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Die Südpfalz (neu) entdecken - Ein Gastbeitrag von Erika

Die Südpfalz (neu) entdecken - Ein Gastbeitrag von Erika

„Die Pfalz, mein Heimatland“ - so hieß zu meiner Grundschulzeit ein Lehrbuch, das Schülerinnen und Schülern bis in die Siebzigerjahre das Grundwissen über die Region im Südwesten Deutschlands vermitteln sollte. Ich bin in Landau/Pfalz geboren und in einem kleinen Dorf am Rhein aufgewachsen, somit waren die Ziele meiner jährlichen Schulausflüge entweder die Burg Trifels, das Hambacher Schloss oder der Speyerer Dom. Leider hatten wir Jugendliche damals überhaupt keinen Sinn für die herrliche Landschaft an der Grenze zu Frankreich und deren bewegte Geschichte.

Das hat sich mit den Jahren grundlegend geändert. Wenn ich heute in die Südpfalz fahre, stellt sich jedes Mal ein Gefühl von Urlaub, Leichtigkeit und Lebensfreude ein. Mittlerweile habe ich die Landschaft zwischen dem Rhein und den Weinbergen der Haardt neu für mich entdeckt. Das milde Klima, das gute Essen und vor allem die Menschen machen die Pfalz zu einem lohnenswerten Ziel, gerade jetzt, wo Auslandsreisen eher problematisch sind. Hier findet Ihr einige interessante und lohnende Ziele, die vielleicht noch nicht jeder kennt.

Der „Doktorenhof“ in Venningen

Früher hatte jede Hausfrau einen Essigkrug, in dem die sogenannte „Essigmutter“ aufbewahrt wurde. Diese gallertartige Masse aus Essigsäurebakterien diente als Basis für den damals noch hausgemachten Essig, der als Konservierungsmittel, zur Desinfektion oder, gemischt mit Wasser, als Erfrischungsgetränk verwendet wurde. In Venningen bei Landau kann man aber noch viel mehr zum Thema Essig lernen und ihn sogar verkosten. Wir besuchen den Doktorenhof und machen eine Kellerführung mit anschließender Essigprobe.

Schon bevor man die Kellerräume der Essigmanufaktur betritt, riecht es säuerlich-scharf nach den Essigen, die dort hergestellt und teilweise bis zu sechzehn Jahren in großen Holzfässern gelagert werden.

Die Weine, die die Basis für die Essigvergärung bilden, werden in eigenen Weinbergen angebaut, die Zutaten für die unterschiedlichen Aromen lagern in einer Kräuterkammer, die bei der Führung ebenfalls besichtigt werden kann.

Highlight ist aber die über hundert Jahre alte „Essigmutter“, die in einer Glasphiole aufbewahrt wird. Von ihr stammen alle Essige der Manufaktur ab.

Der Doktorenhof stellt seine hochwertigen Essige nur auf Weinbasis her, die nicht mit den im Supermarkt erhältlichen, industriell hergestellten Essigen auf Branntweinbasis vergleichbar sind. Deshalb kann man die Essige des Doktorenhofes auch pur genießen. Sie sind eine wunderbare alkoholfreie Alternative als Aperitif oder Digestif.

Und wie gut sie schmecken, können wir bei der anschließenden Verkostung entdecken. Dort lernen wir auch das köstliche Essigkonfekt kennen, das der Doktorenhof in Zusammenarbeit mit einer Konditorin herstellt. Der Rundgang endet im hauseigenen Laden, wo man die sauren Köstlichkeiten kaufen kann.

Hofgut Holzmühle Westheim

Seit 1481 gibt es im Wald nahe dem kleinen Ort Westheim eine Mühle, die über 250 Jahre ununterbrochen im Besitz der Familie Louis war, bis sich vor einigen Jahrzehnten der Mühlenbetrieb nicht mehr gelohnt hat und die Firma verkauft werden musste.

