Photovoltaik - lohnt sich das?
Vor einigen Wochen habe ich mir noch diese Frage gestellt und jetzt ist die Entscheidung gefallen: Die Anlage ist installiert. Am Ende des Berichtes könnt Ihr nachlesen, wie es mir ergangen ist, klickt > hier
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Technologie und Nachhaltigkeit – Fortschritt oder Hybris? Frei nach Shakespeare treibt mich derzeit der Gedanke um, ob ich ein aktiver Umweltschützer mit selbsterzeugtem Strom sein will oder eben nicht. Mit unserer neuen Wärmepumpe, die sehr viel Strom frisst, ist diese technisch inzwischen so weit entwickelte Photovoltaik als innovative, nachhaltige Errungenschaft zur Stromerzeugung eine echte Option. Auch sehe ich sie sinnbildlich für grundlegende philosophische Konzepte: die Beziehung des Menschen zur Natur, die zurückhaltende Nutzung von Ressourcen und die Verantwortung für zukünftige Generationen. Aber sie ist teuer und amortisiert sich erst in ferner Zukunft. Also: „Sein oder nicht sein?“
Heute Mittag helfe ich Nachbar und Freund Roland bei dem Aufbau einiger Solarpanels auf dem Dach seines Schuppens. So kann ich schon einmal die rein praktische Seite einer Photovoltaik-Installation kennenlernen. Als erstes ordnen wir, noch am Boden, die Gestelle.
Insgesamt wollen wir vier Module der Firma Aiko aufbauen. Wir diskutieren über die Ausrichtung. Es soll optimalerweise der ganze Tag, vom Sonnenaufgang bis zum Untergang, ausgenutzt werden. Bäume stören natürlich, daran müssen wir denken. Auch dürfen sich die Panels nicht gegenseitig im Weg stehen, damit die Verschattung so gering wie möglich ist. Roland zeigt die Hauptrichtung an.
Ich bin ja nur unterstützend tätig. Aber oftmals helfen andere Gedanken weiter, den Entscheidungsprozess positiv zu beeinflussen. Schließlich sind wir uns einig und markieren die Stellen auf dem Dach. Klar ist, dass final die genauen Positionen noch verändern werden können. Der Unterbau ist jetzt dran. Die Ständer zusammenzuschrauben, ist recht einfach. Wir arbeiten beide jeweils an einer Seite. Mit Handschuhen ist es schlecht, ohne geht es besser.
Roland öffnet nun eine geheimnisvolle Kiste mit einem schwarzen Teil darin. „Was ist das?“, frage ich ihn. „Der Wechselrichter“, antwortet er. „Der wandelt den von den Solarzellen erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom um.“ Verstehe, denn die elektrischen Geräte im Haus brauchen Wechselstrom. „Und der hat vier Anschlüsse für die vier Panels, die wir aufbauen werden“, fährt er fort. Spannend!
Der schwerste Teil kommt jetzt: die Module auf das Dach bringen. Sie wiegen glücklicherweise nur etwas mehr als 20 Kilo, sind aber ziemlich groß. Wäre das Dach noch viel höher, hätten wir ein echtes Problem. Aber so, bei knapp drei Metern ist das Ganze keine wirkliche Schwierigkeit. Langsam, Schritt für Schritt, schieben wir sie auf den Leitern nach oben. Dann hält Roland das Modul allein und ich mache einen großen Schritt auf das Dach, um das Teil abzunehmen. Läuft!
Mein Vater hätte gesagt: „Das ist ja nur Tischhöhe!“ Sicher, aber ein falscher Schritt und ab in die Rabatten. Könnte tödlich enden. Also immer schön konzentriert und vorsichtig. Die erste Platte liegt auf dem Ständer. Wir schrauben sie fest. Das lässt sich alles einfach handhaben.
Roland schließt nun alle vier Module an den Wechselrichter an, der an einer Querstrebe unter dem äußerst linken PV-Panel hängt. Die Stecker und Buchsen sind Regenwasser geschützt und passen genau zusammen. Easy going.
„Und wie kommt der Strom ins Haus, zu Deinen Geräten?“, frage ich. „Es ist eine sogenannte Balkonanlage, die kann man einfach in die Steckdose stecken. Das Kabel geht durch ein Loch in der Schuppenwand zu einem kleinen Verteilerkasten, der unterirdisch mit dem Haus verbunden ist.“ Wir steigen vom Dach und gehen in den Schuppen. Roland hat bereits den Stecker vom Kabel entfernt und klemmt die abisolierten Enden an die Sicherungen.
„So, nun die Sicherung einschalten und hoffen, dass wir alles richtig gemacht haben!“. Roland kramt sein Handy aus der Hosentasche. Wir stehen draußen auf der Wiese und schauen zu den Modulen hoch. „Die Photovoltaik steht für eine Wende im Denken, oder?“, frage ich Roland. „Da bist du ein echtes Vorbild für mich. Gut gemacht!“ Ich klopfe ihm auf die Schulter. Roland sagt nichts, starrt aufs Display. Da er schon eine Anlage am Balkon hängen hat, hat er bereits ein System eingerichtet, mit dem er alles kontrollieren kann. „Fließt der Strom?“, frage ich ihn. Wortlos zeigt er mir das Handy und strahlt.
„Wow, super, grandios!“, sprudelt es aus mir heraus. 192,6 Watt produziert die Anlage gerade, neben den 98,6 Watt vom Balkon. „Bien hecho, würde der Spanier sagen“, rufe ich. Roland nickt und ist ganz ergriffen. „Das hat ja wirklich reibungslos geklappt, Martin! Muchas Gracias!“ Wir quatschen manchmal einfach Spanisch. Wir lernen nämlich zusammen schon einige Zeit diese wunderbare Sprache und einfach draufloszureden, ist eine tolle Sache.
