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Drinking Buddies

Drinking Buddies

Eigentlich ist es ja immer nur Äthanol, umgangssprachlich auch als Alkohol bezeichnet, womit wir unsere Leber vergiften. Aber hübsch verpackt, mit interessanten Zutaten versehen, erfreut er unsere fünf Sinne doch gelegentlich.

Heute werden wir in der „Bar Fritz`n“ unserem Laster frönen. Lebergift hin, Lebergift her, viele Menschen haben wie Winston Churchill richtig erkannt: „Man soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ Diese Zitat stammt übrigens von der hübsch gestalteten Website dieser Cocktailbar in der Potsdamer Dortusstraße 6.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Wir nehmen Platz am reservierten Tisch unter der Markise auf dem Gehweg. Der Laden ist gut gefüllt. Eine Gruppe junger Frauen macht mächtig Rabatz. Der Kellner bringt die Karten. Eine davon ist aus Holz. Thomas ist schon ganz hibbelig. Er will einen Mai Tai ähnlichen Drink, aber eben keinen Mai Tai. „Wenn Du einen Mai Tai willst, dann musst du einen Mai Tai nehmen, anders geht´s nicht.“ Der Ober ist da knallhart, aber saufreundlich. Er strahlt Thomas an. „Wie wäre es mit Beans and Bananas? Ist einem Mai Tai recht ähnlich.“ Thomas nickt, er hat sich entschieden: „Danke für deine Empfehlung. Den nehme ich und bin gespannt.“ Der Ober schaut nun mich an. Ich schwanke, obwohl ich sitze und noch keinen Tropfen angerührt habe. Ich starre auf die Holzbrettkarte mit den außergewöhnlichen Mischungen.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Das Wort Pisco springt mir mehrfach in´s Auge und ruft Erinnerungen an unsere Perú-Reise hervor. Warum eigentlich nicht? „Ich nehme den Pisco Pisco Party Party.“ „Gute Wahl!“ Mit komisch wackelnden Hütchen und fliegenden Rockschößen eilt unsere Bedienung davon. Und wenige Minuten später sind die Drinks da. Gerade, als wir den ersten Schluck nehmen wollen, kreischen die Chicas am Bordsteinkantentisch wie verrückt. „Dios mio, muss das denn sein!“ Ich habe mich echt ein wenig erschrocken. Und dann kippt bei denen auch noch ein Glas um. War ja klar!

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Es ist hier nicht wirklich laut bei den Fritz´n, aber ziemlich voll. Eine angeregte Masse Mensch redet permanent aufeinander ein und erzeugt damit eine solide Geräuschkulisse. Wir fühlen uns getragen auf einer Welle der Gemütlichkeit. Es scheinen alle gut drauf zu sein und sich des Lebens zu freuen. Wir auch. Wir widmen uns unseren Drinks. Meiner sieht fast aus wie ein klassischer „Pisco Sour“ und Thomas´ Getränk erinnert an einen Whiskey auf Eis. Die Farbe kommt bestimmt vom dunklen jamaikanischen Rum. Sehr attraktiv, die beiden Getränke.

Wir stoßen an und lassen sie wirken. „Na, Thomas, ist der Drink von dieser Welt oder ist er Mai Tai Roa Ae?“ Verständnislos schaut er mich an. Ich habe gegoogelt. „Mai Tai Roa Ae“ ist Hawaiianisch und lässt sich ungefähr mit „nicht von dieser Welt und einfach das Beste" übersetzen. Daher soll der Name Mai Tai stammen. „Doch, er ist zwar von dieser Welt, aber sehr gut und kommt dem Mai Tai wirklich ziemlich nahe, richtige Wahl!“ Thomas ist zufrieden mit dem ersten Drink des Abends.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Und ich? „Pisco Pisco Party Party“ wird erwartungsgemäß dominiert vom Traubenschnaps, der nach der Stadt Pisco in Perú benannt worden ist. Der Rest meines Getränkes ist aber ganz anders und sehr interessant. Unter anderem scheint es ein Hauch von Melone zu sein, die umgarnt von Limette und Minze meine Geschmacksnerven reizt. Gut gemacht und es schmeckt mir ausgezeichnet.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Wir lassen uns Zeit und genießen den lauen Sommerabend in netter Atmosphäre. Schließlich ordern wir die zweite Runde. Auf Empfehlung unseres Getränkeberaters nimmt Thomas einen „Planters Rum Punch“ und ich nach einigem Hin und Her den „Oh my Goat“.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

