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Adlershof - Berlins klügster Kiez - Ein Gastbeitrag

Adlershof - Berlins klügster Kiez - Ein Gastbeitrag

Mit Klaus haben wir schon einige Spaziergänge durch Berlin gemacht; heute bummeln wir durch den Technologiepark Adlershof.

Berlin-Adlershof ist Deutschlands größter Wissenschafts- und Technologiepark und Berlins größter Medienstandort. Die Adlershofer strotzen vor Selbstbewusstsein und behaupten, der klügste Kiez in Berlin zu sein. Das will ich mir dann doch mal auf einem Spaziergang durch den Ortsteil etwas genauer ansehen. Berlin hat viele Seiten, die einen Besuch lohnen. Der Ortsteil Adlershof im Bezirk Köpenick-Treptow hat mindestens zwei Seiten. Eine rechts und eine links der Bahnlinie. Das östlich gelegene „Alt-Adlershof” mit dem historischen Ortskern wurde vor über 250 Jahren als Gutshof besiedelt und ist heute gründerzeitlich geprägt: mit Marktplatz, Schulen, Geschäften und Restaurants an der Dörpfeldstraße. Die andere Seite der Bahngleise war immer schon etwas weniger beschaulich. Hier lag einst Deutschlands erster Motorflugplatz Johannisthal-Adlershof. Hier wurde getüftelt. Zwischen Kaiserreich, Weimarer Republik, Nazi-Reich, DDR und Nach-Wende-Zeit wurde die Landschaft kräftig umgekrempelt. Zuletzt 1990, als das Fernsehen der DDR, die Akademie der Wissenschaften und das Stasiregiment das Feld räumten. Übrig geblieben sind die Baudenkmale Trudelturm und Windkanal, Ehrlich-Haus und einige Labor- und Bürogebäude aus den 30er Jahren. 

Doch das Meiste ist so neu und futuristisch, als sei der Technologiepark Adlershof Kulisse eines utopischen Films. Tatsächlich wurden hier schon Filme gedreht. Doch dazu später mehr. 

Rechts und links der Rudower Chaussee entwickelt sich Deutschlands modernster Technologiepark. Die Wissenschaftsstadt Adlershof umfasst ein Gebiet von 4,2 km². Im Ortsteil Adlershof leben rund 17.000 Einwohner, dagegen arbeiten und studieren hier über 25.000 Menschen. 

Ich starte meine Tour, die auch mit der App von lialo: Berlins klügster Kiez, Adlershof Stadtführung gemacht werden kann, am S-Bahnhof Adlershof.

Die Strecke ist etwa 2,5 Kilometer lang und kann auch gut mit dem Rad bewältigt werden. Ich verlasse die S-Bahn und wende mich der neuen Rudower Chaussee zu, die an ihrem Ende in die Dörpfeldstraße übergeht (also in den alten Ortskern). Ich will aber das neue Adlershof kennenlernen.

Nach wenigen Schritten komme ich an einer kleinen Grünanlage vorbei und biege nach ein paar Metern links in die Franz-Ehrlich-Straße und gleich wieder rechts in die Moriz-Seeler-Straße ein. Auf der linken Straßenseite stehe ich vor dem Adlershofer Theater.

Hier und im gesamten Block (mit dem Franz-Ehrlich-Haus in 100 Metern) war das DDR-Fernsehen zu Hause. Nach seiner Eröffnung inszenierte man bis in die 60er Jahre hauptsächlich Opern und Schauspielkomödien, die von hier in die Haushalte gesendet wurden. Der Saal bot für 520 Besucher Platz. Zeitzeugen behaupten, dass es sich um das erste und einzige Fernsehtheater in Deutschland handelte. 1956/57 wurde der Theatersaal entkernt und das Bühnenhaus des Theaters in ein Fernsehstudio umfunktioniert. 

