Leidenschaft ÖPNV - Ein Gastbeitrag
Fabian ist begeisterter Eisenbahn- und Omnibusfan und möchte uns ein wenig über seine Passion erzählen. Hier ist sein Bericht.
Mein Hobby ist das Fotografieren von Fahrzeugen des ÖPNV. Ich sammle neben den eigenen Aufnahmen auch Bücher, alte Fotos und Fahrzeugteile, die ich meistens auf Flohmärkten finde. Außerdem interessieren mich die Geschichten hinter den technischen Fakten. Es ist eine tolle Freizeitbeschäftigung. Mit der Zeit habe ich mich auf ältere und historische Fahrzeuge spezialisiert. Wenn ich solche Fahrzeuge sehe, schießen mir schöne Erinnerungen durch den Kopf. Es ist abwechslungsreich und das Hobby kostet meistens nicht mehr als eine Fahrkarte. Man kann etwas für die Ewigkeit festhalten und sich immer wieder daran erfreuen. Es macht mir einfach Spaß. Aber seht doch selbst…
Am 17. Oktober 2021 führten die BVG und die AG Berliner U-Bahn e.V. für den Typ A3L 71 eine große Abschieds-Sonderfahrt durch. Der Zug befuhr noch einmal das gesamte Kleinprofilnetz der Berliner U-Bahn. Ab 1959 wurden die ersten Nachkriegs-U-Bahnwagen für das Kleinprofilnetz in Dienst gestellt, deren Wagennummern von 999 abwärts gezählt werden. Ab den 60er Jahren wurden die U-Bahnwagen des Typ A3L gefertigt. Das L steht für Leichtmetallbauweise, was durch die Verwendung von viel Aluminium erreicht wurde. Gebaut wurden die Wagen des Abschiedszuges allesamt im Jahre 1971 bei Orenstein & Koppel. Wegen hoher Verschleißanfälligkeit mussten ab 2012 die Wagen des Typ A3L 71 von Fahrzeugen des Typs Ik der Firma Stadler aus Berlin-Pankow abgelöst werden. Parallel gab es im Großprofilnetz einen großen Bruder, den Typ DL, der bereits 2005 aus dem Planeinsatz ausschied.
Die Dampflok 99 3301 wurde im Jahre 1895 in der München Lokomotivfabrik Krauss & Co. für die Arnimsche Kleinbahn gebaut, die bis dahin nur mit Pferden die Loren durch die Niederlausitz gezogen hatte. Später bürgerte sich die Bezeichnung Muskauer Waldeisenbahn ein. Sie war die erste Dampflok für diese Bahn. In den 1920er Jahren erhielt sie ihren Schlepptender und fuhr bis zur Stilllegung im Jahr 1966. Zwei Jahre später kam die Lok zur damaligen Pioniereisenbahn Cottbus. 2008 wurde die Lok leider aufgrund von Schäden am Fahrwerk und am Kessel in den Ruhestand versetzt und war zehn Jahre lang nicht mehr in Betrieb. In den letzten drei Jahren wurde sie im Žamberk (Tschechien) einer Hauptuntersuchung unterzogen, wo sie restauriert und in den Zustand von 1969 zurückversetzt wurde. Am Abend des 27. Oktober 2021 wurde die Lok feierlich im Lokschuppen der Parkeisenbahn Cottbus wieder in Betrieb genommen. Auf dem Foto zieht die Lok einen Zug der Parkeisenbahn Cottbus von Sandower Dreieck nach Park & Schloss Branitz. Später kann man sie hier bei der Einfahrt in den Bahnhof Zoo bewundern. Wer einen Bahnhof Zoo nur in Berlin vermutet, kennt Cottbus nicht. Dort kreuzen sich die Züge der Parkeisenbahn Cottbus auf der eingleisigen 3,2 km langen Strecke direkt am Tierpark.
