Titicacasee
Wir sind durch Peru auf eigene Faust gereist und haben spannende Abenteuer, große Anstrengungen und einzigartige Natur erlebt. Das volle Erlebnispaket gibt es in unserem Artikel “Peru auf eigene Faust”. Wer erstmal nur spezielle Themen nachlesen möchte, für den sind diese Einzelartikel bestimmt.
Leben auf den Schilfinseln
Hinter mir blubbert der Schiffsdiesel, ich sitze entspannt am Heck unseres Touristenkahns auf dem Titicacasee. Wir sind voller Erwartung, was wir auf diesem berühmten See erleben werden.
Der Titicacasee liegt auf einer Höhe von 3.812 Metern, ist 178 km lang, bis 67,4 km breit und hat eine durchschnittliche Tiefe von 107 Metern. Die Herkunft des Namens Titicaca ist nicht sicher. Er soll auf zwei Aymara-Wörtern beruhen: titi heißt „Große Katze“ oder „Puma“ und caca heißt „grau“.
Die Truppe auf unserem Boot ist sehr international. Polen, Franzosen, Belgier, Kanadier, Italiener und wir Germans. Wir sind auf dem Weg zu den schwimmenden Inseln der Uros, die zu den noch an Traditionen festhaltenden Hochlandkulturen am Titicacasee gehören.
Es sind einzigartige Konstruktionen aus Totora-Schilf. Die Pflanze wächst am Titicacasee und hat durch Hohlräume einen hohen Auftrieb. Die Inseln bestehen aus verschiedenen, kreuzförmig aufeinander gelegten Schilf-Schichten, die insgesamt bis zu zwei Meter dick sind. Da das Schilf von unten wegfault, müssen immer wieder neue Halme nachgelegt werden.
Doch nicht nur der Untergrund besteht aus den hohlen Stängeln, auch die Hütten und Boote werden daraus gebaut. Besonders auffällig sind die kleinen Schiffe am Bug geschmückt. Und ich befürchte, vor allen Dingen für uns Touristen.
Es ist zwar zu 100 Prozent Touristenfake, was wir hier erleben. Denn die Uros leben gar nicht mehr auf ihren Inseln, sondern kommen nur für die staunenden Besucher aus der ganzen Welt auf‘s Wasser, wenn sie von der Gemeinschaft eingeteilt worden sind. Ein nine-to-five-job für einige Tage der Woche. Aber, sei‘s drum. Die Informationen sind interessant, etwas für’s Auge gibt es auch und die Menschen hier leben von uns.
Nach ein paar Stunden geht es weiter zum nächsten Stopp.
Wohnen auf der Isla Amantani
Wir fahren zur Isla Amantaní, um bei einer Familie in ihrem Haus zu wohnen. Wir werden am Pier von zwei Schwestern begrüßt, Lucretia und Nelli, bei der wir untergebracht sind. Auf dem Weg hoch zur Unterkunft fällt mir auf, dass die Häuser sehr einfach und alle irgendwie unfertig sind. Das wird wohl auch für la casa de Nelli gelten, denke ich mir. Und richtig. Noch einfacher und unfertiger geht’s wohl nicht.
Die Gästezimmer in ersten Stock, vier an der Zahl, sind zwar fertig, aber das Geländer fehlt und die Betontreppe wird von gefährlich spitzen, nach oben ragenden Moniereisen begrenzt. Cuidado!
Im Erdgeschoss leben die Eltern mit ihren zwei Kindern. Die Tochter heißt Katharina und ist ein wenig schüchtern.
Der Junge heißt Christian und will uns nach dem Mittagessen einen Weg den Berg hoch zeigen. Na, abwarten, ob wir dazu in der Lage sind. Die Höhenmeter machen uns nach wie vor schwer zu schaffen.
Zum Mittagessen in der kleinen, spartanisch eingerichteten Küche setzt sich der Vater mit an den Tisch, Alfredo. Ich versuche Smalltalk auf Spanisch.