Aus dem Studio fünf wurde von nun an bis zum Tage der Schließung des Deutschen Fernsehfunks die bedeutendste Nachrichtensendung in der Geschichte der DDR, die "Aktuelle Kamera" (AK) ausgestrahlt. Schauspieler Herbert Köfer stand sowohl für die erste als auch für die letzte Sendung des DFF vor der Kamera. Bei der ersten Sendung war er Nachrichtensprecher für die Aktuelle Kamera und bei der letzten Sendung war er bei einer Silvester-Revue in Chemnitz, die am Silvesterabend 1991 ausgestrahlt wurde. Köfer war dort als Gast eingeladen und sang zusammen mit Frank Schöbel den Schlager „Der Letzte macht das Licht aus, der Laden macht nun dicht". Heute wird in dem Saal wieder richtig Theater gespielt. Gleich neben dem Theater steht das Franz-Ehrlich-Haus mit der Richtfunkanlage auf dem Dach.

In den Flachbauten rechts und links neben dem Turm war die Nachrichten-Redaktion untergebracht. Für die Adlershofer war es der „Schafstall". Ich habe da so eine Ahnung, warum die Redaktion so genannt wurde.

Das Franz-Ehrlich-Haus im Rücken, gehe ich durch die Einfahrt zwischen den Häusern auf die Rudower Chaussee zurück und folge der Straße links ca. 90 Meter bis zur Straße Am Studio, in die ich einbiege. Auf der rechten Straßenseite fallen mir neben dem Europa-Center Adlerduo zwei dicke Kugeln auf, die ich mir näher anschaue. Auf der Infotafel finde ich dann auch eine Erklärung, dass es sich hier um Kugellabore handelt, in denen isothermische Experimente im Bereich der Metallurgie mit minimalen Temperaturschwankungen vorgenommen wurden.

Die Ergebnisse waren für die Luft- und Raumfahrt relevant, denn Johannisthal mit seinem Flugplatz und Adlershof als Forschungsstandort waren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Zentrum für Luftfahrt und Flugforschung in Europa. Der langen Straße Am Studio zu folgen, erspare ich mir, denn hier reihen sich entlang der linken Straßenseite große Hallen und Studios wie eine Perlenkette auf, in denen, wie schon zu DDR-Zeiten, TV-Sendungen und Filme produziert werden. 

Die Studios können leider nur im Rahmen einer Führung betreten werden oder man hat Tickets für Fernsehaufzeichnungen wie „The Voice of Germany" / „The Voice Kids" (ProSieben, Sat.1), „Anne Will" (ARD), „Der Quiz-Champion" (ZDF) u.a.

Ich gehe also die paar Meter wieder zurück bis zur Rudower Chaussee und wandere links weiter bis zur Volmerstraße. An der Ecke zur Rudower Chaussee ist das WISTA-Management, das eine große Tafel neben dem Eingang hat, auf der übersichtlich das gesamte Areal der Wissenschaft in Adlershof aufgezeichnet ist. So erfahre ich, dass ich schräg gegenüber der breiten Rudower Chaussee zum Universitäts-Campus komme. Und Achtung, von rechts oder links kann eine Tram den Weg kreuzen!

Schon von weitem fallen mir die großen Köpfe vor dem Forum Adlershof auf, die sich langsam, aber stetig verändern. „Kopfbewegung - heads, shifting“ ist ein Projekt der in Berlin lebenden Künstlerinnen Josefine Günschel und Margund Smolka. Für die beiden Künstlerinnen sind Denken, Forschen, Kombinieren, Offenheit und die Fähigkeit, den Blickwinkel zu ändern, zeitlose Charakteristika der Universität, die sie mit ihrem Kunstwerk der zwei Köpfe symbolisieren möchten. Die Köpfe sollen Zustände und Prozesse auslösen, die sich sowohl auf die Beziehungen der Menschen untereinander als auch auf die für das Forschen, Entdecken und Lernen notwendigen geistigen Kräfte beziehen lassen. 

Das Forum Adlershof wurde 2010 als Besucher- und Veranstaltungszentrum in Deutschlands größtem Wissenschafts- und Technologiepark auf dem neuen Campusgelände der Humboldt Universität eröffnet. Wie ich bereits erwähnte, war anfangs des 20. Jahrhunderts die Luftfahrtforschung in Adlershof/Johannisthal zuhause. Die Gebäude hier in der Platzmitte sind die Keimzelle des Luftfahrtzentrums und die ältesten erhaltenen Gebäude Adlershofs! Sie wurden von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL), der Vorgängerin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) errichtet.