Später abends sitze ich wieder über meinen rund ein Dutzend Angeboten. Am Montag habe ich noch eine Beratung und dann werden wir abwägen. „Weg von der Ausbeutung endlicher Ressourcen, hin zur Nutzung einer unerschöpflichen Quelle. Doch ist dies wirklich ein Beweis menschlicher Weisheit oder lediglich ein Akt der Notwendigkeit?“, so lese ich in einem Forum über Photovoltaik. „Ist die Solarenergie also ein Ausdruck von Demut gegenüber der Natur oder eine weitere Art der Instrumentalisierung?“, steht da weiter. Photovoltaikanlagen werden oft als Symbol der Unabhängigkeit betrachtet. Wer sein eigenes Dach mit Solarmodulen bestückt, kann sich zumindest teilweise von zentralisierten Energiequellen lösen. Echte Autarkie und Unabhängigkeit werde ich aber nur zu maximal 65 % erreichen; mehr ist wegen der Dachausrichtung und dem mitunter wenig sonnigen Wetter hier in Brandenburg nicht möglich. Die Herstellung von Solarzellen erfordert seltene Rohstoffe, deren Gewinnung wiederum auf globalen Abhängigkeiten basiert. Das heißt, der Traum von der Selbstversorgung bleibt umwelttechnisch fragwürdig. Ist eigene Unabhängigkeit ethisch vertretbar, wenn ihre Grundlage anderswo neue Abhängigkeiten schafft? Ich weiß es nicht.
Die Entscheidung ist gefallen
Innerhalb von acht Wochen habe ich mir 14 Angebote eingeholt, genau angesehen, alles geprüft und mich letztlich für das 13. entschieden (eine Glückszahl?!). Warum diese Firma und keine andere? Es ist ein regionaler Anbieter, der eigene Mitarbeiter beschäftigt (keine Subunternehmer!), schon einige Zeit im Geschäft ist, dutzende gute Bewertungen hat und Komponenten anbietet, die aus der oberen Qualitätsklasse kommen. Der Preis ist mit 18.000 Euro kein unseriöses Dumpingangebot (z.B. rund 5.000 Euro weniger als der Durchschnitt, Finger weg!) und auch nicht überproportional hoch, sondern angemessen.
Als Erstes erscheint der Elektriker dieser Firma. Er heißt Pavel, kommt ursprünglich aus Polen, lebt aber schon länger in Brandenburg und spricht gut Deutsch. Nach kurzem Smalltalk zeige ich ihm, wo die Batterien platziert werden sollen und er legt los. Am zweiten Tag ist sein Job zunächst erledigt. Es geht weiter, wenn die Paneele auf dem Dach sind. Sieht schon einmal gut aus.
Das sind zwei Batterien mit zehn kWh Kapazität, ein Wechselrichter und eine Adapterbox der Firma SolaX. In der Woche darauf kommen drei freundliche Burschen, die mit der Montage der Schienen auf dem Dach beginnen. Sie stammen ursprünglich aus Moldawien. Übrigens: Der Migrationshintergrund eines Installateurs ist mir wirklich völlig schnuppe, die Qualität des Jobs ist wichtig und sie arbeiten hervorragend. Das Gerüst kommt übrigens auch von der PV-Firma und kostet nur 200 Euro. Bei anderen Anbietern war dieser Posten bis zu 1.000 Euro teuer.
Am folgenden Tag montieren die Arbeiter die PV-Platten. Diese Doppelschicht-Module der Firma Aiko leisten jeweils 460 Watt Peak, das bezeichnet die maximale Leistung. 22 Stück davon kommen aufs Dach, zehn Richtung Westen, zwölf Richtung Osten. In der Summe bringen sie 10,12 kWp.
Ich schaue mir die Installation auf der Westseite durch das Dachfenster an. Ich bin im Bad auf die Badewanne gestiegen und blinzle in die Sonne. Sieht super aus und ist echt aufregend.
Zügig nimmt die Gesamtkonstruktion Formen an. Das Wetter spielt glücklicherweise mit; bei Regen wäre das kein Spaß gewesen auf dem rutschigen Dach. Kurze Kaffeepausen, mal eine Zigarette, kurzer Plausch untereinander, mehr nicht; die Männer arbeiten durch. Im Keller ist Pavel inzwischen fertig. Die Leitungen vom Dach laufen durch den nicht mehr genutzten Schornstein in den ehemaligen Heizraum, wo jetzt die Batterien stehen. Pavel hat dem Zählerkasten ein Update verpasst, einen Überspannungsschutz installiert und drei Erdungskabel an die Potenzialausgleichs-Schiene montiert. Er erläutert mir die App.
Ganz begeistert sehe ich das Ergebnis am nächsten Morgen: Die Sonne ist kaum über den Horizont gekrochen und doch gibt es schon Strom. Die Anlage produziert 1,48 kW; der größte Teil davon wird zum Laden der Batterie gebraucht, sie ist zu 11 % voll. Der Hausverbrauch ist mit 97 Watt sehr niedrig, die Wärmepumpe braucht offensichtlich im Augenblick nicht viel Strom.
Was fehlt noch? Es ist zwar wenig, was noch erledigt werden muss, aber ganz entscheidend. Die Anlage muss ins Marktstammregister eingetragen werden und der Netzbetreiber muss die Netzverträglichkeit prüfen. Bei positivem Bescheid muss er den Zähler austauschen und mit mir einen Vertrag über die Einspeisungsvergütung abschließen. Im Augenblick schicke ich den Überschuss für lau ins Netz, als Solidarbeitrag sozusagen.