Vor etwas mehr als 25 Jahren haben Bernd Louis und sein Partner, der Fotograf Timo Heiny, das Hofgut Holzmühle aus seinem Dornröschenschlaf erweckt und ein einzigartiges Ensemble aus Mehlmanufaktur, ethnologischer Sammlung, Yogastudio und einer traumhaften exotischen Gartenlandschaft geschaffen.

Die großen Silogebäude der alten Mühle stehen noch und bilden einen interessanten Kontrast zum klassizistischen Gutshaus und den Nebengebäuden, in denen sich die Gästezimmer befinden.

Neben einem Mühlenladen und dem Yoga Studio ist vor allem die ethnologische Sammlung von Timo Heiny zu erwähnen. Er hat auf seinen vielen Reisen durch Afrika, Asien und in die Südsee einzigartige Exponate gesammelt, die - zusammen mit seinen Fotografien - in der Ausstellung im Mühlengebäude eine ganz eigene Wirkung entfalten. Unbedingt besuchen sollte man die weitläufige Garten- und Parklandschaft, die von Timo Heiny und Bernd Louis rund um das Hofgut angelegt wurde. Öffnungszeiten und weitere Infos findet Ihr auf der Website. Falls Ihr, wie ich, gerne kocht und backt, bietet der Mühlenladen eine reichhaltiges Angebot an Mehlen und sonstigen Produkten rund ums Backen und Genießen.

Alles bio und regional versteht sich! Und wer eine ruhige Übernachtungsmöglichkeit sucht und sehr viel Glück hat, kann eines der drei Gästezimmer des Hofguts buchen.

Kulinarisches oder „Weck, Worscht, Woi“

Mit den Römern kam der Wein in die Regionen links und rechts des Rheins. Wer die Südpfalz und ihre Weine noch nicht kennt, sollte einfach mal von Schweigen am Weintor bis Neustadt die Weinstraße entlangfahren, in einem oder anderen der malerischen Orte anhalten und sich durch die verschiedenen Weingüter probieren. Da es in der Südpfalz ein sehr gut ausgebautes Radwegenetz gibt, ist das auch problemlos per Fahrrad möglich. Die meisten Winzer liefern deutschlandweit aus, man muss sich also wegen des Transports der Kisten keine Gedanken machen. Und wo Wein wächst, wird auch gerne und gut gegessen. Die Auswahl an Lokalen und Gerichten ist fast endlos; man hat die Qual der Wahl zwischen Fine Dining und regionaler Hausmannskost. Die Pfälzer Küche ist ja für ihre deftigen Fleischgerichte berühmt-berüchtigt: Vor allem der Saumagen ist durch Helmut Kohl weltbekannt geworden. Aber auch der „Schiefe Sack“, ein Gericht aus einem Leberknödel und einer Bratwurst auf Sauerkraut, wird gerne serviert. Wer aber lieber Fisch isst, dem sei ein kurzer Ausflug Richtung Rhein empfohlen. Im beschaulichen Ort Neupotz gibt es noch einen Fischer, der Rheinzander frisch fängt.

Genial zubereitet kann man sie im Gasthaus Karpfen direkt an der schönen Dorfkirche genießen. Kein Besuch in der Pfalz ohne eine Einkehr im Karpfen! Ich mag den frischen Zander am liebsten in Butter gebraten mit herzhaftem Pfälzer Kartoffelsalat, den die Wirtin, Frau Gehrlein, selbst zubereitet. Das Gasthaus Karpfen ist ein gutes Beispiel für gelebte Pfälzer Gastlichkeit und die selbstverständliche Freude am Gastgebersein.

Wenn Ihr schon mal in Neupotz seid, macht doch eine kleine Schiffstour mit der Lusoria Rhenana, dem originalgetreuen Nachbau eines römischen Flusskriegsschiffes der Spätantike, das damals auch auf dem Rhein zur Verteidigung gegen die Germanen eingesetzt wurde. Ein unvergessliches Erlebnis! Für die Berliner unter uns dazu noch ein Hinweis: Unweit von Neupotz wurde vor einigen Jahren der sogenannte „Barbarenschatz“ gefunden. Dieser „Hortfund von Neupotz“ ist mit 1062 Objekten und mehr als 700 kg der größte römerzeitliche Metallfund Europas und kann heute im Neuen Museum auf der Museumsinsel besichtigt werden.

