Lima, Kultur und Verkehrs-Monster
Lima
Wir sind durch Peru auf eigene Faust gereist und haben spannende Abenteuer, große Anstrengungen und einzigartige Natur erlebt. Das volle Erlebnispaket gibt es in unserem Artikel “Peru auf eigene Faust”. Wer erstmal nur spezielle Themen nachlesen möchte, für den sind diese Einzelartikel bestimmt.
Dass der Taxifahrer sich kurz vor der Abfahrt bekreuzigt, sollte uns vielleicht stutzig machen. Wir sind da, in Lima, nach 11 Stunden Flug von Madrid. Ortszeit 18:30 Uhr. Unser Ziel ist das Casa Cielo im Ortsteil Miraflor, Calle Berlin (!). Die Autofahrer scheinen alle völlig schmerzfrei zu sein. Jedenfalls halten alle darauf zu, auf die Anderen, um erst kurz vorher abzubremsen, manchmal jedenfalls, wenn wir rollen, meistens stehen wir. Die Fahrt dauert anderthalb Stunden, ohne el accidente.
Es ist übrigens ziemlich kühl, nur 15 Grad. Nach cuatro arepas und cuatro cervezas in einer Tapasbar ganz in der Nähe unseres Hotels steigen wir in die klammen Betten.
Der nächste Tag ist auch wieder bewölkt und kühl, aber am frühen Nachmittag soll die Sonne rauskommen. Nach dem ausreichenden Frühstück im Hotel bestellen wir an der Rezeption einen Transport in die Altstadt. Ich versuche mich mit Spanisch, der Concierge antwortet auf Englisch. Der kann mich mal. Ich bin sauer. Später ist mir klar, dass der genauso glänzen wollte wie ich. Wir sitzen im Taxi. Was für ein Blödsinn. Einmal abbiegen und wir stehen wieder im Stau. Laufen wäre wohl besser gewesen. Merken für’s nächste Mal.
Am Plaza de Mayor in der Altstadt von Lima schauen wir uns die Wachablösung vor dem Palacio de Gobierno an. Nach dem Einmarsch des Musikcorps und einigen Lieder vor dem dankbaren Publikum stehen die Soldaten an der Westseite des Gebäudes, ruhig und abwartend. Es ist still, fast. Hinter uns erklingen plötzlich die Glocken der Kathedrale des Palacio del Arzobispado, es ist der Bolero von Ravel. Gleichzeitig hört man jetzt von der Kapelle leise und sehr zurückhaltend nur Trommelwirbel und den tiefen Schlag der Basstrommel. Der Rhythmus ist der des Boleros. Es passt. Die vielen Leute und die vielen Kinder sind ganz ruhig und hören gebannt zu, so wie wir auch. Gänsehaut.
Auf der Plaza Mayor kommt eine Indigena mit ihrem Kind im Rucksack-Tragetuch auf uns zu und will Coca-blätter verkaufen. Wir zögern kurz, entscheiden uns dann aber doch für gebrannte Nüsse.
Mittag ist deutlich vorbei, der Jetlag fordert seinen Preis, wir sind etwas angeknockt. Und wir haben Hunger. Die Traditionsbar Cordano ganz in der Nähe verzaubert uns schon beim Eintritt.
Gegründet 1906 und mit einem Interieur, das aus dieser Zeit zu stammen scheint, ist dieser Ort gerade prädestiniert für unseren ersten Pisco Sour. Bei der Bestellung des Essens und der Getränke schaut der auch nicht mehr junge Wirt ganz begeistert, denn das Trinken und das Mixen des Pisco Sour ist hier Kult.
Wenige Schlucke reichen, um uns in eine angeheiterte Stimmung zu versetzen. Die Mädels verweigern dann aber die komplette Dosis. Wir Männer müssen aushelfen. Gerne doch. Es gibt schlimmere Dinge zu verteilen, meint Thomas. Daraufhin rutscht mir die Bemerkung raus, wie zum Beispiel Syphilis. Wir lachen uns schlapp, die Stimmung ist bestens.