„Oh my Goat“ ist etwas mit Ziegenkäse und anderen exotischen Ingredienzien. „Das ist mutig,“ meint Thomas. Finde ich auch.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Die Preise sind im Übrigen moderat. Zwischen neun Euro und zwölfeurofünfzig muss man auf den Tisch legen für einen Cocktail. Wenn man einige Drinks nimmt, kommt dennoch eine hübsche Summe zusammen. „Die Zeiten sind aber vorbei, wo man sich mit billigem Zeug die Birne wegknallt und sich anschließend die gesamte Umweltgeometrie in Auflösung befindet, oder?“, frage ich meinen Drinking Buddy. „Stimmt, haben wir nicht mehr nötig“, meint Thomas. „Aber früher, in meiner Hochphase des Sturm und Drangs hatte ich die Kohle einfach nicht.“ Ich nicke beipflichtend und schaue auf das eigenartige weißes Porzellangefäß von Don Julio in meiner Hand.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Und er riecht nach Ziege, mein Drink, nach „Goat“. Ich zweifle an meiner Wahl. Ziegenkäse im Salat, okay! Aber in einem Getränk? Mein Riechsinn signalisiert aber noch etwas anderes sehr Prägnantes: Tequila. Das besänftigt mich wieder etwas und projiziert Bilder von weißen Stränden mit untergehender Sonne in meinen Schädel. Wir stoßen an und kosten. Thomas´ „Planters Rum Punch“ kommt eher unauffällig daher, sehr sanftmütig und ausgeglichen, sagt er, selig am Strohhalm nuckelnd. „Aber absolut rund und der Zunge schmeichelnd. Auch der Rumgeschmack ist super!“ Ich ziehe nur vorsichtig an meiner Ziege.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Ich will grundsätzlich jedem Drink die Chance des zweiten und dritten Schlucks geben. Ich verurteile kein Getränk nach dem ersten Eindruck, niemals. Aber was passiert da auf meiner Zunge? Die Ziege schwimmt im Tequila-See und bemüht sich nicht besonders aufzufallen. Blutorange und etwas Honig bilden den Geleitzug. „So besonders stark ist der Ziegenkäse gar nicht,“ sage ich zu Thomas. Wir stoßen noch einmal an.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Thomas will kosten. Vorsichtig zieht er die Flüssigkeit ein. „Oh, my God, die arme Ziege,“ stöhnt er. „Dieser Cocktail wird auch vom Tequila nicht mehr gerettet. Schmeckt mir überhaupt nicht.“ Ich bin da widerstandsfähiger und kompromissbereiter. „So schlecht ist jetzt aber auch nicht,“ entgegne ich und teste nochmals. Der Ober tangiert unseren Tisch. „Alles in Ordnung?“, will er wissen. Wir beiden nicken. Nein, ich bin nicht enttäuscht, aber doch einigermaßen verblüfft. Wie kriegen die den Ziegenkäse in den Porzellantopf, ohne dass es aussieht wie in einer Salatschüssel? Ich schaue in Richtung Tresen. Die Mixer haben gut zu tun, verraten mir aber ihr Geheimnis nicht. Der Laden brummt.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Der Abend schreitet voran und manchmal ist es mühsam. Ihr kennt das. Man starrt seinen Drink an, weiß nicht, was man sagen soll, es ist unangenehm und die Szene um einen herum schleppt sich unmotiviert dahin. Bei uns nicht. Die Geschichten sprudeln nur so aus uns heraus. Wir halten auch Schweigsamkeit aus, aber meistens überwiegt das Gequatsche. Wir reden über seltsame Begegnungen, Partys, Konzerte, Drinks und über unsere heutige Wahl der Cocktailbar. Wir sind uns einig: tolle Location, gemütlich, relaxed, animierend. Eine gute Wahl, ohne Zweifel.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

