Hallo

DSCF2003.JPG

Herzlich willkommen auf unserer Magazin-Seite.

Wir wollen unterhalten und informieren.

Viel Spaß

Geigen-Mandala in der Petrus-Kirche

Geigen-Mandala in der Petrus-Kirche

„Wie mit der Sicht einer Videodrohne fliege ich den Wasserfall hinauf. Aufgeschäumte Tropfen aus der Tiefe verfolgen mich in die Höhe und werden doch vom stürzenden Wasser wieder mitgerissen. Ich steige hoch über die Bruchkante und segle federleicht den Flusslauf entlang. Klares Wasser kräuselt sich an glitzernden Steinen, Fische schweben in ihren Formationen. Ich tauche ein in das Nass, zwischen den Schwarm, der sich mir, wie in einer Choreographie, mal nähert und wieder in Formation entfernt…“ Ich bin begeistert, wie Martin seine Musik-Empfindungen schildern kann. Mir gelingt es leider nicht, das virtuose Geigenspiel mit so anschaulich passenden Worten zu beschreiben.

Wir lauschen heute überwältigt Holm Birkholz beim Konzert „Mandala“ in der Petrus-Kirche in Berlin-Lichterfelde.

Geiger Holm Birkholz in der Petrus-Kirche 2.jpg

Durch eine glückliche Fügung hat uns Gudrun Birkholz, die Ehefrau des Geigenkünstlers, zu diesem ungewöhnlichen Konzert eingeladen. Sie selbst ist ebenfalls künstlerisch tätig, allerdings eher in der bildenden Kunst. Und so stammt folgerichtig das Mandala-Bühnenbild aus ihrer Hand. „Mandala“ ist das Leitmotiv der Veranstaltung, erklärt mir Gudrun. Es hat rein gar nichts mit den bunten Ausmalbildern in Kinderbüchern zu tun, sondern ist Symbolik aus dem Buddhismus und soll durch Farben und Formen die Seele ansprechen und stimulieren.

Gudrun Birkholz vor der Petrus-Kirche.jpg

Die Ende des 19. Jahrhunderts im neugotischen Stil erbaute Petrus-Kirche überragt ein 60 Meter hoher Kirchturm mit einem spitzgeformten Dach. Martin und ich haben uns sehr frühzeitig aufgemacht und so bleibt uns genügend Zeit, das Bauwerk auf dem Oberhofer Platz in Ruhe zu umrunden. Das Gotteshaus ist recht schlicht gehalten, beeindruckt uns aber durch die Dimensionen, mit der es das umgebende Grün dominiert.

Petrus-Kirche.jpg

Am Eingang treffen wir auf Christiane, die diese kulturelle Veranstaltung heute organisiert. Von ihr erfahre ich, dass es seit 37 Jahren Kultur in der Petrus-Kirche gibt, mit Gesangs-, Gitarren-, Tanz- und Chorabenden. Und mit dieser kurzen Aufzählung sind nur rund zehn Prozent der Kunstveranstaltungen genannt. Insbesondere zu den weit über Lichterfelde hinaus beliebten Jazz- und Blues-Tagen finden normalerweise bis zu 300 Gäste Platz in der Kirche. Heute werden es durch die Corona-Abstandsregeln gerade einmal 50 Besucher sein. Die Eintrittspreise liegen zwischen 14 und 25 Euro. Das Programm braucht man nicht am Tor abzufotografieren, das gibt es auf der Internetseite: http://www.petrus-kultur.de/

Ich vor Petruskirchentor.jpg

Ja, und nun sitzen wir da, mit leicht skeptischer Einstellung. Denn das Programm kündigt uns eine Solo-Violine mit begleitender Glocke in einem einstündigen Werk aus 13 Teilen an. Darunter können wir uns nicht wirklich etwas vorstellen. Weiter heißt es: „In diesem Raum der Kontemplation entsteht ein fragiles sphärisches Lied, welches uns zum rituellen Höhepunkt der Mandala-Legung führt.“ Mhhhh, was soll das werden? Wir sind unsicher, aber wie immer, offen für alles. Und, als wir uns über das Programm unterhalten haben, wussten wir noch nicht, dass hier ein Maestro besonderer Klasse am Werke sein wird. Holm Birkholz ist ein Violinist, der schon unter Herbert von Karajan Mitglied der Berliner Philharmoniker war, inzwischen in Pension ist und für den auch das Komponieren und Arrangieren wesentliche Bestandteile seines künstlerischen Schaffens sind.

