Aufregendes Yacht Wochenende
Ein Yachtcharter Erlebnisbericht über eine Haveltour
Stopp, Stooopp, STOOOOOP! Fender hoch! Zurück!!! Mein Herz schlägt bis zum Hals. Wir legen mit einer 300.000 Euro-Yacht an der Kaimauer an. Martin und ich verbringen gemeinsam mit unseren Frauen und einem Freundespaar, Mario und Suse, ein Wochenende auf den Berlin-Brandenburger-Gewässern.
Mario hat den Sportbootführerschein, aber so eine Luxusyacht hat er noch nie geführt. Obwohl die Aufgaben klar verteilt sind, Mario führt das Boot, Martin gibt die Kommandos, ist die Aufregung groß. Alle kreischen durcheinander, um das Boot heil ans Ufer zu bringen. Der Gashebel klackt in den Rückwärtsgang, die Drehzahl geht hoch, die Schraube schäumt das Wasser auf. Die Yacht steht. Wir machen die Leinen fest. Puh, geschafft.
Es gibt Manöverkritik. Wo, wenn nicht hier, passt der Ausdruck besser? „Ihr könnt nicht alle durcheinander schreien, so funktioniert das nicht!“ „Ja, klar ich wollte doch nur...“
Wir sind Wochenendeigener von „Diva“, einer zwölf Meter Luxusyacht mit drei Kojen und jeweils eigenem Bad. Dazu gibt es ein Achtercockpit mit gemütlicher Sitzecke und angedeuteter Badeplattform sowie eine weitere Sitzgruppe on top. Farbige LED‘s unter der Plattform können das Wasser und somit indirekt das Boot beleuchten. Ich komme mir vor wie Graf Kacke!
Wir nehmen Kurs von der Marina Lanke an der scharfen Lanke in Richtung Potsdam. Martin und der Rest der High-Society wechseln sich am Ruder ab. Ich habe die Wasserstraßenkarte für mich entdeckt und verlege mich auf‘s Navigieren, im Großen und Ganzen hier auf der Havel keine besondere Herausforderung. Die wenigen Abzweigungen und markante Wegmarken machen es leicht.
Wir tuckern mit gemütlichen 1.800 Umdrehungen an der Sacrower Heilandskirche vorbei. Mir bleibt genug Zeit für ein Gläschen Rotwein, hier schmeckt er wie ein Château Mouton Rothschild.
Nach einem aufregenden Anlegemanöver endet der Freitag kulinarisch mit mitgebrachten Antipasti und ein paar Flaschen Wein kurz hinter Potsdam. Unsere Unterbodenbeleuchtung kommt nur kurz zum Einsatz, rot zu puffig, lila zu prollig, blau irgendwie albern. Aus der Musikanlage des Schiffes dringt gestreamte Musik vom Handy, die Technik ist auch hier perfekt. Gegen Mitternacht geht’s in die Kojen; die Nacht wird von glucksendem Wasser an der Schiffswand untermalt. Die Gedanken kreisen um Seenotrettungsübung, Titanic und Wassereinbruch; aber nicht lange, dann liegen wir alle in Morpheus’ Armen.
Nach dem Frühstück in morgendlicher Kühle setzen wir den Kurs in Richtung Brandenburg an der Havel. Mit blubberndem Motor cruisen wir durch den Schwielowsee, Templiner See und Zernsee. Die Sonne lugt hervor und das Kondenswasser an den Scheiben trocknet. Im Trebelsee ist Zeit für eine Ankerpause und ein Bad im frischen Wasser. Nur drei des Teams trauen sich hinein.
Wir passieren die Schleuse der Stadt Brandenburg mit unserer üblichen Aufregung und biegen in das Stadtgebiet ab. Später Samstagnachmittag, Sonnenschein, Ausflugswetter und somit zum Anlegen keine Lücke in unserer Größe frei. Schließlich können wir einen Platz in der Marina Schoners Wehr telefonisch reservieren. Nur, sie liegt vor der Schleuse. Also zurück. Martin ruft beim Schleusenwärter an und bekommt die Zusage, in einer halben Stunde hinter dem Frachter in die Schleuse einfahren zu können. Und richtig, an der Anlegestelle vor der Schleuse liegt ein großer Kahn. Wir positionieren uns schräg dahinter, ohne anzulegen. Die Ampel der Schleuse springt auf grün, nichts passiert. Erneute Nachfrage. „Was wollen Sie jetzt von mir? Der Frachter kommt doch noch!“. Wir drehen uns um. Ein riesiger Schubverband mit Schüttgut hält direkt auf uns zu. „Oh Gott, der ist gemeint!“ Wir machen uns schleunigst aus der Spur.
Als wir dann, natürlich wieder mit Aufregung, neben dem 125 Meter langen Schubschiff in der Schleuse liegen, stelle ich fest, Größe ist relativ.
Die Marina Schoners Wehr liegt etwas versteckt in einem sehr flachen Seitenarm und so bin ich erstmals gefordert, einen Weg mit ausreichender Tiefe zu weisen. Kurz vor 20 Uhr legen wir an. Nach der Aufregung und Geschrei genießen wir das freundlich servierte Abendessen im Gartenrestaurant der Marina und anschließend die Getränke auf unserer Bootsterrasse. Die LED-Disco-Beleuchtung schalten wir nach 30 Sekunden wieder aus und genießen den aufgehenden orangen Vollmond.
Der Sonntag startet mit Regen, der nach dem Frühstück von Sonnenschein abgelöst wird. Auf die etwas bangen Fragen, sind wir denn rechtzeitig wieder zurück, haue ich ein klares 15 Uhr 30 raus. Ich habe keine Ahnung, aber ein festes Gefühl. Den Gesichtern merke ich an, mir wird nicht hundertprozentig geglaubt. Umso mehr mache ich den Maxen, als wir schon um 14 Uhr 30 die Glienicker Brücke sehen und uns für eine Ankerpause entscheiden. Bei Kaffee und Kuchen schaukeln wir gemütlich im Wasser, als Suse eine Mitteilung auf ihr Handy bekommt. Unwetterwarnung! Alle zücken ihre Mobilgeräte und sehen auf dem Regenradar die Ankündigung von dunkel lila Unwetterwolken in einer Stunde über uns. Erst jetzt fällt uns auf, es sind fast keine Segler mehr auf dem Wasser. Anker hoch und Tempo. Der Himmel, dramatisch schön. Die Wolken holen uns ein. So schnell schafft es auch unsere Super-Yacht nicht.
Im strömenden Regen legen wir an. Zum Glück schüttet es nur, stürmt aber nicht. Wir müssen in unsere schmale Parkbox mit Pfählen und Stegen.
Alle Positionen auf unserer Yacht sind zum Festmachen besetzt. Aus jeder Ecke schallt es Stopp, Stooopp, STOOOOOP! Fender hoch! Zurück!!!
Die Maschine steht. Wir sind wohlbehalten zurück in der Marina. Ein aufregendes Yacht Wochenende liegt hinter uns.
Ein ideales Wochenende für grad60-Menschen. Habt ihr schon mal eine Bootstour unternommen. Vielleicht führerscheinfrei auf einem Holzfloß? Schickt uns doch bitte Fotos und Berichte zum Veröffentlichen an info@grad60.com
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