Polen Reiseblog
Strandurlaub in Rewal - Reiseblog Polen
Es ist etwas frisch, der Regen hat sich verzogen, die Sonne kommt durch. Ich stehe auf dem hohen, begrasten Lehmufer und schaue in die Ferne. Unter mir reges Treiben, ein Geheimtipp ist das hier nicht mehr. Rewal war ursprünglich ein kleines Fischer- und Bauerndorf. Die erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1434. Auf dem mehr als 18 Kilometer langen Badestrand verteilt sich das Volk aber gut. Ich flaniere am Wasser entlang und genieße die frische Luft und die klare Sicht. Gestern war ich noch baden, heute steht Sightseeing auf dem Programm. Ein Kitesurfer nutzt den steten, aber nicht zu starken Wind für seine Künste.
Das Ostseeufer hier bei Rewal ist eine Steilküste, sie liegt 15 bis 20 Meter über dem Meeresspiegel. Da bietet sich eine Aussichtsplattform an. In Trzęsacz, ein ehemaliges Rittergut innerhalb der Stadtgrenze, ist 2009 eine riesige, moderne Konstruktion aus Stahl und Stahlbeton errichtet worden. Von der Terrasse aus bietet sich ein wunderschöner Blick auf die Ostsee.
Seit jeher raubt das Meer dem Land unglaublich viel Substanz, die Unterwaschungen sind enorm. Ein folgenschweres Beispiel: In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde am Rande des Rittergutes eine spätgotische Dorfkirche erbaut, die Nikolaikirche. Sie stand deutlich näher am Wasser als der Dorfkern, der sich 1783 in einer vermeintlich sicheren Entfernung von 385 Meter zur Ostsee befand. 1889 schrumpfte der Abstand auf nur noch 175 Meter. Im Jahr 1901 stürzte die Kirche schließlich zur Hälfte in die Ostsee ab, einschließlich Friedhof. Heute ist die Ruine ein beliebtes Fotomotiv.
Einige Kilometer weiter östlich, im Zentrum des Ortes, nahe dem Walfischplatz mit den Skulpturen „Ventus“ und „Fluctus“, gibt es eine weitere seebrückenartige Plattform. Ich gehe die Treppe runter zum Strand. Am Fuß der Stiege gibt es „Taras Beach Bar“. Außer einer sichtlich gelangweilten Bedienung, die rauchend auf ihr Handy starrt, hat sich kein Gast hierher verirrt. Für einen kühlen Drink ist es einfach nicht warm genug. Auch die hämmernden Bässe, die mich normalerweise schon zum Verweilen animieren könnten, reizen mich nicht. Ich kann der Bardame somit leider keine Gesellschaft leisten. Ich ziehe die Schuhe aus und gehe barfuß weiter. Zwischen den feinen Körnchen spüre ich kleine Muscheln, die sich sanft gegen meine Fußsohlen drücken. Ihre feinen Kanten pieken und kratzen leicht an der Hornhaut. Es ist nicht unangenehm, nicht schmerzhaft, sondern eher wie eine zarte Berührung, wie eine sanfte Massage. Ich hatte fast vergessen, wie viel Spaß es macht, durch lockeren Sand zu laufen. Etwas weiter weg liegen jede Menge Fischerboote auf dem Strand. Wieso sind die nicht im Wasser? Und wie kommen die hierher?
Ich recherchiere. Rewal hat keinen Hafen mit Molen oder Anlegestellen wie größere Küstenorte. Stattdessen ziehen die Fischer nach getaner Arbeit ihre Boote mit Seilwinden oder Traktoren an Land. Die Boote ruhen dort, bis sie wieder ins Wasser gezogen werden, das ist üblich bei sogenannten Strandfischern. Und es funktioniert hier besonders gut, weil der Sand fest und der Strand flach ist. Ich schaue mich um und entdecke eine Seilwinde.
Ich setzte mich zwischen die Boote und schaue auf die Ostsee. Das Wasser ist klar, kein Dreck, kein Müll, kein Seetang, auch keine Quallen. Das Meer ist ruhig, es plätschert nur leise. Ideale Bedingungen fürs Relaxen. Schön hier. Nach einigen meditativen Augenblicken raffe ich mich wieder auf und gehe zurück zur Plattform. Der Ort Rewal hat sich im Laufe der Zeit von einem einfachen, bescheidenen Badeort in den 1830er Jahren zu dem touristischen Hotspot an der polnischen Ostsee entwickelt. Es ist voll. Gerade wenn das Wetter nicht zum Baden einlädt, schwärmen alle aus und belagern die Verkaufsstände in den Straßen. Ich versuche dem zu entfliehen, indem ich die historische Schmalspurbahn benutze. Immer entlang der Küste schnauft sie von einem Dorf zum anderen.
