Spanisch lernen
¿Hablas Español? Keine Ahnung, eher nicht, mit Sicherheit nicht. Aber wenn wir in Peru sind, soll ich el guía de idioma sein, haben die anderen unseres Quartetts “Prima Klima in Lima” beschlossen und ich fand die Idee auch gut. Folglich muss ich das Projekt, wie lerne ich innerhalb eines Jahres so viel Spanisch, dass ich uns alle sprachtechnisch halbwegs sicher durch die Anden und andere Landesteile Perus bringe, rechtzeitig starten.
Meine Sprachaffinität war nicht immer so ausgeprägt wie jetzt. Ich erinnere mich noch gut an meinen Altgriechischunterricht auf dem Goethe-Gymnasium. Die anderen konnten schon flüssig lesen und ich konnte noch nicht mal die Buchstaben. Ich habe dann auch konsequent glatte Sechsen kassiert.
Als erstes suche ich mir online einen Anfängerkurs in der Volkshochschule Falkensee. Nach wenigen Minuten ist klar, das wird nichts, alles ausgebucht. Na super, sehr schöner Start ins neue Sprachenleben. Vier Wochen später bekomme ich eine E-Mail, dass aufgrund der hohen Nachfrage ein weiterer Kurs A 1 (Anfänger) eingerichtet wird, immer freitags, bei Uwe. Klasse.
Am ersten Unterrichststag habe ich das geforderte, neue Spanischlehrbuch dabei. Ich bin der einzige. Verstehe ich nicht, Reih um fadenscheinige Gründe, finde ich. Uwe teilt Kopien an die anderen aus, ich brauche keine. Der Einstieg ist kurzweilig und lustig. Uwe erzählt viel drum herum, um das Spanische und über die Länder Südamerikas. 90 Minuten vergehen schnell. An den darauf folgenden Tagen bereite ich immer zu Hause das Gelernte für mich auf; ich will sicher sein. Die Frauen sind übrigens in der Überzahl; von insgesamt zwölf Teilnehmende sind nur zwei Männer. In den nächsten Wochen bröckelt die Teilnehmerfront deutlich, zum Schluss sind wir nur noch zu sieben.
Neben mir sitzt Sabrina, wir arbeiten oft bei Aufgaben zusammen. Eines Tages sollen wir uns gegenseitig nach persönlichen Daten fragen. Es geht auch ums Alter. Ich schätze Sabrina auf 42, später stellt sich raus, sie ist 29. Wie peinlich. Aber sie sieht das nicht so eng. Später reden wir dann über Argentinien und über den Tango. Das ist ihr Element. Wir verstehen uns gut.
Der Kurs endet kurz vor Weihnachten, wir sind ein gutes Stück vorangekommen, A 1.1 ist abgeschlossen. Ich melde mich gleich für das Folgesminar an, es beginnt Ende Januar. Dieser Kurs kann dann allerdings nicht abgeschlossen werden, weil Uwe schwer erkrankt und nicht mehr wiederkommt. Das ist blöd für mich, da ich in der Hoffnung A 1 komplett abzuschließen, einen A 2 Kurs beim Instituto Cervantes am Alex in Berlin-Mitte gebucht und mit ziemlich viel Geld bezahlt habe.
Was soll’s, dann muss ich eben allein weitermachen. Ich arbeite das Lehrbuch durch und nutze parallel die Babbel-App. Die ist wirklich sehr gut. Sie lässt sich an alle möglichen Lernstufen anpassen und verfolgt das Prinzip “Hören, lesen, nachsprechen, schreiben und regelmäßige Vokabelwiederholung” mit Erinnerungsmail.