Die Einwohner der Insel sprechen übrigens in erster Linie Quechua, Spanisch nicht alle. In der Schule wird neben diesen beiden Sprachen noch Englisch gelehrt. 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad dauert es bis zur Schule.
Die Hausfrau serviert leckere Quinoa-Suppe, gebratenen Fisch oder Käse mit buntem Gemüse. Nachdem wir gegessen haben, isst Nelli auf einem Schemel hockend auf dem Boden. Ist das Unterwürfigkeit oder einfach nur praktisch? Am Abend sitzt sie dann doch mit am Tisch und löffelt mit uns zusammen die Quinoa-Suppe. Vor dem Abendessen gibt es aber noch ein Spektakel mit einheimischer Kleidung, die wir alle anziehen müssen. Ich finde, die Mütze steht mir.
Die Toilette ist eigentlich ein Loch im Boden, auf das zwar ein Becken steht, was aber auch schon alles ist. Nachgespült wird mit einem Eimer Wasser aus einer Wanne, die vor dem kleinen Raum steht, der mit der Holztür nicht zugemacht werden kann, weil die Größe der Tür nicht mit dem Rahmen harmonisiert. Zähne putzen und waschen geht nur in Freien an einem Plastikbehälter, der einen kleinen Hahn hat. Einfach halt.
Es gibt noch diverse andere Räume, die fast alle offen einsehbar und mit Zeug zugestellt sind. Unfertig halt. Aber was sollen Alfredo und Nelli auch machen? Bauen ist teuer, Geld knapp und viel Zeit ist auch nicht. Zuerst müssen die täglichen Bedürfnisse gedeckt und die Kinder versorgt werden. Aber sie machen einen glücklichen Eindruck.
Nach einer ziemlich langen Nacht, kurz nach Untergang der Sonne lagen wir gegen 20:00 Uhr auf den militärisch harten Matratzen und unter den tonnenschweren Pferdedecken in den Betten, gibt es um 06:30 Uhr Frühstück: Teigfladen, Rührei, Marmelade und Tee. Die Verabschiedung von Alfredo und Nelli ist genauso herzlich wie es die Begrüßung war.
Besuch auf der Isla Taquile
Die seit vielen tausend Jahren besiedelte Isla Taquileine hat eine wunderschöne Landschaft, die an Mittelmeerregionen erinnert. Mit dem Wetter haben wir wieder Glück. Die Sonne scheint, die wenigen Wolken verziehen sich nach und nach. Wir wandern etwas umher und treffen am Marktplatz auf einen Wegweiser, der auch nach Berlin zeigt. Warum allerdings Madrid in einer ganz anderen Richtung liegen soll, erschließt sich uns nicht.
Anschließend essen wir in einem kleinen Restaurant zu Mittag. Unser Guía, Richard, der uns schon von Anfang an, die ganze Zeit über, wunderbar informativ zutextet, erzählt etwas von den strickenden Männern der Inseln und den Bedeutungen der Mützen und ihrer Trageweise.
Ist die Mütze in der oberen Hälfte einfarbig, ist der Träger nicht verheiratet und wenn der Zipfel rechts herunterhängt, ist er auf der Suche nach einer Frau. Vor der Heirat leben die Verlobten erst einmal zwei Jahre zusammen, um sich dann endgültig zu entscheiden. Hört sich ja recht modern an. Dann ist aber Schluss mit Lustig, der Ehebund kann nie wieder gelöst werden.
Wir steigen wieder in die schwimmende Touristenschaukel und erreichen gegen 15:00 Uhr Puno, dem Ausgangspunkt unserer Bootstour. Vom Busfahrer lassen wir uns bei „Ricos Café“ absetzen, das schon nach kurzer Zeit zu unserem Stammcafé geworden ist. Hier ist der Cappuccino dank einer sehr guten Espressomaschine hervorragend, diverse Torten locken und auch die Sandwiches sind sehr brauchbar.
Wer von euch war schon mal dort? Habt ihr Erfahrungen und Tipps. Dann lasst es uns wissen. Wir freuen uns auf Zuschriften an info@grad60.com
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