Terra Sigillata

Die Römer brachten nicht nur den Wein in die Region am Rhein, sondern auch die Kunst des Tonbrennens. Tongefäße aus Rheinzabern wurden in der gesamten damals bekannten Welt gehandelt. Wer heute den idyllischen Ort Rheinzabern (von „Tabernae“ - die Taverne am Rhein) besucht, kann sich kaum vorstellen, dass die dort befindlichen Großbrennereien im 3. Jahrhundert die Produktion im Römischen Reich dominierten. Grund dafür waren die guten Transportmöglichkeiten über den Rhein und die nahegelegene römische Rheintalstraße sowie die vorhandenen Rohstoffe (Tongruben). Im Terra-Sigillata-Museum in Rheinzabern kann man mehr zur Produktion, dem Handel und dem „Design“ der Tongefäße erfahren. Und es gibt dort noch andere, wunderbare Ausstellungsstücke wie z.B. dieses Fünf-Götter-Relief.

Copyright TSM Rhz / GDKE Speyer / Terra-Sigillata-Museum Rheinzabern

Die Tradition des Tonbrennens setzte sich über die Jahrhunderte fort. Im benachbarten Jockgrim gab es von 1883 bis 1972 die Ziegelwerke Ludowici, die zu den größten Ziegeleien der Welt gehörten. Das Ziegeleimuseum Jockgrim dokumentiert die rund 100-jährige Geschichte der Ziegelherstellung von der Tongewinnung über die Produktion bis zum Weitertransport.

Burgen und Schlösser

Der Pfälzer Wald ist das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands und wird im Osten Richtung Rheintal von der Haardt begrenzt. Entlang der Haardt wurden während der Herrschaftszeit der Salier (10. bis 12. Jahrhundert) und Staufer (12. und 13. Jahrhundert) zahlreiche Burgen errichtet, die mit der Reichsburg Trifels (siehe auch den Bericht von Monica) und ihren Nachbarburgen Annebos und Scharfenstein zeitweise das Machtzentrum des damaligen Kaiserreiches bildete. Auf dem Trifels bei Annweiler können heute die Nachbildungen der Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reichs besichtigt werden, deren Originale sich im Kunsthistorischen Museum Wien befinden. Die meisten Besucherinnen und Besucher interessiert aber die Gefangenschaft des englischen Königs Richard Löwenherz auf dem Trifels, die allerdings nur für eine kurze Zeitspanne von drei Wochen (vom 31. März bis zum 19. April 1193) historisch belegt ist. Ein Besuch auf dem Trifels lohnt sich schon wegen der Aussicht auf jeden Fall.

Copyright Arno Kohlem via Wikimedia Commons

Dies gilt auch für das Hambacher Schloss in Neustadt an der Weinstraße, das zum Symbol der Demokratiebewegung im neunzehnten Jahrhundert wurde. Die Dauerausstellung ist ein Besuchermagnet und erinnert an die Studentenbewegung und deren politischen Ziele.

Copyright BlueBreezeWiki via Wikimedia Commons

Wer jedoch dem touristischen Trubel entgehen will, dem sei die Madenburg bei Eschbach als Ausflugsziel empfohlen. Sie ist eine der größten und ältesten Burgruinen der Pfalz. Man parkt auf dem ausgeschilderten Waldparkplatz unterhalb des Burgbergs und geht etwa 15 Minuten zu Fuß hinauf zur Burg. Der Anstieg wird durch einen wunderschönen Rundblick über das Rheintal und den Pfälzer Wald belohnt. Und durch einen Besuch in der Burgschänke, wo man sich an den bekannten Pfälzer Köstlichkeiten stärken kann.