In den Jahren von 1950 bis 1990 wurde das Forum vom Wachregiment „Felix Dzierzynski“ des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR als Kfz-Werkstatt und Lager zweckentfremdet. Umbauten hatten das ursprüngliche Erscheinungsbild der beiden Gebäude fast bis zur Unkenntlichkeit verändert. Anhand von alten Fotos wurde das ursprüngliche Erscheinungsbild der Gebäude rekonstruiert und in großen Teilen wieder hergestellt. Heute stehen die Gebäude unter Denkmalschutz.

Nach meinem Rundgang über den Platz setzte ich meinen Weg auf der Rudower Chaussee fort und komme am großen Gebäude der Universitätsbibliothek des Erwin Schrödinger-Zentrums vorbei.

Erwin Schrödinger? Genau, da war doch was. Der Physiker Erwin Schrödinger hat bereits 1935 mit „Schrödingers Katze“ ein Gedankenexperiment veröffentlicht, das die direkte Übertragung quantenmechanischer Begriffe auf die makroskopische Welt problematisierte. 

Ganz schön schlau, oder?

An der Ecke Brook-Taylor-Straße erwartet mich eine merkwürdige Skulptur. Der Künstler Nils-R. Schultze befasst sich mit Verschlüsselungen. Sein Verfahren beruht auf der Suche nach dem richtigen Blickwinkel. Denn nur aus bestimmten Perspektiven lassen sich die in den Metalltafeln versteckten Botschaften entschlüsseln. Noch so eine schlaue Erfindung.

Das Verfahren zur Ver- und Entschlüsselung von Informationen heißt „Kryptographie”, damit kein Unbefugter mitlesen kann. Aber es wird noch interessanter. Ich folge der Brook-Taylor-Straße und stehe nach ca. 120 Metern an der Ecke Kroneckerstraße wieder vor einem „Ungetüm”, dem Windkanal des Aerodynamischen Parks. In der Anlage erzeugte ein achtflügeliges Laufrad, angetrieben durch einen 2.000 kW Elektromotor einen Luftstrom, der auf Flugzeugteile (Tragflächen, Verkleidungen, Leitwerke etc.) geleitet wurde, um deren Luftwiderstand zu messen. Dies diente der Optimierung von Flugzeugformen und -oberflächen.

Das sanierte Baudenkmal steht unter Denkmalschutz und wird, da es statisch nicht sehr belastbar ist, nur selten und ausschließlich für kleine Personengruppen geöffnet. Aufgrund seiner ungewöhnlichen Architektur diente der Windkanal als Kulisse des Films Æon Flux https://www.youtube.com/watch?v=d11loPMnC2w, der 400 Jahre in der Zukunft spielt. Neben vielen weiteren berliner Bauwerken, die im Film auftauchen, wurden auch einige Szenen dafür hier im Inneren der Röhre bzw. im Innenraum des Windkanals gedreht https://youtu.be/5zInmil5iT4?t=57.

Weitere Produktionen, wie 2011 beispielsweise der Actionfilm „Wer ist Hanna“ https://youtu.be/oG5T_Ai5Yv0?t=30 (Ausschnitt Windkanal-Szene), nutzten den Windkanal ebenfalls als Kulisse.

80 Meter weiter stehe ich vor einem „Dicken Ei”, einem weiteren Requisit aus der Luftfahrtära. 

Der in den Jahren 1934 bis 1936 errichtete „Trudelwindkanal“ war zu seiner Zeit eine absolute Innovation. Er stellte einen Windkanal dar, in dem nicht ein horizontaler, sondern ein vertikaler Luftstrom (von unten nach oben) erzeugt wurde. In diesen wurden maßstabsgerechte, präzisionsgefertigte Flugzeugmodelle eingebracht. Die Geschwindigkeit des Luftstromes konnte so reguliert werden, dass sie der Fallgeschwindigkeit des Modells entsprach. Damit verblieb das Flugzeugmodell immer auf Höhe der Beobachtungseinrichtung und konnte in seinem Verhalten durch Hochgeschwindigkeitskameras gefilmt werden. Zum damaligen Zeitpunkt war dieses Vorgehen die einzige Möglichkeit, den gefährlichen Flugzustand des Trudelns labormäßig zu simulieren. 

