Seattle – Liebe auf den zweiten Blick
Seattle, ein Gastbeitrag von Peter Schiffer
Peter Schiffer bereist als Weltrentner unseren wunderschönen Planeten und hat über seine Erlebnisse ein Buch geschrieben. Für unser grad60-Magazin schildert er seine Eindrücke aus Seattle, der Stadt im US-Bundesstaat Washington: Berauschend -aber lest selbst:
Der erste Eindruck ist ambivalent. Die Temperaturen sind morgens niedrig, der Himmel ist bis mittags bewölkt, der Pike Place Market ist touristisch überlaufen, die Waterfront under construction. Nichts, was mich spontan begeistert. Weitere 13 Tage später habe ich Seattle schätzen gelernt. Seattle liegt wunderschön zwischen Puget Sound und Lake Washington, hat ein gut ausgebautes Radwegenetz, fasziniert mit dem Seattle Center, ist kulturell attraktiv und lädt fast an jeder Ecke zu Kaffeespezialitäten ein.
Wir kaufen einen City Pass für 89 Euro pro Person. Aus sieben Attraktionen können wir fünf wählen. Drei sind für den Käufer gesetzt: Aquarium, Argosy Harbor Tour und Space Needle. Aus den restlichen vier sind wählbar: Entweder das Museum of Pop Culture (MoPOP) oder der Woodland Park Zoo, entweder Chihuly Garden and Glass oder das Pacific Science Center. Wir verzichten auf das Aquarium, wählen MoPOP und Chihuly, und zahlen dennoch mit 89 Euro weniger, als wir einzeln gezahlt hätten. Von den besuchten vier Attraktionen sind zwei World Class: Space Needle und Chihuly. Die Argosy Cruise und das architektonisch eindrucksvolle Pop-Museum sind unterhaltsam, aber für mich ohne nachhaltigen WOW-Effekt.
Die Weltraumnadel wurde 1962 zur Weltausstellung gebaut und ist heute das Wahrzeichen von Seattle: 184 Meter hoch, mit offener Aussichtsplattform in 158 Metern Höhe und einem transparenten Drehring sechs Meter tiefer. The Loupe ist einmalig. Das haben wir so noch nie gesehen. Ja, selektiv ein paar Meter Transparenz im Boden oder gläserne Kabinen, die in luftiger Höhe über dem Erdboden schweben, aber eine komplette Verglasung eines fast vier Meter breiten sich drehenden Außenringes – das ist fantastisch. Übrigens, einmal drehen dauert 45 Minuten.
1941 wurde in Tacoma im Bundesstaat Washington ein Mann geboren, der ein wunderbarer Künstler mit einer überbordenden Leidenschaft für Glass werden sollte: Dale Chihuly. Diese Leidenschaft findet ihren Höhepunkt im Chihuly Garden and Glass, ein Denkmal für Glass als Kunstform. Die Ausstellung mit Glashaus und Glasgarten wurde 2012 eröffnet. Schon in der ersten Halle beginnt WOW zu leben. Mit jeder weiteren Halle wird die Intensität höher, wir sind in einem dynamischen Modus angekommen. Wir staunen und genießen.
Wir besuchen auch die internationalen Business Champions in und um Seattle. Zwei Weltunternehmen wurden hier gegründet, sind heute aber mit ihren Zentralen nicht mehr in der Stadt: Boeing und UPS. Drei weitere Weltunternehmen haben gegenwärtig ihren Hauptsitz in und in der unmittelbaren Nähe der größten Stadt im Nordwesten der USA: Starbucks, Amazon und Microsoft.
Beeindruckend die „Amazon-Welt“. 1994 von Jeff Bezos gegründet, arbeiten in Seattle mehr als 45.000 Mitarbeiter. Nur 400 Meter von unserem Hotel entfernt, liegen vier von 38 Amazon-Gebäuden und das Mitarbeiter-Refugium „The Spheres“. Zweimal im Monat öffnet sich „The Spheres“ für interessierte Besucher. Wir haben Glück. „The Spheres“ ist im Stil eines Gewächshauses gebaut und Heimat von Tausenden von exotischen Pflanzen. Auf vier Ebenen finden Mitarbeiter Entspannung, verabreden sich aber auch zu Meetings. Ein grünes Umfeld für eine kreative Arbeitsatmosphäre. Einzigartig von außen und innen.
Weitere Höhepunkte sind der Lake Union Park, der lebhafte Stadtteil Fremont, der Gas Works Park und vor allem für den aktiven Rentner das großzügige Radwegenetz am Lake Union und am Lake Washington. Da macht Biking Spaß.
Abschließend eine kleine Geschichte aus meinem Buch „Mit Frau und Rente um die Welt“.
The joint after lunch
Auf Google Maps entdecke ich in der Nähe des HQ von Starbucks zwei Shops, deren Produkte in Seattle seit Juli 2014 verkauft werden dürfen. Der eine heißt Ganja Goddess, der andere Cannabis City. Beide liegen in einem Industriegebiet in unscheinbaren Gebäuden, leicht zu übersehen, wenn es nicht Außenwerbung geben würde.