Am 30. Oktober 2021 wurde in Adlershof die neue Straßenbahnstrecke Adlershof II eröffnet. Aus diesem Anlass waren vier historische Tatra-Straßenbahnen zu Rundfahrten unterwegs. Hier sieht man die beiden jüngsten Museumswagen des Tatratyps KT4Dt mod 7011 und 7012 in der Altstadt von Köpenick an der Haltestelle Freiheit im Einsatz. KT4Dt bedeutet Kurzgelenk-Triebwagen-4 Achsen-DDR-Thyristorsteuerung. Insgesamt wurden 100 Fahrzeuge dieser Bauart gebaut. Davon gelangten 99 zur Berliner Straßenbahn. Im Rahmen der Modernisierung wurden alle 99 Wagen von der Mittenwalder Gerätebau GmbH (MGB) 1995 in den jetzigen Zustand umgebaut. Der Einsatz dieser Tatrawagen endete bei der BVG in Sommer 2014.
Ab 2004 bis 2009 wurden insgesamt 415 neue dreiachsige Doppeldecker mit mehr Kapazität bei der BVG in den Dienst gestellt. Es handelte sich hierbei um den Typ MAN Lion City A39. Neben Berlin fährt er auch noch in Lichtenstein, Lausanne und in Portugal. Der Wagen 3099 ist der älteste aus dem Jahr 2004. Da er von den Serienwagen abwich, kam er leider nur selten zum Einsatz. Im Januar 2019 wurde der Wagen abgemeldet. Ursprünglich hätte er verschrottet werden sollen. Doch die AG Traditionsbus Berlin e.V. erwarb den Wagen, versetzte ihn in aufwändiger Freizeitarbeit in den Auslieferungszustand zurück und ließ ihn am 5. Oktober 2019 erstmalig wieder auf Berlins Straßen fahren. Ein Fahrgasteinsatz ist bis auf weiteres leider nicht möglich.
Anlässlich 30 Jahre U-Bahn habe ich am 21. Juli 2019 den Vierwagenzug des Typs EIII 5 zwischen den Bahnhöfen Tierpark und Biesdorf-Süd bei der Überführung nach Hönow fotografiert. Er ist der letzte von einst 39 weiteren von 1986 bis 1990 gebauten Zügen dieser Bauserie, die für die Nachwelt erhalten geblieben sind. Interessant ist die Entstehungsgeschichte dieser Baureihe. Nach dem 2. Weltkrieg wurden in Ost-Berlin insgesamt 120 Großprofilwagen des 1929 bis 1930 gebauten Typs C zur Moskauer Metro abtransportiert. Somit gab es in Ostteil Berlins keine geeigneten U-Bahnwagen mehr für den Betrieb der Linie E Alexanderplatz-Friedrichsfelde. Abhilfe konnten Kleinprofilwagen vom Typ AI schaffen, an denen Holzbohlen angebaut wurden, die später als Blumenbretter in die Geschichte eingingen. Ab 1958 wurde dann ein neuer Großprofilzug des Typ EI vorgestellt. Er bestand aus den Wagen 1400 und 1402. Gebaut wurde er im VEB Waggonbau Ammendorf. Eine Serienfertigung kam leider nicht zustande. Auch der EII kam nie über das Zeichenbrett hinaus. Ab 1961 wurde Berlin durch den Bau der Mauer in zwei Teile getrennt. Für Ost-Berlin gab es immer noch keine Großprofilwagen bei der U-Bahn. Die S-Bahn, ein rein Ost-Berliner Betrieb, hatte hingegen überzählige Fahrzeuge, sodass man sich entschied, ab 1962 S-Bahnwagen in U-Bahnwagen umzubauen. Der Wagenkasten ist ein Neubau, ansonsten stammt alles von der S-Bahn. Insgesamt wurden bis 1990 86 Trieb- und Beiwagen aus den S-Bahn Baureihen 165, 168 und 169 in den U-Bahntyp EIII umgebaut.
