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Oldtimer Wanderer

Oldtimer Wanderer

2.935 km unterwegs im Wanderer - Ein Gastbeitrag

Horst Higeist ist uns mit seinem Oldtimerspleen ja schon im letzten Jahr (2020) über den Weg gelaufen oder besser gesagt, gefahren. Wir hatten ihn interviewt, waren hin und weg und haben ihn zwangsverpflichtet, also quasi genötigt, doch noch etwas mehr aus seinem Oldtimerleben zu berichten. Hier kommt nun das Ergebnis, eine schöne Erzählung von Horst:

Eine 2.935 km-Vier-Länder-Tour mit dem Oldtimerauto Wanderer W10/IV (Bj. 1931) aus dem Jahr 2019

Das ist nun schon meine zweite Tour mit dem Oldie. Die erste ging 2015 quer durch Deutschland und hat mir große Freude bereitet. Da liegt es doch nahe, solch eine Fahrt zu wiederholen. Natürlich mit neuen Zielen, mit neuen Herausforderungen. Richtung Westen ist schnell gewählt, weil mich ein Oldtimertreffen sowieso schon an die Mosel bei Bernkastel-Kues führt. Also ran an die Vorbereitungen und die sind nicht ohne: Etappenlängen, Hotels mit Adressen und Telefonnummern, Sehenswürdigkeiten und zu durchfahrende Ortschaften müssen herausgesucht und fixiert werden.

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Heute ist der 3. September, die Sonne scheint und ich stehe am Start zur ersten Etappe. Mein Tagesziel ist das Kyffhäusergebirge am südlichen Harzvorland, die Übernachtung ist im Kyffhäuserhotel gebucht. Ich starte den Wanderer und lasse Falkensee hinter mir. Die Strecke führt mich durchs Brandenburger Land, Magdeburger Börde und Mansfelder Land. Das Passieren der bunten Felder mit Getreide, Mais, Raps und vielen Sonnenblumen ist beruhigend. Genauso wie die Gewissheit, dass mich mein Oldtimer, der W10/IV, sicher ans Ziel bringen wird. Ich kenne jedes Detail an ihm und habe ein gutes Gefühl.

Die erste Anstrengung für den Wanderer ist die Auffahrt zum Hotel kurz unter dem Kyffhäuserdenkmal. Die weitere Auffahrt ist für den Verkehr gesperrt, lediglich ein Pferdegespann bringt die Besucher nach oben. Ich ignoriere das mal und oben angelangt, überzeuge ich die Kassiererin mit netten Worten und Erläuterungen zu meinem Oldtimer, mir das Tor zu öffnen, um einige Fotos vor dem Denkmal zu machen. Es wurde übrigens zwischen 1890 und 1896 zu Ehren von Kaiser Wilhelm I. errichtet.

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Die zweite Etappe beginnt wieder mit herrlichem Wetter. Die Sonne lacht und ich fahre in Richtung Hessen bis nach Hatzfeld kurz vor Bad Laasphe. Navi und Straßensperrungen spielen mit mir. Gut ausgeschilderte Umwege kommentiert das NAVI oftmals mit „Bitte Wenden“, das nervt zwar, ist aber auch irgendwie lustig. Ich lasse mich nicht verwirren und finde meinen Weg. Mein vorab gebuchtes Hotel „Ederlust“ aus dem Jahr 1879 begeistert mich mit seiner Lage und den freundlichen Wirtsleuten. Ein Landhaus direkt am Flüsschen Eder. Ich bekomme das „Königszimmer“, ausgestattet mit zwei Messingbetten und schönen alten, aber einfachen Möbeln. König Eduard VII. hatte hier als Jagdgast genächtigt. Ein weiterer prominenter Gast war Winston Churchill. Zum Glück ist das Bettzeug nicht mehr original! Am Abend sitze ich bei einer Flasche Bier an der Eder und schenke den Fischen wohlwollend einen königlichen Blick.

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Vom Frühstück gestärkt, geht die dritte Etappe über Koblenz Richtung Bernkastel-Kues. Vor dem Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm I. am Deutschen Eck will ich den Wanderer fotografieren. Das gelingt mir nur zum Teil. Nachdem ich geschickt durch die Straßenbarrieren gekommen bin, immer schön die Verkehrszeichen mit den Symbolen für „Fußgängerzone“ ignorierend, stoppen mich Absperrgitter am Vorplatz, die wegen einer Veranstaltung hier stehen. Diese zur Seite zu schieben, erscheint mir nun doch etwas zu gewagt und ich begnüge mich mit einem Foto seitlich vom Denkmal.

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Die Strecke nach Bernkastel-Kues will ich abkürzen und folge deshalb nicht dem Moselverlauf. Ich habe nicht erwartet, dass es hier so bergig ist. Ich muss oft bis auf den ersten Gang runterschalten, um die Steigungen zu schaffen. Das ist schon eine Strapaze für meinen Wanderer.

