring. Etwas gruselig.
Weiter geht es über das historische Ziegelsteinpflaster auf dem Gipsweg und der Bahnhofstraße wieder hinein in den Wald und anschließend über den tiefsandigen Kalkscheunengrundweg zwischen Feldern in Richtung unseres Startpunktes. Lärmnervend pflügen ein paar Squad- und Crossmaschinen-Fahrer den märkischen Sand mit ihren Stollenreifen um. Zum Glück sind sie mit ihrem Lärmteppich schnell entschwunden und stören nicht unsere Stärkungspause.
Weit ist es nun nicht mehr, der Weg führt an einem Telefonmast mit Aussichtsplattform über die höchste Erhebung dieser Region. Liebe Bayern, Pfälzer und Sachsen: jetzt nicht lachen, es sind nur 80 Meter. Aber ich sehe es wie der alte Fontane: „Es gehört etwas dazu, Großes als groß zu begreifen.“
Für mich ist die Runde durch die vielen Abwechslungen eine sehr interessante Wanderung in der Mark und ein schöner Start für unseren Wanderblog Brandenburg. Zum Nachwandern habe ich die Strecke auf komoot eingestellt.
Natürlich lebt unser Wanderblog Brandenburg auch von euren Ideen. Habt ihr Lust mitzumachen, habt ihr Anregungen? Dann immer her damit an info@grad60.com Einige Touren gibt es ja bereits, die wir hier für unseren Wanderblog Brandenburg noch einmal bewerben wollen:
Schlaubetal, Schmöckwitz, 66-Seen-Weg
Und den Theodor Fontane werden wir für weitere Anregungen auf unserem Wanderblog Brandenburg sicherlich noch mehrmals zu Rate ziehen. Ein paar Vorschläge bietet er in seinem Gedicht „Land Gosen“:
Ja, ja, wir haben es leicht und bequem:
Im Brieselang Eichen, in Glindow Lehm,
In Rauen Kohlen, in Linum Torf,
Kalkgeschiebe bei Rüdersdorf,
Im Grunewald Schwarzwild, Hirsch und Reh,
Spargel en masse bei Halensee,
Dill und Morcheln und Teltower Rüben,
Oderkrebse hüben und drüben,
Auf dem Hohen Barnim Fetthammel-Herden
(Werden mit nächstem Southdowns werden),
Königshorster Butter, in Sperenberg Salz,
Im Warthebruch Gerste, Graupen und Malz,
In Kienbaum Honig, im Havelland Milch,
In Luckenwalde Tuch und Drillch,
Bei den Werderschen Kirschen und Aprikosen
Und bei Potsdam ganze Felder von Rosen.
Nichts entlehnt und nichts geborgt,
Für Großes und Kleines ringsum gesorgt,
Und gesorgt vor allem auch (und nicht schlecht)
Schon für unser kommendes Geschlecht, -
Des sind uns Gewähr unsre lieben, strammen
Und fast unmöglichen Spreewaldsammen.«