Ich muss nicht weit gehen, um das nächste Ziel zu erreichen. Auf Sichtweite steht hinter dem Trudelturm noch ein altes Gebäude aus dem Jahr 1933 mit zwei Türmen. Es ist der ehemalige Motorenprüfstand, der Flugmotoren mit Luftschrauben auf ihre Wirksamkeit, Belastbarkeit und Lebensdauer prüfte.

Der schallgedämpfte Motorenprüfstand ist als Teil des früheren Standortes der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt ebenfalls denkmalgeschützt.

Doch was sind das nun wieder für kleine „Flugobjekte”, die zwischen dem Trudelturm und dem Motorenprüfstand überall auf der Wiese wie Pilze herumstehen? Die ellipsenförmigen und 60 Zentimeter hohen Gebilde wirken geheimnisvoll abstrakt, wie kleine unbekannte Flugobjekte.

Dabei sind es jedoch nur Lautersprechereinheiten, die untereinander vernetzt und an das Stromnetz angeschlossen sind. Aus ihrem Inneren dringen Aufnahmen des Deutschen Rundfunkarchivs, die sich auf die Luftfahrt und die umliegenden Bauwerke beziehen. Die Klanginstallation hat den Charakter von „Kunst im öffentlichen Raum" und soll zum Verweilen einladen. 

Hinter dem Prüfstand gehe ich links die Newtonstraße weiter und biege links in die Abram-Joffe-Straße ein. Vorbei am Studentendorf, überquere ich die Karl-Ziegler-Straße/Max-Born-Straße und folge weiter der Johann-Hittorf-Straße bis zum markanten, spitzen Gebäude des Zentrums für Photovoltaik und Erneuerbare Energien. Hier wird intensiv für unser Leben in der Zukunft geforscht.

Die Fassade ist mir schon in einigen Krimi-Serien aufgefallen. Gegenüber biege in die Schwarzschildstraße ein und stehe schon bald vor dem futuristischen Technologie-Gebäude für Photonik und Optik. Fans der „No Angels“ wird das Herz höherschlagen, wenn sie das Gebäude auf der linken Seite sehen. Hier wurde der Video-Clip https://www.youtube.com/watch?v=0Qbw8pMSrgw&list=RD0Qbw8pMSrgw zum Song „Feelgood Lies“ gedreht.

Hier in diesem Bereich von Adlershof bündelt sich die geballte Innovationskraft in den Bereichen Photonik, Optik und Mikrosysteme. Ein weltweites Netzwerk des Lichts! Zahlreiche Unternehmen aus diesen Bereichen haben ihren Sitz im Technologiepark Adlershof u.a. in den sechs Gebäuden des Photonikzentrums (ZPO) mit rund 18.600 m² Labor-, Hallen- und Büroflächen. Man spürt direkt, dass hier lauter kluge und sehr kreativ denkende Menschen arbeiten.

Adlershof ist einer der führenden Standorte für Erforschung und Entwicklung von Licht-Technologien weltweit. Hier ist die gesamte Wertschöpfungskette vertreten: von der Grundlagenforschung über hochspezialisierte Zulieferfirmen bis hin zu kommerziellen Hightech-Firmen, die den Massenmarkt beliefern. 

Bei meinen Recherchen bin ich noch auf weitere innovative Entdeckungen gestoßen, die ich hier aufzählen könnte. Doch fürs Erste will ich es genug sein lassen, so bleibt der „Druck”, noch einmal Adlershof zu besuchen und auf Exkursion zu gehen. 

Der ehemalig Flugplatz Johannisthal (heute ein Landschaftspark) ist auch nicht weit von hier. Viele interessante Details und Geheimnisse lassen sich dort aufspüren.

Auf dem Weg zurück auf die Rudower Chaussee (dort fährt die Tram zum S-Bahnhof) ziehe ich mein Fazit: Die Adlershofer können wirklich stolz sein, soviel Power und Wissen in ihrem Kiez zu haben.

Und wir danken Klaus für seine tolle Story und sind schon sehr gespannt, wer seinen Spuren durch den klügsten Kiez Berlins nachfolgt.

Habt Ihr auch eine Geschichte für uns? Immer her damit. Am besten eine Mail an unser Postfach info@ grad60.com

Rügen – Mehr als Kreide!

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Berliner Tafel – Hilf helfen

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