Liegerad mit Wohnwagen – Ein Gastbeitrag von Carola

Auf Facebook fiel uns Carola mit einem ungewöhnlichen Gefährt auf. Wir fahren ja auch gerne Fahrrad, wie ihr aus unseren Geschichten 2600 Kilometer nach Barcelona, Geschichten aus einem flachen Land, Genuss-Radreise durch die Mecklenburgische Seenplatte und einigen anderen Storys wisst. Uns war klar, darüber wollen wir mehr erfahren und haben Kontakt zu ihr aufgenommen. Und wie schön, sie hatte Lust, ihre Erzählung von ihrem Liegerad mit Wohnwagen mit uns zu teilen. Im Schreiben ist sie ja geübt, denn sie hat sogar ein eigenes Buch verfasst: „Zwischen Sternen und Kastanien“ berichtet von ihrem Jakobsweg an der Spanischen Küste entlang. Vielleicht bekommen wir von grad60 davon auch einmal eine Kostprobe zu lesen oder erfahren mehr von ihrem Harfenspiel. An ihrem Lebensmotto sollten wir uns auf jeden Fall gütlich tun und aufsaugen: Das Leben ist schön! Schafft Euch wunderbare Erinnerungen!

Hier ist die erste Geschichte von Carola:

Von einem Liegedreirad habe ich 25 Jahre lang geträumt...

Der Weg zu diesem Traum-Rad mit Anhänger war recht holprig und entbehrungsreich und davon möchte ich erzählen:

Ich bin gern sportlich in der Natur unterwegs: zu Fuß in den Bergen, Weitwandern, Radeln mit Langlieger, Skifahren und noch Einiges mehr. Völlig zufrieden mit Lebensgestaltung und Fitnessgrad stürze ich bei einer Trainingseinheit in der Sporthalle so unglücklich über eine Matte, dass der Schienbeinkopf in unzählige Fragmente zerbröselt. Nun hoffe ich nach zwei Operationen mit zwei Platten und zwölf Schrauben, dass alles wieder richtig zusammenwächst. Aber eventuell auch nicht...

Das Laufen gestaltet sich über Monate schwierig, Radfahren geht bedingt mit großem Unsicherheitsfaktor. Damit ich aus eigener Kraft vorwärts komme, erstehe ich, zusammen mit meinem Mann, ein Liegedreirad, mein Traum-Gefährt!

Damit sich auch meine arg gebeutelte Psyche wieder erholen kann, brauche ich noch ein zusätzliches, spaßbringendes Projekt! Wie wäre es denn mit einem Fahrrad-Anhänger zum innerörtlichen Transport meiner Harfen? Ich bin Harfenspielerin und bewege ständig Instrumente von A nach B, meist mit dem Auto. Der ökologische Benefit eines Anhängers ist neben dem beschäftigungstherapeutischen Aspekt auch nicht zu verachten. Aber: wenn ich schon ein solches Projekt in Angriff nehme, sollte das Objekt auch zum Übernachten geeignet sein! Ich tue gerne Dinge, die lustig sind und nicht unbedingt jeder macht, und so fließt die Idee der Schlafvariante in die Konstruktion ein.

Der Spaß beginnt: Fahrrad Wohnwagen selbst gebaut

Mein Mann als Ingenieur sorgt mit seinen Konstruktionstipps dafür, dass das Gefährt stabil und leicht ist und nicht zum Panzer mutiert...

Der Unterbau ist ein gekaufter Lastenanhänger, bei dem der Aufbau abmontiert und weggeflext wird. Somit ist das Fahrgestell inklusive Deichsel schon mal vorhanden. Die Wände bestehen aus Betoplanplatten von vier Millimeter Stärke, die ich mit Leisten stabilisiere, um das Ganze leichtgewichtig zu halten. Betoplanplatten sind dünne Siebdruckplatten. Es sind besonders leichte Holzplatten, die im Fahrzeugbau verwendet werden. Ein Fenster muss unbedingt hinein, denn ich brauche innen Tageslicht.

Da ja hauptsächlich meine Harfe damit transportiert werden soll, entscheide ich mich für eine kurze Bauweise, denn je länger der Anhänger wird, desto unpraktischer ist er innerorts.

Zum Übernachten habe ich mir eine praktische Lösung erdacht: die hinteren Türen werden geöffnet, ein Brett für das Fußteil herausgezogen und darüber ein Vor-Zelt gegen Regen aufgebaut. Alles in allem wiegt die Konstruktion 35 Kilogramm, was für einen Hänger vergleichsweise wenig ist. So kann ich ihn auch unmotorisiert ziehen, aber mein Liegerad ist eh elektrisch.

Nach der Fertigstellung errege ich in meinen Heimatstädtchen regelmäßig Aufsehen, wenn ich mit meinem Gespann zu einem Konzert unterwegs bin.

Im Sommer mache ich endlich die ersehnte Probefahrt mit meinem selbstgebauten Fahrrad-Wohnwagen. Am Ammersee verbringe ich einen wunderschönen Badetag und plane meine Übernachtung direkt am See, ohne Zeltvorbau, weil das Wetter es erlaubt.

Am See tummeln sich noch lange die Badegäste und Jugendlichen am Lagerfeuer. Damit meine Absicht nicht gleich erkennbar ist, fahre ich noch ein wenig am See spazieren, unterhalte mich prächtig mit Einheimischen und Touristen, die alles über mein Fahrzeug wissen wollen und suche mir dann eine wunderschöne Stelle am See aus, die mir am Morgen ein erfrischendes Bad gestatten wird.

Ich schlafe oft im Freien, im Zelt oder in unserem Schlafmobil. So weiß ich, dass ich auf meiner Matratze bequem liegen werde. Allein in der Breite muss ich mich begrenzen, 60 Zentimeter sind nicht allzu viel und eigentlich ist der Anhänger mit meinem ballonartigen Schlafsack bereits ohne mich voll. Zum Glück bin ich schlank und es heißt ja: in der Beschränkung liegt die Freiheit!

Am Morgen kann ich vom Schlafsack aus direkt aufs Wasser schauen.

Obwohl ich früh aufstehe, bin ich nicht die Erste im Wasser. Einige Bootsbesitzer sind ebenfalls schon unterwegs. Danach mache ich mein Gespann bereit und genehmige mir beim Bäcker ein Frühstück, wo ich auch meinen Akku aufladen kann. Insgesamt ein wunderschönes Erlebnis, das ich so bald wie möglich zu wiederholen gedenke!

Zu diesem ganzen Spaß gesellt sich auch der kommunikative Aspekt: ich komme sofort mit den Spaziergängern, Radfahrern und Badegästen ins Gespräch und lerne viele nette Menschen kennen.

Vielleicht sind ja einige davon jetzt inspiriert und ermutigt, ihre eigenen Träume zu verwirklichen, wer weiß...

Ach, ja: ich bin Carola Bodanowitz, verheiratet, habe eine Tochter, bin 61 Jahre jung, Harfenlehrerin, Komponistin, Autorin und Empfehlungsmarketer im Unterallgäu. Meine Hobbies sind: Weitwandern, Radfahren, Bergsteigen, Klettern und vor allem: Spaß haben!