Demo gegen Rechts
Ich fühle einen gewissen Stolz. Ich bin stolz darüber, dass ich mich aufgerafft habe, auch gegen das rechte Pack auf die Straße zu gehen. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal auf einer Demonstration war. Wahrscheinlich als Jugendlicher, gegen Atomkraft oder den Natodoppelbeschluss oder so. Heute ist der 3. Februar 2024 und ich bin zusammen mit einigen Nachbarn unserer Straße dem Aufruf mehrerer Organisationen gefolgt. Wir sind auf dem Platz vor der ehemaligen Stadthalle in Falkensee, einer kleinen Stadt im nördlichen Speckgürtel von Berlin.
Zunächst lausche ich den Reden einiger Politiker des Landkreises und des Jugendforums Falkensee. Kennt ihr das, wenn plötzlich von ganz unten eine Rührung in die Augen steigt und man denkt: „Jetzt bloß nicht heulen!“ So geht’s mir gerade. Es berührt mich ganz intensiv, dass ich zusammen mit vielen Hundert anderen Menschen zusammenstehe und wir alle das Gleiche wollen: „Nie wieder Faschismus auf deutschem Boden!“
Wir hätten heute auch nach Berlin gehen und Teil der 100.000 oder mehr Menschen vor dem Reichstag sein können. Aber mir war es wichtiger, auch in der kleinen Stadt Falkensee ein starkes Zeichen der Zivilgesellschaft für eine wehrhafte Demokratie und gegen Rechtsextremismus und Populismus zu setzen. So haben unsere Nachbarn auch gedacht. Schön, dass wir alle gemeinsam hier sind.
Nach den Reden bilden wir jetzt eine Menschenkette, die schließlich vom Rathaus bis zum Bahnhof reicht. Das sind mehr als die angemeldeten 200 Personen. Und in der Tat, die Polizei schätzt die Teilnehmerzahl auf 800 bis 1.000 Menschen. Das ist gut.
Diese Menschenkette entlang der Bahnhofsstraße ist für mich ein Symbol für Solidarität und Respekt, gegen Hass und Hetze, für Gerechtigkeit und Toleranz, gegen Spaltung, für Menschenwürde, gegen Ausgrenzung und für Menschlichkeit ganz allgemein. Und warum gehen plötzlich so viele Menschen auf die Straße, die sonst eigentlich nie auf einer Demonstration zu sehen sind, so wie ich auch? Es sind wahrscheinlich die Enthüllungen des Netzwerks Correctiv über ein Geheimtreffen von stark rechts orientierten Politikern in Neu-Fahrland bei Potsdam, die das Fass zum Überlaufen brachten.
Nach rund anderthalb Stunden löst sich die Demonstration langsam auf. Ich habe immer noch dieses starke Gefühl des Zusammenhalts in mir. Vielleicht sollte ich öfter auf derartig wichtige Veranstaltungen gehen. Ach so... Wer Zweifel hat, wenn er diesen Artikel liest, um welche Partei es sich bei dem Protest gegen rechte Hetze handeln könnte, hier noch ein Netzfund, bei dem die Urheberschaft trotz intensiver Recherchen nicht wirklich klar ist.
Als wir noch einen Café trinken gehen, muss ich immer noch das Lied leise vor mich hersingen, das während der Demo angestimmt wurde. Der Text wird nach der Melodie des Liedes „Hejo, spann den Wagen an“ gesungen:
„Wehrt euch, leistet Widerstand, gegen den Faschismus hier im Land. Auf die Barikaden, auf die Barikaden!“
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Wir haben es sogar bis in die Presse geschafft. Die MAZ hat über uns geschrieben:
Romy Neupert von der Brandenburger Landesgeschäftsstelle „Die Linke“ schreibt:
Mir geht es ebenso, auch, wenn ich in den letzten Jahren häufiger auf Demos war. Aber das Gefühl ist gerade ein anderes. Die Hoffnung, die sich damit verbindet, ist groß und es wäre großartig, wenn sie sich auch erfüllt. Die Entscheidung nicht ins anonyme Berlin zu fahren finde ich richtig und mutig. Jetzt heißt es dran bleiben.
Und noch ein Netzfund. Herrlich, oder?