Am Eingang steht eine junge Dame, die meine ID kontrolliert. Der deutsche Führerschein wird akzeptiert. Ich darf auch Fotos machen, „please no people“. WOW – vor mir öffnet sich ein großer Raum mit gläsernen Verkaufsvitrinen links und rechts, effektvoll präsentiert. Hier gibt es alles, was das Herz des Gras-Anhängers höher schlagen lässt: Joints, Konzentrate, Öle, Tinkturen, ess-und trinkbare Produkte und Pfeifen. Willkommen im Cannabis-Paradies. Für einen Anfänger eine schier unlösbare Aufgabe, das für ihn richtige Produkt zu finden. Aber dafür gibt es ja das freundliche Personal mit professioneller Beratung. Im Ganja Goddess sehe ich drei Verkäufer.
Ich schaue mir die beeindruckende Vielfalt der Produktpalette in den Glasvitrinen an. Eine mir völlig neue Welt. Und das in einem schicken Verkaufsladen, der auch in einer Fußgängerzone in der Innenstadt liegen könnte, würden es nicht gesetzliche Bestimmungen geben, die das verhindern. In den vielleicht 15 Minuten, die ich im Laden bin, es ist später Vormittag, kommen über zehn Kunden im geschätzten Alter zwischen 21 und 60. Die Mehrheit ist männlich und eher älter als jünger. Mittags sei neben dem frühen Abend Hauptverkaufszeit. „The joint after lunch“. Nun gut, preislich sind die Produkte anspruchsvoll. Hoher THC-Gehalt kostet natürlich mehr als geringer THC-Gehalt. Wer häufig konsumiert, muss auch gut verdienen. Die Kunden im Laden scheinen in diese Kategorie zu fallen, zumindest dem Äußeren nach zu urteilen. Auch neu für mich: Rauchen muss man zum Highwerden nicht. THC im Dessert, im Getränk oder in der dosierten Kapsel – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Die Legalisierung von Cannabis im Bundesstaat Washington als Rauschmittel zum Freizeitgebrauch für über 21-Jährige ist auf den 6. November 2012 datiert. 55 Prozent der Bürger stimmten damals bei einer Wahlbeteiligung von 89 Prozent für die Initiative 502. Die über 21-Jährigen dürfen seitdem eine bestimmte Menge an Marihuana und Haschisch kaufen und besitzen. Für Anbau und Verkauf vergibt der Staat Lizenzen. Die erste Lizenz für den Verkauf von Cannabis ging an Cannabis City. Der Laden ist deutlich kleiner als Ganja Goddess, die beiden jungen Verkäufer sind sehr kommunikativ. Nach der ID-Kontrolle sehe ich mich um. Weniger Produkte, weniger Vielfalt. Ich frage die junge Dame, wieviel ein Kunde pro Tag im Shop kaufen darf. Ihr Kollege schreibt mir die Mengen für one entry auf: 28 Gramm Flower, also Joints, sieben Gramm Konzentrat, 72 ounces liquid edible und 16 ounces solid edible. Eine Unze sind 28 Gramm bzw. 29.5 Milliliter. Ob das auch kontrolliert werde, will ich wissen. Der junge Mann schmunzelt. „We tell our customers“. Im Übrigen arbeiten die Shops mit kreativen Discounts, Kundenbindungsprogrammen und einer Happy Hour. Cannabis City liegt in der 4th Avenue South, Hausnummer 2733, von der SODO Light Rail Station in fünf Minuten zu Fuß zu erreichen. Ganja Goddess liegt in der 1st Avenue South, Hausnummer 3207. Von der SODO Station sind es 15 Minuten. Insgesamt soll es in Seattle über 30 „Pot Shops“ geben.
Fazit: Seattle bietet hohe Lebensqualität bei hohen Kosten. Ein Kostentreiber sind sicher auch die Weltunternehmen, die ihre Beschäftigten in der Regel gut bezahlen. Für eine Weltmetropole hat Seattle allerdings ein überraschend unterentwickeltes öffentliches Zugsystem. Die „Central Link Light Rail“ mit 16 Stationen ist die einzige Verbindung in der Stadt von Nord nach Süd, ohne Querverbindungen. Busse dominieren, aber für das Verstehen des Bussystems ist ein Aufenthalt von mehr als zwei Wochen erforderlich. Dennoch – Seattle hat mein Herz erobert, wenn auch erst auf den zweiten Blick.
Warum aktive Ü60 dieses Buch lesen sollten
Weltrentner ist eine wunderbare Option, der post-beruflichen Lethargie zu entfliehen
Slow Travelling, also längeres Reisen und längere Aufenthalte an einem Ort, schafft Wohlbefinden und Wertigkeit.
Das Buch mit spannenden Anregungen für tolle Reiseziele ist ein emotionaler Ausflug in die bunte Vielfalt der Welt ...
... und eine authentische und transparente Einführung in ein erfüllendes Rentner-Leben.
Detaillierte Kostenübersichten zu den Destinationen ergänzen die redaktionelle Mischung aus Emotionen, Erfahrungen und Empfehlungen.
Die Daten
372 Seiten
Mehr als 300 Insidertipps und kulinarische Empfehlungen
250 Farbfotos
Mehr als 50 Kurzgeschichten
32 Reiseziele
Die Bestellung
Das Buch kann über peter@weltrentner.com bestellt werden
Es kostet 22,80 Euro
Das Porto für den Versand in Deutschland beträgt 2,20 Euro
Für Bestellungen mit der Referenz „grad60magazin“ gebe ich einen Nachlass von 3,00 Euro. Gesamtkosten: 22,00 Euro
(grad60.com: Weitere Weltreisen könnt ihr auch auf grad60.com miterleben. Wie wäres es mit Peru, Philippinen, Karibik oder Südafrika?)