„Weißt du noch, damals in Südafrika, als du mir den Gin empfohlen hast und ich ihn für mich entdeckte.“ Na klar weiß ich das. Es war der Inverroche Amber und es folgten viele andere, wie ihr in unserer Serie Gin-Gin-Gin nachlesen könnt. Das veranlasst mich noch einmal in die Karte des Hauses zu schauen. Was haben die denn? Tanqueray, No. 3 London Dry, Humboldt, Gin Mare, Ki No Bi Kyoto. Kleine, aber feine Auswahl. Einige davon haben wir schon getestet, die anderen sollten wir mal nachholen. Wir lassen Glas an Porzellan klingen und müssen anschließend leider feststellen: schon wieder leer. Folgerichtig schwebt die Frage aller Fragen über uns: „Nehmen wir noch einen oder gehen wir heim?“ Da kann ich nur mit einem Spontispruch aus meiner Jugendzeit kontern: „Die Sonne scheint in´s Kellerloch, einen könn´ wir noch!“ Thomas lacht kurz und schaut dann in die Holzkarte.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Unser „Garçon Privé“ steht plötzlich wieder am Tisch. Immer zur rechten Zeit. Gutes Timing. Die ultimative letzte Beratung lässt schließlich zwei goldene Birnen auf dem Tisch der Drinking Buddies erscheinen. Es sind „Brotherhood & Co“ Cocktails. Rein optisch schon mal irgendwie kitschig schön.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

Mal testen, was der Inhalt zu mir sagt. Ich lasse die Flüssigkeit im Mund wirken und schließe die Augen. „Wow“, stöhne ich auf, „was für ein Ensemble!“ Ich nehme noch einen zweiten und dritten Schluck aus dem goldenen Strohhalm. Wie soll ich den Eindruck beschreiben? Whiskey ist in einem Cocktail oftmals recht dominant, wie zum Beispiel im Manhattan oder im Old Fashioned. Aber hier wird er von Aprikose und Birne daran gehindert, zu vordergründig aufzutreten. Und die Zitrone bildet zusammen mit dem weißen Portwein den Rahmen dieser ungewöhnlichen Mischung. Im Abgang meldet sich noch ein kurz ein Nussknacker zu Wort und lässt auf der Zunge ein klasse Trinkerlebnis zurück.

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n

“Das ist ja der Hammer!“ Auch Thomas ist begeistert, obwohl er kein Whiskeyfan ist. Ich auch nicht unbedingt. Aber hier ist den Mixern der „Bar Fritz`n“ etwas Außergewöhnliches gelungen, eine faszinierende Komposition. Bravo Guys!

Es ist kurz vor Mitternacht. Jeder Abend geht irgendwann zu Ende. So auch heute. Wir haben einige Stunden hier in der Potsdamer Bar verbracht und uns sehr wohl gefühlt. Eingebettet in die Welt der coolen Drinks, umgeben von netten Leuten. Beinahe schon weltläufig. Die Anzahl der von uns genossenen Drinks war überschaubar und der Alkoholgehalt angenehm mittig. Es besteht somit keine Gefahr, dass der folgende Tag erinnerungstechnisch lückenhaft sein könnte. Die Rechnung ist absolut angemessen. Die Drinking Buddies bedanken sich bei der Bedienung, schicken Grüße an die Barmixer und verabschieden sich immer noch mit leichter Zunge: Prost, Cheers, Salud, Cin-Cin, À votre Santé, Za zdorovʹe!!

Drinking Buddies in der Bar Fritz´n
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