Aus dem Baujahr 1910 stammt der große Maximumwagen 2990, bekannt wurden diese Straßenbahnwagen durch ihr Laufruhe und die Maximumdrehgestelle wo jeweils ein kleiner und ein großer Radsatz eingebaut ist. Insgesamt gab es bei der Berliner Straßenbahn 365 Triebwagen. 108 von denen wurden später die offenen Plattformen verschlossen. Zuletzt war er 1970 bei der BVB-Ost im Fahrgasteinsatz als Triebwagen 5279. 1969 gründete sich im Modelleisenbahnverband der DDR als AG 1/11 gegründet wurde, um abgestellte Straßenbahnen in ihren historischen Zustand zurückzuversetzen. 1990 gründete sich daraus der heutige Denkmalpflege-Verein Nahverkehr Berlin e.V. kurz DVN e.V. Der 2990 war seitdem als Museumswagen unterwegs.Zuletzt war er viele Jahre abgestellt. Im Jahre 2007 gelangte der 2990 zur Woltersdorfer Straßenbahn, wo er komplett neu aufgebaut wurde und durch viel mehr Liebe zum Detail sich nun im jetzigen Zustand zeigt. Im Mai 2008 konnte der Wagen für den Gelegenheitsverkehr wieder zugelassen werden und war bis 2013 in Woltersdorf unterwegs. Mit den 100.Geburtstag der Woltersdorfer Straßenbahn kam nun ein jüngerer Maximumwagen der Wagen 218 wieder auf die Gleise, somit gab es zwei betriebsfähige Maximumwagen. Der 2990 kehrte 2014 nach Berlin zurück und wird seitdem wieder zu Sonderfahrten eingesetzt. Beim DVN wird der 2990 Wilhelm genannt.
Der Wagen 471 462-2 gehört zur Baureihe 471 der S-Bahn Hamburg, von denen es insgesamt 129 gab. Der hier abgebildete Endwagen stammt aus dem Jahr 1958. Bereits seit 1907 fährt die S-Bahn Hamburg elektrisch. Zunächst wurde die S-Bahn mit Wechselstrom betrieben, ab 1939 wurde zum Teil auf Gleichstrombetrieb umgestellt, bis 1950 dauerte der Mischbetrieb. Der planmäßige Einsatz der Baureihe 471 endete im Jahr 2000. Der hier abgebildete Endwagen sollte eigentlich mit dem Triebzug zusammen verschrottet werden. Aber durch die Initiative des Deutschen Technikmuseum Berlin (DTMB) gelang es, ihn für die Nachwelt zu erhalten. Am 13. Mai 2019 wurde der Wagen in Hamburger S-Bahn Werk Ohlsdorf dem DTMB übergeben und am selben Tag nach Berlin überführt.
Ab 1951 kamen von Büssing die ersten Nachkriegs-Doppeldecker-Busse zur BVG. Bis 1964 wurden insgesamt 930 dieser auch als D2U bezeichneten Busse in Dienst gestellt. Das D steht übrigens für Doppeldecker, die 2 für zweiachsig und das U für Unterflurmotor. Der hier gezeigte Wagen 1629 stammt aus der letzten Serie von 1964. Sein gesamtes BVG-Leben hat er auf den heute nicht mehr existierenden Betriebshof Zehlendorf verbracht. Am 16. Mai 1975 wurde der Wagen abgestellt und gelangte in die BVG-Museums-Sammlung nach Britz. Nach deren Auflösung wurde er gemeinsam mit ein paar weiteren Bussen von der Arbeitsgemeinschaft Traditionsbus Berlin (ATB) übernommen und fahrfähig hergerichtet. Er ist heute der älteste zugelassene Kraftomnibus Berlins. Am 1. Mai 2019 stand der Wagen in der Herbartstraße. Wer mal mit einen historischen BVG-Bus fahren möchte, dem sei die BVG-Buslinie 218 empfohlen. Seit dem Jahr 2000 verkehrt jeden Tag ein historischer BVG-Bus auf dieser Linie.
Wir danken Fabian für diese tollen Bilder und die interessanten Texten dazu. Es freut uns sehr, dass jemand sein Hobby mit uns und unseren Leser:innen teilt. Wenn ihr auch über eure Hobbys berichten wollt, immer her mit den Bildern und Texten, am besten als E-Mail an info@grad60.com
Und wer jetzt sein Interesse für historische Fahrzeuge entdeckt hat, dem sei unsere Geschichten über den Oldtimer Wanderer und dem Oldtimerfan Horst empfohlen.