Gut in Bernkastel-Kues angekommen, erwartet mich ein Oldtimertreffen der besonderen Klasse. Eingeladen sind Automobile der Firma Wanderer mit ihrem damaligen Sitz in Schönau-Chemnitz. Es beteiligen sich 56 Fahrzeuge, von denen einige mindestens 80 Jahre und mehr auf dem Buckel haben.

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Ein abwechslungsreiches Programm, wie zwei Ausfahrten mit den Oldtimern entlang der Mosel, ein Museumsbesuch im „Zylinderhaus“, eine Moselfahrt mit dem Hotelschiff „River Bär“ und eine Weinprobe lassen die Zeit viel zu schnell vergehen.

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Nach drei Tagen ist das Treffen beendet. Während die Wandererfreunde die Heimreise antreten, führt mich meine vierte Etappe in Richtung Luxemburg. Es ist der 8. September, ich fühle mich gut und mein Auto schnurrt. Erster Halt ist in Trier die Porta Nigra. Das Wahrzeichen der Stadt ist ein früheres römisches Stadttor aus dem Jahr 170 n. Chr.

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Nach einem kurzen Abstecher zur Liebfrauenkirche, die mit ihren 760 Jahren die älteste gotische Kirche in Deutschland ist, gelange ich über die Römerbrücke nach Luxemburg in den Ort Senningerberg, wo ich schon vorher ein Hotelplatz gebucht habe. Um 13 Uhr dort angekommen, ist noch genügend Zeit, in die Stadt Luxemburg hineinzufahren, um sie zu besichtigen. Leider beginnt es zu regnen und in engen, steilen Straßen mit vielen Halteverboten kann ich nicht anhalten. Das macht keinen Spaß und Fotos zu machen, ist nicht möglich.

Am nächsten Tag, auf der vierten Etappe, ist Luxemburg schnell durchquert und das Ziel Mons in Belgien anvisiert. Ich überquere die französische Grenze und mache auf halber Strecke in Rochefort Pause und Fotos vom schönen Rathaus.

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Der Weg touchiert kurz Frankreich, er führt durch den Parc Naturel Régional des Ardennes und geht anschließend wieder durch Belgien, wo ich Mons erreichte. Hier gibt‘s ein Problem. Im ersten der ausgesuchten Hotels ist kein Zimmer frei. Im zweiten Hotel, einer Pension, etwa 20 km weiter, ist niemand da. Das dritte Hotel, das „Utopia Hotel Mons“, wieder 15 km weiter außerhalb der Stadt, erreiche ich dann abends. Hier bekomme ich ein Zimmer zum utopischen Preis von 120 Euro. Was soll’s. Nach den 265 Kilometern, die ich umständehalber fahren musste, sehne ich mich nach einem Bett und schlafe sehr gut.

Gut gefrühstückt ziele ich auf der fünften Etappe meinen westlichsten Punkt an: die Stadt Calais. Vorher halte ich noch kurz hinter Mons an einer Kapelle. Ein sehr schönes Motiv.

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Der anschließende Umweg über Leuze-en-Hainaut zum Musée Communal de l’Automobile Mahymobiles ist leider umsonst. Das Oldiemuseum mit der Sammlung von Ghislain Mahy ist geschlossen. Das ist Pech.

In Calais komme ich gleich im ersten Hotel direkt am Ärmelkanal unter. Unweit ist ein großer Hafen mit regem Schiffsverkehr. Ich vermute, dass er wegen der illegalen Einwanderer mit hohen Zäunen umgeben ist. Sehenswert ist das Rathaus „Calais Town Hall“ mit seinem wunderschönen Blumengarten. Und ich besuchte die „Eglise Notre-Dame de Calais“, eine römisch-katholische Pfarrkirche aus dem zwölften Jahrhundert.

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Am nächsten Morgen geht es auf der sechsten Etappe, es ist der 11. September, über Dünkirchen in Richtung Gent. Vor dem Museum „Dunkerque Operation Dynamo 1940“ steht schon ein Oldtimer. Sein Besitzer, ein Angestellter des Museums, begrüßt mich freudig und führt mich kostenlos durch das Museum.

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Wieder habe ich Schwierigkeiten mit der Übernachtung. Erst hinter Gent in Wetteren bekomme ich im Hotel „Winterhof“ ein Zimmer. Ein ruhiges Haus mit freundlichen Wirtsleuten, die auch einen kleinen Bauernhof betreiben. Hier kann ich meinen Wanderer waschen und ordentlich durchchecken. Das ist auch nach inzwischen 1.717 zurückgelegten Kilometern nötig. Ich kontrolliere Räder, Lenkung, Bremsen, Federung mit Stoßdämpfer und die Motorbauteile. Auch eine Kompressionsmessung der Zylinder zeigt gute und gleiche Werte. Einzig die Stauferbuchse an der Wasserpumpe benötigt eine neue Fettfüllung. Und die Kupplung zeigt Verschleißerscheinungen, sie trennt nicht mehr so gut, da gibt es dann vom Getriebe öfters Zähneknirschen.

