Barberini – Kunst in dpi
Für Veröffentlichungen im Internet sind maximal 72 dpi gestattet. So heißt es auf der Presseseite des Museums Barberini. Ich muss schmunzeln. Für Henri-Edmond Cross war das ohne Bedeutung, als er Ende des 19. Jahrhunderts seine Malereien im Pointillismus ausführte. Also einem Verfahren mit eng beieinander gesetzten Farbpunkten. Trotz filigraner Arbeit waren aber 72 dpi, also 72 Dots per Inch, niemals erreichbar.
Jeder von uns würde den Drucker wegwerfen, der mit der Cross-Auflösung arbeiten würde. Aber das hier ist ja Kunst. Und zwar großartige. Die Punkte, zum Teil in Komplementärfarben, verschmelzen im Auge und verbinden sich zu einem einheitlichen Ton.
Ich mache mir den Spaß, gehe ganz nah an das Bild und löse dabei einen Pieps-Warnton aus. Ich sehe zusammenhanglose Punkte. Bei jedem Schritt zurück, unter dem strengen Blick der Museumswärterin, entsteht eine Mittelmeerlandschaft von Wärme und Leichtigkeit.
Unwirkliche lila Baumstämme leuchten im Hintergrund einer Wiese. Spontan denke ich, das ist falsch. Aber hier sind die Farben so komponiert, dass sie einen leuchtenden Kontrast zur grünen Wiese bilden. Die Hitze eines Sommertages strahlt mich förmlich an, während im Vordergrund des Bildes eine Frau die Wäsche zum Bleichen auslegt.
Nicht schlecht, was der Französische Neoimpressionist schuf, der von 1856 bis 1910 lebte. Und nicht schlecht, was das Museum Barberini da zusammengetragen hat.
Die Retrospektive umfasst rund 100 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen aus sämtlichen Werkphasen des Künstlers, darunter Leihgaben aus Paris, Madrid, Kopenhagen, Houston, Ohio, Norfolk sowie zahlreiche Werke aus internationalen Privatsammlungen.
Ohne Bierernst und entschleunigt genieße ich die Atmosphäre. Neben mir stehen Helga aus Kassel und Hermann aus Karlsruhe, beide auch grad60. Ich habe sie angesprochen, weil sie eine Ausstrahlung von zufriedenen Genießern haben. Sie erzählen von Bekannten und Verwandten in Berlin und ihrer gelegentlichen Lust auf Museum. Wir plaudern kurz über die kulturellen Vorteile einer Großstadt und dass es nicht immer Ku’Damm sein muss. Helga schätzt eine kurze S-Bahnfahrt vom Savignyplatz, um in der Natur des Grunewalds zu sein. Einfach so. Beide scheinen den grad60-Slogan „jetzt haben wir Zeit für uns“ verinnerlicht zu haben.
Auf der Rückseite des Museums versuche ich mich noch am „Jahrhundertschritt“ der Bronzeskulptur, um anschließend mit meinen Kindern ins Holländische Viertel zu fahren. Die Beiden haben mich eingeladen und im besten Käsekuchenkaffee der Welt fachsimpeln wir kurz über Kunst und fühlen die extra Portion Bildung in uns.
Liebe grad60-Leserinnen und Leser, ein Museumsbesuch ist nicht angestaubt, sondern macht Spaß, gerade wenn Zeit da ist. Was meint Ihr? Kommentiert doch einfach oder schreibt an info@grad60.com
Alter Markt, Humboldtstraße 5–6
14467 Potsdam
T +49 331 236014-499
besucherservice@museum-barberini.com
Öffnungszeiten:
Montags und mittwochs–sonntags 10–19 Uhr
Dienstags geschlossen
jeden ersten Donnerstag im Monat 10–21 Uhr
Eintritt 14 Euro