Die komplette Strecke der Schmalspurbahn von Gryfice nach Pogorzelica ist deutlich mehr als 100 Jahre alt. Der erste Abschnitt wurde bereits am 1. Juli 1896 eröffnet. Es war der preußische Landtag, der einen Beschluss zum Bau der ersten Privatbahn fasste. Neben etwas moderneren Waggons gibt es auch herrlich restaurierte alte Wagen. Das Ticket hin und zurück kostet umgerechnet gut zehn Euro. Gut investiertes Geld. Ich steige ein und bin begeistert. Wie schön das aussieht, Klasse!
Eine Schaffnerin kontrolliert mein Ticket. Der Zug ruckt und los gehts. Ein Halt ist der Leuchtturm bei Niechorze, ein 1866 errichteter Backsteinbau. Er ist mit seinen 45 Metern Höhe eine imposante Erscheinung. Zuzüglich der Steilküstenhöhe befindet sich sein Licht in einer Höhe von 62,8 Metern über dem Wasserspiegel und hat eine Reichweite von 37 Kilometern. Das ist beachtlich. Der Turm wurde im Jahr 1945 zerstört, drei Jahre später nach alten Plänen wieder aufgebaut und am 18. Dezember 1948 wieder in Betrieb genommen. Der Ausblick von oben muss gigantisch sein, aber die Schlange ist mir zu lang.
Ich zuckle noch den ganzen Nachmittag mit der Schmalspurbahn durch die Gegend, bevor ich wieder aussteige und noch einmal zum Strand heruntergehe. Möwen spektakeln bei der Fütterung um die Wette. Ich wusste gar nicht, dass die auch witzig sein können. Ein Bursche scheint die Arme in die Seite zu stemmen und erwartungsvoll nach oben zu schauen, wann der nächste Brotkrumen fällt. Die anderen beiden sind irgendwie schon satt, glaube ich.
Die Sonne strebt dem Horizont zu. Ich steige eine Treppe hoch und befinde mich im östlichen Teil der Steilküste von Rewal. Oben auf der Promenade, der Klifowa, hole ich mir ein Bier, setze mich an einen Tisch und genieße den Sonnenuntergang.
Rewal liegt rund 250 Kilometer von Berlin entfernt und ist unbedingt zu empfehlen für Leute, denen viel Volk und Remmi-Demmi nichts ausmachen. Besonders geeignet für Familien mit Kindern, die sich über Hüpfburgen, Spielplätze, Rummel, Eisdielen, Zuckerwatte freuen können. Und ein besonderes Extra sind die durchweg freundlichen Menschen. Als Zahlungsmittel reicht fast überall die Kreditkarte. Ein Geldumtausch in Złoty ist nicht unbedingt nötig, vielleicht nur eine kleine Summe. Euros werden akzeptiert, vor Ort nach dem aktuellen Kurs umgerechnet und das Wechselgeld in Złoty zurückgegeben. Ferienhäuser gibt es zu fairen Preisen zu Hauf und ständig kommen neue dazu. Das Essen in den Restaurants schmeckt gut, bei minimal niedrigeren Preisen als in Deutschland. Die Verständigung in Deutsch funktioniert manchmal, aber etwas Englisch sprechen die meisten jungen Leute.
_____
Posen - Reiseblog Polen
Der Berliner reibt sich die Augen: Kein gespraytes „THC“ an der Wand, kein Edding-Gekrakeltes am Verteilerkasten und auch Laternenpfähle sind frei von Stickern. Hier schmeißen alle ihre leeren Zigarettenschachteln und vollgerotzten Taschentücher in den Mülleimer. Posen ist rundum sauber. Wie angenehm. So verwundert es mich nicht, nirgendwo bettelnde Suchtkranke auf der Straße zu sehen. Und wie zur Bestätigung finde ich in der ganzen Stadt nur einen einzigen Mann vor der Pfarrkirche St. Stanislaus, der um etwas Geld bittet.
Die Kirche wurde von den Jesuiten während der Gegenreformation im 17. Jahrhundert erbaut, in einer Zeit, in der die katholische Kirche versuchte, ihre Macht durch Pracht und Spektakel zu bekräftigen. Und mit den hoch aufragenden Säulen und den kunstvoll bemalten Decken scheint mir das auch gelungen.