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Ich buche für zwei Tage, so dass ich für Gent einen ganzen Tag zur Verfügung habe. Im Zentrum der Stadt befindet sich die Dreiturmreihe mit der St.-Bravo-Kathedrale, der St. Niklaskirche sowie dem Belfried mit 95 m Höhe und schönem Glockenschlag. Viele mit Blumen gestaltete Plätze laden zum Spazieren gehen ein. Bei gutem Wetter besichtigte ich auch die Burg Gravensteen.

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Das nächste Ziel, Brüssel, ist mit 63 km Entfernung schnell erreicht. Ich bewältige meine siebte Etappe. Zum Glück bekomme ich auch gleich ein Hotelzimmer in einem Vorort von Brüssel. Genügend Zeit, um die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu erkunden. Als erstes erreiche ich ein imposantes Bauwerk mitten auf der Straße. Das Atomium, zur EXPO 58 errichtet, stellt ein Kristallmodell des Eisens dar. Die Gesamthöhe beträgt 102 m. Drei der Atomkugeln mit je 18 m Durchmesser sind als Aussichtsturm ausgebildet, wobei in der obersten ein Restaurant eingerichtet ist.

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Weiter geht es durch ein Gewirr von Einbahnstraßen. Ich komme dann zum nächsten Wahrzeichen der Stadt, dem „Manneken Pis“. Der Brunnen ist eher unscheinbar und der urinierende Knaben ist nur 61 cm groß. Dafür wird er immer wieder mit bunten Sachen angezogen. Jedenfalls gelingt es mir auch hier unmittelbar vor ihm ein Foto mit Wanderer zu machen.

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Das nächste Ziel ist das Oldiemuseum „Autoworld“. Es befindet sich im Zentrum Brüssels in einer Halle des Cinquentenaire-Parks. Etwa 300 Autos und Motorräder werden hier ausgestellt.

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Auf Wunsch unseres Freundes Möhlmann fotografiere vom ausgestellten Wanderer „Puppchen“ von 1915 den Motor mit Nummer und einigen Details. Dazu hole ich mir einen Mitarbeiter der Logistik zur Hilfe. Er öffnet freundlich die Motorhaube und putz extra das Karosserieschild, damit ich die Zahlen darauf erkennen kann. Anschließend trete ich einen Schritt zurück und genieße nochmals den Wanderer mit dem lustigen Namen in seiner Gesamtheit.

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Heute ist der 13. September mit der achten Etappe. Mein Ziel ist Stolberg in Deutschland. Unterwegs mache ich eine Mittagspause bei Maastricht in einer alten Wassermühle, die zu einem Gasthaus umgebaut wurde. Sie hat einen interessanten Namen: „De Pannekoeken Molen“, also die Pfannkuchen Mühle. Die Spezialität, tellergroße Pfannkuchen, kann ich mir nicht entgehen lassen. Mit Banane gebacken, einfach lecker! Ein kleiner Umweg bringt mich zum „Drei Länder Eck“, wo Belgien, Niederland und Deutschland zusammenstoßen.

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Im Hotel angekommen, erwartet mich ein sehr schöner Abend. Eine Live-Band spielt ältere Musik und ich unterhalte mich angeregt mit einem dort wohnenden Oldtimerfreund, der mir auch seinen MG in der Garage zeigt.

Der folgende Tag ist ganz auf‘s Fahren ausgerichtet. Es ist die neunte Etappe, 372 km bis nach Bad Gandersheim sind zu bewältigen. Es ist wieder bergig und der Wanderer hat ordentlich zu tun. Gern würde ich am nächsten Tag noch den PS-Speicher in Einbeck besuchen, doch morgen ist Montag und die Museen haben geschlossen. Also fahre ich auf der letzten, der zehnten Etappe, die gesamten 316 km in einem Stück bis nach Hause. Es ist der 15. September.

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Eine sehr schöne Tour mit wunderbaren Erfahrungen habe ich erlebt. Ich möchte keine Minute missen und freue mich riesig, dass mein Wanderer so gut durchgehalten hat. Laut Google-Maps war die Strecke nur 2.350 km lang. Durch Umwege zu Sehenswürdigkeiten, Ausfahrten beim Wanderer-Treffen und Suche nach Unterkünften verlängerte sich die Strecke jedoch auf beachtliche 2.935 km. Das entspricht einer Tagesfahrleistung von 210 km. Noch etwas für die Statistik: Ich habe etwa 140 Euro für Getränke ausgegeben, mein Wanderer dagegen brauchte 590 Euro, um in Fahrlaune zu bleiben.

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Zum Schluss noch ein Tipp: Schaut mal auf der Website von Horst Higeist vorbei, es lohnt sich. Und wer Kontakt zu Horst aufnehmen will, hier ist die Mail-Adresse: info@oldtimerfreunde-falkensee.de

Paddelabenteuer auf der Lahn - Gastbeitrag von Michael Jahn

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Oldtimerfan Horst

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