Kochkurs am Valentinstag - oder: „Liebe geht durch den Magen“ - Ein Gastbeitrag
Ausgangspunkt unseres kulinarischen Abenteuers im Schwarzwald war, dass ein Freund aus Süddeutschland meinem Mann einen Gutschein für einen Kochkurs nach Wahl in der Traube Tonbach geschenkt hat. Dieses Hotel kennen die meisten Feinschmecker wegen der dort beheimateten Schwarzwaldstuben - einem der renommiertesten Drei-Sterne-Lokale Deutschlands. Nicht nur deshalb hat der Gutschein bei meinem kochenden Ehemann Jubelstürme ausgelöst. Die Euphorie ging so weit, dass er mich gefragt hat, ob ich nicht auch mitmachen wolle. Von den Kochkursen, die für 2023 in der Traube angeboten werden, waren viele schon ausgebucht. Nur am 14. Februar, dem Valentinstag, waren noch zwei Plätze frei, und schon war die Sache entschieden.
Wir reisten am Vorabend des Kochkurses an, um auch noch ein bisschen vom Hotel und dem Drei-Sterne-Flair mitzubekommen; als kleine Einstimmung haben wir uns im Restaurant „1789“, das ebenfalls zum Hotel gehört, ein Menü gegönnt. Am Tisch neben uns saß ein Ehepaar ähnlichen Alters, das das Essen und die Weinbegleitung sichtlich genoss. Wie es manchmal so ist, kamen wir ins Gespräch und erfuhren, dass die Beiden den gleichen Kochkurs gebucht hatten.
Am nächsten Morgen pünktlich um zehn Uhr trafen sich alle zehn Kursteilnehmer an der Hotelrezeption und wurden von dort aus von einer Hotelmitarbeiterin zum Kursraum gebracht, einer mit allen Schikanen ausgerüsteten Versuchsküche, wo uns neben Hightech-Küchengeräten auch eine schön gedeckte Tafel erwartete.
Dort begrüßte uns Sascha Lein, der Chefkoch des Hotelrestaurants, und stellte sich als unser „Lehrmeister“ vor. Aber zunächst gab es für jeden Teilnehmer eine Kochschürze und zur Einstimmung auf die nächsten sechs Stunden ein Glas Champagner. So konnte es gerne weitergehen, alle waren guter Stimmung und voller Erwartungen.
Aber Herr Lein holte uns gleich zurück zu auf den Boden der Tatsachen, erklärte uns die Speisenfolge und die dazu bereitliegenden Zutaten, die wir nach seiner Maßgabe zu verarbeiten hatten.
Hier das Menü im Ganzen:
Sauerteigbrot mit Salzbutter
gehobelten Perigord Trüffel und Maldon Sea Salt
Wolfsbarsch auf Safranrisotto
mit Calamaretti und Beurre Blanc
Rosa gebratene Tournedos von Rinderfilet auf Knollensellerie
Jus mit Weinbergschnecken
Gemüseperlen und Café de Paris Butter
Zartbitterschokoladenmousse mit Himbeeren und Puffreis
Schokoladen Crumble und Reis-Eis
Vor dem Genuss steht bekanntlich die Arbeit. Los ging es mit Schälen und Schnippeln, Filetieren und Parieren. Jeder bekam eine Aufgabe und die notwendigen Werkzeuge zugeteilt. Als erstes mussten die schwarzen Trüffel für die Vorspeise geschält werden.
Das war ein sehr zeitraubendes und kleinteiliges Unterfangen, weil man ja nicht zu viel von den teuren Pilzen wegschneiden, aber auch keine harte Rinde zurücklassen sollte.
Unterdessen lernten einige der Kursteilnehmer, wie man einen Fisch filetiert (ausgenommen war der Wolfsbarsch schon). Bei einem Gewicht von zweieinhalb Kilo war das gar nicht so einfach.
Als besonders herausfordernd stellte sich das Ausnehmen und Schneiden der Calamaretti dar, die ein Teil des Fischgerichts waren.
Das war dann eher Männersache, ich verzog mich mit einem Kugelausstecher in eine Ecke und formte hunderte kleiner Kugeln aus Kohlrabi, Karotten und einer Sellerieknolle für die Beilage zum Hauptgericht.
Drei weitere Sellerieknollen wurden großzügig geschnippelt für das Püree. Während einige Teilnehmer Rinderfilet parierten, also von Fett und Sehnen befreiten, schnitten andere Schnittlauch in Röllchen, die dann in Öl im Thermomix gekocht wurden. Heraus kam ein wunderschönes und aromatisches Schnittlauchöl, das durch dieses Verfahren seine tiefgrüne Farbe behalten hatte.
Das Rinderfilet wurde erst in Klarsichtfolie, dann in Alufolie fest eingedreht, damit es formstabil bleibt, und dann ab damit in den auf 70 Grad vorgeheizten Dampfgarer. Herr Lein erklärte, dass das Fleisch erst kurz vorm Servieren gebraten würde, damit es Röstaromen ansetzt und innen schön rosa bleibt. Zwischendurch mussten für den geplanten Aperitif Zesten von Limettenschalen gerissen und geklopft werden, letzteres hilft dem Aroma auf die Sprünge. Dann wurden Chilischoten sehr fein geschnitten und die Kerne von zwei Granatäpfeln herausgeschält - alles Zutaten für den Granatapfel Gimlet.