Wir schlendern durch die Gassen, schauen hier und schauen da und besuchen die Kirche Iglesia y Convento de San Francisco mit spanisch gesprochener Führung. Ich soll simultan übersetzen, die spinnen wohl, mis amigos. Ich verstehe nur Bruchstücke, mierda. Aber auch ohne Verstehen der sehr netten peruanischen Frau, sind wir begeistert von diesem riesigen Franziskanerkloster samt Kirche. Das erste Highlight ist die Bibliothek. Uralte Bücher in Hogwartsoutfit verzaubern uns. Jetzt ein Foto. Aber das Verbot und die Überwachungskameras halten uns davon ab. Das zweite Highlight ist die Krypta, in der tausende Knochen Verstorbener liegen. Voller Ehrfurcht starren wir in die leeren Augenlöcher der grauweißen Schädel. Jeder hängt seinen Gedanken nach. Aber lange können wir nicht verweilen. Die kleine, schwarzweiß gekleidete Peruanerin mit der netten Stimme mahnt: venga, venga. Ohne Kopfverletzungen gelangen wir wieder ans Tageslicht und Thomas zeigt mir verschmitzt ein verbotenes Foto der Gebeine. Super, na geht doch.
In einer Bar gegenüber lassen wir den ersten Tag ausklingen. Ich setze mich an’s Laptop und hämmere unsere Eindrücke in die Tastatur. Läuft! Es geht doch nichts über ein gutes Equipment!
Später laufen wir noch durch die abendlichen Gassen Limas und stellen fest, dass es hier außer uns nicht sehr viele Touristen zu geben scheint und dass die 8,5 Millionen Einwohner offensichtlich alle gerade unterwegs sind. Im Laufe des Abends wird es dann deutlich leerer auf den Straßen. Wir fühlen uns gut, sehr gut. Die ersten beiden Tage haben uns gefallen.
Miraflores, Stadtteil von Lima
Ich verstehe es nicht, wie das funktioniert. Ein Laden bietet Alpaka-Pullover, Alpaka- Figuren, Alpaka-Mützen an. Das zweite Geschäft daneben hat Alpaka-Pullover, Alpaka-Figuren, Alpaka-Mützen. Im dritten Laden dahinter gibt es Alpaka-Pullover... Wie soll hier jeder Laden seine Kunden finden? Wir sind in der Avenida Petit Thuars in Miraflores, dem Geschäftsviertel von Lima. Hunderte Läden, Buden und Stände haben das identische Angebot und hoffen auf Touristen.
Wir sind vier davon und stellen uns dem ¡Hola! der Verkäufer. Ahh Deutschland. Willkommen. Bayern? Nein, Berlin-Brandenburg, blablabla. Trotz Deutschkenntnissen, sie haben Pech. Mit uns ist heute kein Geschäft zu machen. Vielleicht kurz vor dem Abflug, wenn der Mitbringseldruck steigt.
Lima liegt am Pazifik, also los in Richtung Meer. Die Avenida José Larco gibt den Weg vor. Monsterverkehr, verbeulte Busse, sinnloses Hupen begleiten uns zum Einkaufszentrum Larcomar mit Blick vom Steilhang auf das Wasser. Leider ist es leicht neblig und frisch und der tosende Verkehr an der Küstenstraße ist ein Ambientekiller.
Der Weg führt weiter in den Bezirk Barranco. Jetzt zum Glück abseits der lärmenden Marginalen und hier eröffnen sich kleine Seitenstraßen mit schönen Gebäuden. In einem Künstlerhaus findet wir eine ruhige Erholungsoase im Hof. Das Restaurant Dédalo bietet kleine Leckereien und einen Kolibri-Besuch, der torpedoschnell von Tisch zu Tisch flattert und aus den Blumensträußen seinen Snack saugt. Für ein Foto leider viel zu flink.
Wrap-gestärkt und kunsterfüllt geht es weiter an Streetart vorbei zur Puente de los Suspiros, der Seufzerbrücke, ein Treffpunkt für Verliebte. Das feucht frische Wetter scheint jedoch nicht förderlich für Gefühlsausbrüche zu sein. Keine knutschenden Paare weit und breit, aber eine Pisco Sour Bar in der Nähe. Eine gute Alternative.
Er schmeckt und lockert die Taxifahrt für 12 Soles (etwa 3,50 €) zurück nach Miraflores auf. Der immer noch in den Knochen steckende Jetlag (in Berlin ist es jetzt 4 Uhr nachts) bietet nur noch Kraft für ein kurzes Abendessen, um dann uns gähnenden Besucher ins Bett zu holen. Ein abentliches Highlight heben wir uns für den Schlussaufenthalt in Lima auf. Wasserfontänen in allen erdenklichen Formen und Farben. Für einen Eintritts-Schnäppchenpreis von vier Soles ein echter Hingucker.
Am Anfang des Artikels steht “Werbung unbeauftragt”, das heißt, dass dieser Artikel ohne Beeinflussung und Bezahlung geschrieben wurde. Warum der Vermerk trotzdem dort steht, erfahrt ihr auf unserer Seite “Transparenz”.