Deutlich jüngeren Ursprungs sind die zwei bronzenen Ziegen in unmittelbarer Nähe, obwohl ihre Geschichte noch ein Jahrhundert früher datiert. Nach der Legende versuchte ein Koch ein Bankett zu retten, indem er zwei Ziegen als fehlenden Gang verwenden wollte. Die widerspenstigen Tiere entkamen und kletterten auf das Rathaus von Poznań. Seitdem sind sie das Stadt-Maskottchen.
Aber auch an ihrem Zufluchtsort sind die beiden Ziegen zu sehen. Jeden Tag zur Mittagszeit sammeln sich Touristen auf dem Marktplatz vor dem Rathaus und beobachten, wie sich am Rathausturm ein Türchen öffnet und die mechanischen Ziegen ihre Hörner zwölf Mal gegeneinanderstoßen.
Der Alte Markt, Stary Rynek, ist das pulsierende Herz von Poznań. Er entstand mit der Stadtgründung im Jahr 1253 als quadratischer Platz von 140 x 140 Metern mit dem Rathaus in der Mitte. Ursprünglich im gotischen Stil erbaut, wurde es nach dem Zeitgeschmack des 16. Jahrhunderts in den Renaissance-Stil umgestaltet. Und ich bin sehr froh, dass man das nicht nach dem Sozialismus-Geschmack des 20. Jahrhunderts wiederholt hat.
Rund um das Rathaus stehen die Kaufmannshäuser, ein Kaleidoskop bunter Fassaden, die eine Mischung aus Gotik, Renaissance, Barock und Moderne darstellen. Nachdem ein Großteil des Platzes im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, bauten die Posener die Häuser sorgfältig rekonstruiert im historischen Charme wieder auf.
Eher selten findet sich eine Bank in den Räumlichkeiten als vielmehr Restaurants und Bars, die mit Anreißern die Besucher in ihre Ausschankgärten locken. Natürlich finden sich neben Sushi, Pizza und Döner auch die polentypischen Piroggen. Wir lassen uns die gebackene Variante in der Pierogarnia Stary Młyn (Alte Mühle) schmecken.
Mit den frischen Teigtaschen im Bauch steigen wir in die alte Geschichte Polens ein und laufen zur Kathedrale von Posen. Ach, übrigens läuft es sich hervorragend durch die Stadt mit ihren rund 550.000 Einwohnern. Kaum nähere ich mich einem Zebrastreifen, stoppt sofort der motorisierte Verkehr. Und zwar schon fünf Meter vor mir, niemand huscht mit seinem Auto noch schnell vorbei. Auch, wenn ich nur ein Foto haben möchte.
So erreichen wir entspannt und unbeschadet die Dominsel mit der ältesten Kathedrale Polens. Die St.-Peter-und-Paul-Kathedrale stammt aus dem 10. Jahrhundert und ist eng mit der Gründung Polens verbunden. Wie so oft bei diesen alten Gebäuden zerstörte ein Brand im 14. Jahrhundert das Gotteshaus und, wiederaufgebaut, ließen die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs die Kathedrale erneut in Trümmern zurück. Nach dem Krieg wurde sie mit ihren Zwillingstürmen im gotischen Stil wieder aufgebaut.
Wer jetzt noch nicht genug von steinernen Zeitzeugen hat, dem bietet Posen gleich zwei Stadtschlösser an. Das Königliche Schloss, die Residenz der Könige von Polen, und das Kaiserliche Schloss, das Kaiser Wilhelm II. Anfang des 20. Jahrhunderts erbauen ließ. Zweimal besuchte der Kaiser das Schloss bis Posen nach den Versailler Verträgen wieder an Polen ging. Mit dem furchtbaren Überfall von 1939 auf unser Nachbarland veranlasste Adolf Hitler den Ausbau des Posener Schlosses zu einer repräsentativen „Führerresidenz“, die er jedoch niemals besuchte. Zum Umbau gehört auch eine Treppe, die mit ihrer Gigantomanie die Überheblichkeit der Nazizeit symbolisiert.
Eine Führung mit Audioguide öffnet interessante Einblicke in die Geschichte des Hauses. Zum Abschluss bleibt bei uns der Gedanke, wie schön es ist, heute die freundlichen Menschen und die sehenswerte Stadt als Nachbar besuchen zu dürfen. Von Berlin dauert die Fahrt nach Posen mit der Bahn oder dem Flixbus bequeme drei bis vier Stunden. Das Preisniveau liegt leicht unter den deutschen Preisen und überall wird die Kreditkarte akzeptiert. Selbst an der 2 Zloty-Schranke an der Toilette vom Einkaufszentrum. Hier auf unserem Reiseblog Polen können wir einen Kurztrip nach Posen wärmstens empfehlen.