Auch wenn wir zuhause viel und gerne kochen, habe ich aus den vier Stunden Vorbereitungszeit doch einige neue Erkenntnisse mitnehmen können: zum Beispiel, dass richtig scharfe Messer die Küchenarbeit unglaublich erleichtern. Die uns zur Verfügung gestellten Schneidegeräte waren maximal scharf, so dass man einerseits höllisch aufpassen musste, andererseits die Arbeit aber leicht von der Hand ging. Herr Lein erklärte, dass alle Messer zweimal jährlich von einem Fachbetrieb geschliffen werden und dass jeder Koch seine Messer vorm Einsatz „über den Stahl zieht“. Neu und überraschend war für mich auch, dass in der Sterne-Küche der Thermomix häufig zum Einsatz kommt. Herr Lein benutzte ihn nicht nur für das Schnittlauchöl, sondern auch für die Zubereitung des Selleriepürees zum Hauptgang.
Und eine dritte Erkenntnis, die ich mitgenommen habe: in der gehobenen Küche wird eine Unmenge Butter verwendet, nicht nur für die Pürees, auch die Soßen und das Safranrisotto zum Fischgang wurden reichlich damit bedacht. Fett ist ja schließlich ein Geschmacksträger …
Dass Herr Lein jederzeit den Überblick behielt und immer wusste, was noch fehlt und wer woran arbeitet, grenzt an ein Wunder. Nach einiger Zeit waren alle Teilnehmer bester Laune, weil zwischendurch Sekt und Kochwein gereicht wurde, dem alle gern und reichlich zusprachen.
Die Zutaten für die Zubereitung des Nachtisches brachte die Patissière des Hotels auf einem großen Servierwagen in unsere Kochkursküche: Valrhona-Schokolade, halbgeschlagene Schokolade, frische Himbeeren, Himbeerpulver und Puffreis. Sie zeigte uns, wie die Schokolade über dem Wasserbad geschmolzen und Gelatine eingeweicht wird.
Bei der Zubereitung der Zartbitterschokoladenmousse habe ich besonders aufmerksam hingeschaut, weil ich zuhause für die Desserts zuständig bin. Dabei muss man besonders beachten, dass alle Zutaten möglichst die gleiche Temperatur haben, damit nichts gerinnt und sich Sahne, Schokolade und Gelatine zu einer homogenen Masse verbinden. Diese wurde mithilfe eines Spritzbeutels in Silikonformen gefüllt und tiefgefroren. Leider reichte die Zeit nicht, um alle weiteren Dessertkomponenten in unserer Kursküche zuzubereiten. Aus der von uns geschlagenen Mousse zauberte die Patissière dann mit den Himbeeren und bereits vorgefertigten Zutaten einen wunderschönen Dessertteller, aus Platzgründen allerdings in ihrer eigenen Küche.
Nachdem alle Vorbereitungen abgeschlossen waren, lud Herr Lein zunächst zum Aperitif ein: sein Granatapfel-Gimlet mit Limette und Chili war durch die Säure der Limette und die Schärfe des Chilis eine wunderbare Einstimmung auf das Menü.
Zum Einstieg wurden Scheiben von Sauerteigbrot leicht angeröstet und dick mit Butterscheiben belegt. Dann wurde der schwarze Trüffel darüber gerieben und das Ganze mit Maldon Salz bestreut.
Wer beim Trüffel jetzt milligrammweise denkt, liegt komplett falsch. Noch in keinem Lokal habe ich eine so großzügige Portion Trüffel bekommen. Diese „Trüffel-Stulle“ schmeckte herrlich und ließ - zusammen mit einem Glas Champagner - jegliche guten Neujahrsvorsätze vergessen.
Für den zweiten Gang verteilte Herr Lein das Safranrisotto auf die Teller, legte den gebratenen Wolfsbarsch an und bedeckte ihn mit den in Streifen geschnittenen und angebratenen Calamaretti. Dazu wurde eine Beurre Blanc angegossen. Ein Viognier vom Weingut Dr. Heger machte (reichlich ausgeschenkt) den Fischgang perfekt.
Mittelpunkt des nächsten Ganges war das im Dampf gegarte und danach in der Pfanne scharf angebratene Rinderfilet. Es wurde in dicke Scheiben geschnitten und auf dem Selleriepüree angerichtet. Letzteres wurde zuvor sehr dekorativ auf den Teller „gestrichen“. Das werde ich künftig auch zuhause so machen.
Dazu gab es die in mühevoller Handarbeit ausgestochenen Gemüsekugeln in Café de Paris Butter und eine Jus mit Weinbergschnecken, das Ganze getoppt mit dem zu Beginn des Kurses hergestellten Schnittlauchöl. Eine sehr außergewöhnliche Kombination, die aber fantastisch schmeckte. Ganz klassisch gab es dazu Rotwein: ein Mano Negra vom Weingut Philip Kuhn aus der Pfalz.
Als krönender Abschluss kam gegen sechzehn Uhr das Dessert! Ein Gedicht aus Schokolade und Himbeeren. So schön angerichtet, dass es fast zu schade zum Essen war. Aber nur fast. Es bliebt nicht ein Krümelchen übrig. Abgerundet wurde die Süßspeise mit einer Traminer Spätlese von Andreas Laible.
Dieser Kochkurs war kein ganz billiges Vergnügen, hat sich aber definitiv gelohnt. Wir haben einiges gelernt, interessante Menschen getroffen und jede Menge Spaß gehabt. Und wenn man die zum Valentinstag üblichen überhöhten Preise für Blumen und Restaurantbesuch zusammennimmt, war es das auf jeden Fall wert.