Probewandern über die Schrammsteine
Ich habe mir ein neues Outdoor-Equipment zugelegt. Oder besser ausgedrückt, Wandersachen. Einen Wanderrucksack, Wanderstiefel und eine Trekkinghose, verdammt, eine Wanderhose. Der große Plan ist ein Urlaub in Peru mit mehrtägiger Wanderung in den Anden, zu dem euch eure grad 60-Schreiber im September auch mitnehmen wollen. Bevor es in den Härtefall geht, will ich das neu erstandene Material prüfen, denn Blasenstiefel auf 4000 m Höhe kann kein Mensch gebrauchen. Außerdem soll die Wanderausstattung nicht komplett ladenneu sein, damit es nicht zu deutlich wird: neue Klamotten, dämlicher Anfänger. Klar, ich könnte jetzt tausendmal über den Wanderparcours bei Karstadt Sport, Globetrotter und SportScheck stiefeln. Ist aber langweilig und albern. So fällt die Wahl auf das Elbsandsteingebirge. Auf- und Abstiege, Wurzelwege, reichlich Treppenstiegen und Geröllschikanen. Alles da und nur drei Stunden von Berlin entfernt.
Meine Partnerin hat die gleiche Intention und so starten wir nach einer ersten Vorprüfung am zweiten Tag zu den Schrammsteinen. Okay, der Beginn ist keine Hürde. Mit dem historischen, 1904 errichteten, Personenaufzug sind die ersten 48m sehr bequem überwundern. Trotzdem bleibt mir die Luft in der engen Aufzugskabine weg. Nicht vor Anstrengung. Ein Mitfahrer hält Duschen und Waschen offensichtlich für unnötigen Luxus.
Durchatmen auf der Plattform, mit freiem Blick nach Bad Schandau. Und die Luft brauche ich auch. Es geht stetig bergauf und schon zeigt sich, wärmende Woll-Wandersocken bei 26 Grad bringen die Füße zum Dampfen. Aber was hilft’s. Da muss ich durch und so denke ich an warme Füße im Schnee der Anden.
Es geht weiter hoch zwischen imposanten Sandsteinfelsen, die ein Riese in die Wälder geworfen hat. Gigantisch diese Brocken, zerklüftet, ausgehöhlt und senkrecht emporwachsend. Einmalig. Der Weg wird felsiger und an mehreren Stellen helfen nur noch Metallstiegen, um die Höhe zu erreichen. Der Stiefel passt, die Sohle ist griffig.
Noch ein paar enge Spalten durchschritten und die Schrammsteinaussicht ist erreicht. Was für ein Ausblick auf 417 m Höhe! Ich stehe auf einer kleinen Platte und wenige Meter daneben geht es in die Tiefe. Schaurig schön. Mit heftigen Ermahnungen, nicht noch weiter an den Rand zu rutschen, gibt es ein Foto.
Wer es nicht ganz so abenteuerlich mag, kann natürlich auch hinter dem Metallgeländer bleiben. Mit guter Kondition kommt hier jeder grad60er in den Genuss des 360°-Rundblicks.
Weiter geht’s mit meinem Wanderrucksack, der durch den perfekten Bauchgurt nicht auf den Schultern drückt. Trotz Regenjacken, Notproviant und drei Litern Trinkwasser. Aber der Gürtel der Wanderhose stört. Er reibt unter dem Beckengurt. Also weg damit, in den Sack.
Am Wanderweg steht lila leuchtender Fingerhut und daneben ruht sich ein schwarzer Bockkäfer aus.
Es geht weiter, immer abwechselnd über Felsen und weiche Waldwege, permanent auf und ab, vorbei an anspruchsvollen Stiegen. Die lasse ich heute aus. Aber wie spannend die sind, das könnt ihr bei Martins Beitrag „Klettern im Elbsandstein“ nachlesen. Einfach draufklicken.
Nach fünf Stunden, wir passieren gerade das Naturschutzgebiet, in dem der Wald sich selbst überlassen wird und Borkenkäfer den Fichten arg zugesetzt haben, merke ich auf dem Spann eine Druckstelle. Die Lasche sitzt wohl nicht richtig und muss gerichtet werden. Nur eine leichte Rötung, noch keine Scheuerstelle. Weiter! Puh, es wird beschwerlich und bei unseren immer wiederkehrenden Gedanken an Peru, diese Strecke in dünner Luft auf 4000 m drei Tage hintereinander bewältigen zu müssen, wächst der Respekt. Ein Spaziergang wird das nicht.
Großartige Ausblicke und ein Pausenbier an der Bude auf dem 556 m hohen Winterberg lenken für’s erste ab. Von nun an geht’s auf Basaltgestein hinunter. Ich finde, der Abstieg ist fast noch anstrengender. Mit jedem Schritt muss der Körper abgebremst werden, Waden und Oberschenkel bekommen gut zu tun. „Bodypump“ mit Kniebeugen in der Natur. Nicht nur für die Beine, auch für die Wanderstiefel ist das noch einmal ein Härtetest. Bis auf die Hitze in meinen Schuhen passt es.
Nach 16 Kilometern ist Schmilka erreicht und nach einem Pizzabrot aus Bioteig und einem Biobier bringt der Bus uns wieder ins Hotel nach Bad Schandau. Entspannung! Rucksack ab und endlich die schweißfeuchten Stiefel aus. Es riecht ein bisschen wie im historischen Personenaufzug von Bad Schandau.
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