Landau in der Pfalz

Landau ist der Verwaltungssitz des Landkreises Südliche Weinstraße. Die ehemalige elsässische Reichsstadt war lange Zeit Festungs- und bis 1999 französische Garnisonsstadt. Heute ist sie beliebter Ausgangspunkt für Radwanderungen und Ausflüge in die Region. In der Altstadt mit ihren barocken und klassizistischen Gebäuden hat sich der französische Charme mit kleinen Cafés, Flaniermöglichkeiten und einem wunderschönen Wochenmarkt auf dem Rathausplatz erhalten. Verwöhnt durch das milde Klima an der Haardt blühen in Landau bereits früh im Jahr die Mandelbäume, so dass die Restaurants und Cafés schon bei den ersten Sonnenstrahlen die Außengastronomie eröffnen können. Was für ein Segen in diesen viralen Zeiten! Mein Lieblingscafé ist das Theodor in der Marktstraße, das übrigens 2021 zum beliebtesten Café in Rheinland-Pfalz gewählt wurde. Deshalb empfiehlt es sich, vorab zu reservieren.

Speyer

Letzte Station auf unserer kleinen Südpfalztour ist die Domstadt Speyer am Rhein, eine der ältesten Städte Deutschlands. Der von den Salierkaisern erbaute und 1061 eingeweihte Kaiserdom ist die weltweit größte noch erhaltene romanische Kirche und zählt seit 1981 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Kein Besuch in Speyer ohne Besichtigung dieses imposanten architektonischen Prachtobjekts.

Von den Domgärten aus kann man bequem in ein paar Minuten das Rheinufer erreichen und „Schiffe gucken“. Oder man macht eine Fahrradtour entlang des Flusses Richtung Süden bis an die französische Grenze und von dort aus weiter über den Pamina-Radweg.

Die Stadt Speyer hat aber auch eine sehr bewegte jüdische Vergangenheit. Im Mittelalter war Speyer zusammen mit Mainz und Worms ein Zentrum jüdischen Lebens und Glaubens. Noch heute zeugen das Ensemble aus dem um 1100 erbauten Gemeindezentrum Judenhof mit Mikwe (Ritualbad), Synagoge, Frauenschul, Synagogenhof und Jeschiwa von dieser kulturellen Hochphase. Die Mikwe kann nach Anmeldung im Rahmen einer Führung besichtigt werden.

Copyright James Steakley via Wikimedia Commons

Die Pfälzer

Zum Schluss noch eine kleine Bemerkung zu den Pfälzern an sich, auch wenn manche Leserinnen und Leser dies als unzulässige Verallgemeinerung verstehen könnten. Der Pfälzer ist im Allgemeinen laut, dies gilt auch für manche Pfälzerin und noch mehr, wenn er oder sie schon einige Schoppen intus hat. Auf Weinfesten und in den einschlägigen Weinlokalen kann es mitunter hoch hergehen. Meist ist die Lautstärke aber gepaart mit einer ehrlichen Herzlichkeit und Gastfreundschaft, niemand bleibt außen vor. Auch sonst ist man offen und zeigt Interesse am Gegenüber. Der Besucher wird beim Weinkauf oder in der Bäckerei nach seiner Herkunft gefragt, was dann wohlwollend oder kritisch kommentiert wird. „Was, Sie kummen aus Berlin? Nää, do kennt ich net wohne; do wären mir zu viel Leit auf emme Haufe“.

Links:

Doktorenhof / Hofgut Holzmühle / Gasthaus zum Karpfen / Römerschiff Lusoria Rhenana / Museum Terra Sigillata / Ziegeleimuseum Jockgrim / Reichsburg Trifels / Hambacher Schloss / Madenburg / Patisserie Theodor / Dom zu Speyer / Pamina Radweg / Tourismusinformation Speyer / Judenhof Speyer

Wir danken Erika für diese Tour durch die Südpfalz. Wenn ihr auch eine Geschichte für uns habt, immer her damit, wir melden uns mit Sicherheit. Am besten via E-Mail an info@grad60.com

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