Geiger Holm Birkholz in der Petrus-Kirche 4.jpg

Das „Mandala“ wird umrahmt mit zwei Stücken von Johann Sebastian Bach. Holm meint dazu: „Bach ist für Geiger die Wurzel aller Wurzeln!“ Und dann lässt er seine Geige erklingen. Im Raum ergießen sich so vielstimmige Töne, als würden drei Instrumente gleichzeitig gespielt werden und mit den Schallreflektionen die Kirche füllen. Virtuos. Das „Mandala“ entführt schließlich meine Sinne in den Himalaya. Die Töne dringen wie meditativ vom Wind getragen, mal lauter und dann wieder leiser an mein Ohr. Es entspannt mich, ohne dass die Musik auch nur im Entferntesten etwas mit Sauna-Klingklang zu tun hat.

Geige_11red.jpg

Die Klangschale ertönt äußerst sparsam mit ihrem langanhaltenden Ton und der Blick findet immer wieder zurück zum Altarbild, wo überdimensional groß der Stern schwebt. Er entfaltet im Hintergrund seine Wirkung und bereitet so die Bühne für den musikalischen Genuss.

GeigerHolm_01.jpg

Im Programmheft heißt es dazu: “In diesem Raum der Kontemplation entsteht ein fragiles sphärisches Lied, welches uns zum rituellen Höhepunkt der Mandala-Legung führt: MANDALA Nr. 5 zeigt uns die Auflösung bzw. physische Zerstörung des Sandmandalabildes auf und führt uns über einen hymnischen Lobgesang (Hymnus) zum EPILOG (Ursprung 2), der uns auf eine neue Ebene der Erkenntnis leitet.”

GeigerHolm_02red.jpg

Die Stunde vergeht wie im Flug und das Publikum belohnt den Künstler am Schluss mit phrenetischem Applaus und Standing Ovation. Wie bei großen Konzerten schon oft erlebt, muss auch Holm Birkholz dreimal aus der Garderobe auf die Bühne zurückkommen. Zu recht. Wir sind ebenfalls fasziniert, wie gut dieser Geiger sein Instrument beherrscht. Und wie viele andere hier in der Kirche sind wir dankbar, dass er sein Können mit uns geteilt hat.

GeigerHolm_03red.jpg

Im Anschluss können wir Holm befragen, der uns zunächst Einiges zu seinem Werk erläutert und dann begeistert von seiner Geige berichtet: „Sie hat einen ganz besonderen Lack, der von der Struktur stumpf ist und dadurch eine 100-mal größere Abstrahlfläche besitzt. Das Instrument wurde von dem Geigenbauer Stephan von Baehr erschaffen, der als einziger zeitgenössischer lebender Geigenbauer den persönlichen Zugang zu der unter Verschluß gehaltenen ganz besonderen im 100-%igen Originalzustand erhaltenen „Messias“-Stradivari hat. Aufgrund eines Fehlers in der Konstruktion des Instruments konnte das Instrument nie seinen wahren Klang entfalten und blieb bis heute ungespielt. Dadurch blieb sie aber vollkommen unverändert und besitzt auch noch den Originallack. Und diese Meistergeige war die Vorlage für mein Instrument, eine Originalkopie nach der Messias Stradivari.”

Geiger Holm Birkholz in der Petrus-Kirche 3.jpg

“Und damit kann man zaubern.“ Holm berichtet weiter, dass er sich jetzt als Pensionär mehr auf das Solospielen konzentriert. Es ist seine Passion und seine Unabhängigkeit: „Ich kann jetzt spielen, wo es mir gefällt, ich bin frei! Hier in der Petruskirche spiele ich aus Freude und weil die ambitionierte und begeisterte Frau Kurz-Becker das alles vorzüglich managt. Hier Geld zu verdienen, würde nicht funktionieren.”

Geiger Holm Birkholz in der Petrus-Kirche Interview.jpg

Während wir so miteinander sprechen, schiele ich auf die Notenblätter und kann nur staunen, wie so etwas zu spielen geht. Holm bemerkt es und gibt uns zum Abschluss dann noch eine extra Demonstration, wo der gewaltige Unterschied liegt zwischen dem Noten Abspielen und dem Erklingen lassen eines Stückes.

Geige_18red.jpg

Martin und ich quatschen noch lange über dieses einzigartige Erlebnis hier in der Petrus-Kirche. Schön, dass wir für neue Eindrücke offen waren. Und wer meint, das wäre doch alles sehr trocken in der Kirche, mit dem stoßen wir gerne mit einem „Flens“ aus der Kirchenbar an. Prost!

Geige_22red.jpg
Golferlebnis in Großbeeren

Golferlebnis in Großbeeren

Der Norden ruft - Gastbeitrag von Monica Mählmann

Der Norden ruft - Gastbeitrag von Monica Mählmann