Mitte Juni sitze ich beim Instituto am Tisch, vorne am whiteboard steht Milla aus Spanien, mit mir sind noch drei Frauen und zwei Männer im Kurs; endlich mal Parität und ich bin nicht mehr der älteste. Neben mir sitzt Marita, eine elegante Rentnerin um die 70 Jahre, schätze ich (ich frage sie aber besser nicht). Sie ist Deutsche mit Schweizer Pass, hat in der Schweiz für eine Galerie gearbeitet, kann Französisch und Italienisch, natürlich Englisch und hat jetzt Freunde aus Chile kennengelernt. Da muss man doch noch Spanisch lernen. Sie ist mir von Anfang an sehr sympatisch, aber auch schwer unheimlich. Ihre Voraussetzungen scheinen meinen zu gleichen, sie packt aber alles irgendwie viel schneller als ich. Und sie verbessert mich dauernd. Das ist okay, ich kann damit umgehen.
Der Kurz ist intensiv, dauert zwei Wochen, jeden Tag dreieinhalb Stunden. Milla, La profesora, ist übrigens auch muy simpática, aber unerbittlich. Und el tiempo hat es in sich. Es passiert mir dauernd, dass irgendein grammatikalisches oder inhaltliches Problem von Milla an die Tafel geschrieben wird, ich das Wort und die Erklärung notieren will, dafür aber keine Zeit habe, weil es schon weitergeht. Die schweißnassen Achseln kommen nicht nur vom sommerlichen Wetter. Ich fühle mich ständig überfordert. Zu Hause nacharbeiten klappt irgendwie auch nicht, da es einfach zu viel ist und der Tag nur 24 Stunden hat. Am Wochenende schaffe ich mehr und bin montags wieder halbwegs en la línea.
Ende Juni ist der Kurs vorbei, ich bekomme das Zertifikat für A 2.1; na geht doch, denke ich mir. Obwohl … Es bleibt ein unsicheres Gefühl. Ich war immer am Limit oder drüber. Nicht so gut. Ich muss mir noch etwas Anderes überlegen. Bei E-Bay-Kleinanzeigen lese ich die Anzeige von Romina, die Spanischkurse privat gibt. Nach zwei WhatsApp-Nachrichten, bei denen ich locker auf Spanisch kommuniziere und dabei etwas mit meinen Fähigkeiten angebe, kommt die erste Stunde bald zustande.
Romina ist Mexikanerin, studiert in Berlin, spielt in einer Frauenfußfallmannschaft und verdient sich etwas Geld mit Spanischunterricht. Una chica bonita und außerdem total kompetent. Nett ist sie auch noch, qué suerte. Wir reden sehr viel, natürlich ausschließlich auf Spanisch, das fordert mich auch wieder sehr. Das soll aber auch jetzt und hier genau so sein. Jeder Fehler von mir, und davon gibt es viele, wird von ihr als Anlass zum entsprechenden Diskurs genutzt. Das ist sehr effektiv. Wenn ich mir nur mehr merken könnte und nicht so viel wieder vergessen würde. Auf meinen Wunsch hin knallt sie mir das Hausaufgabenheft voll bis zum Stehkragen. Dazu kommen Videos auf Spanisch, die ich erstens verstehen und zweitens nacherzählen soll. Es ist total viel Arbeit. Aber ich komme voran, das ist gut.
Zwischendurch und auch recht regelmäßig treffe ich mich mit meinen Nachbarn Roland, um auf Spanisch zu reden, hablamos Español. Er lernt diese Sprache schon länger als ich, ist deshalb auch besser. Und richtig, ja, ich werde wieder gezwungen, an meine Fähigkeitsgrenzen zu gehen.
Nach zehn Wochen ist auch bei Romina Schluss, der Peru-Urlaub steht bevor. Ich sollte jetzt fit sein für la conversacíon trivial, ¿verdad? ¿Hablas Español? Si, un poco, yo ya creo.
Ob das funktioniert? Mal schauen. Ich werde berichten im Peru-Blog.
Am Anfang des Artikels steht “Werbung unbeauftragt”, das heißt, dass dieser Artikel ohne Beeinflussung und Bezahlung geschrieben wurde. Warum der Vermerk trotzdem dort steht, erfahrt ihr auf unserer Seite “Transparenz”.