Helsinki, eine Stadt zum Verlieben! Ein Gastbeitrag
Es geht schon wieder los…. Diese Songtextzeile von Roland Kaiser geht mir um 6:10 Uhr durch den Kopf, auf dem Weg zum Flughafen Frankfurt. Es geht nach Finnland, genauer gesagt nach Helsinki, in die Hauptstadt dieses skandinavischen Landes. Ich bin aufgeregt und freue mich auf Helsinki, nicht nur, weil es eine tolle junge Stadt ist, sondern weil ich dem heißen Wüstenwind Chamsin entfliehen kann. Ich leide unter der 36 Grad Hitze in Landau. Mit 45-minütiger Verspätung heben wir in Frankfurt ab und landen sicher in Helsinki-Vantaa, am neu gebauten Terminal 2. Im Dezember 2018 landete ich noch im alten Terminal, doch das neue Terminal ist nicht nur schöner, es funktioniert bei meiner Ankunft alles reibungslos!
Wer schon mal in Helsinki war, der hat ganz sicher den Dom von Helsinki und die Uspenski-Kathedrale gesehen oder zumindest eine Postkarte davon. Beide Kirchen sind absolut sehenswert. Weiß leuchtend zieht der klassizistische Dom meinen Blick auf sich. Er ist das Wahrzeichen von Helsinki.
Aber was macht Helsinki für mich aus? Was fasziniert mich so an dieser Stadt, die 1917 zur Hauptstadt des unabhängigen Finnlands erklärt wurde und mit 660.000 Einwohnern die nördlichste Hauptstadt der EU ist? Mich besticht Helsinki wegen der vielen jungen Leute im Stadtbild. An der Universität Helsinki sind 36.000 Studentinnen und Studenten immatrikuliert, dazu kommen noch 10.900 Studierende an der Aalto-Universität. Noch mehr als dieses „jugendliche Stadtbild“ beeindrucken mich die Parks mit ihren Kunstwerken. Oft steht klassische und modere Kunst Seite an Seite.
Die Skulptur von Finnlands Nationaldichter Johan Ludvig Runeberg 1804-1877, von seinem Sohn Walter Magnus im Jahr 1855 gestaltet, steht im Esplanade Park. Die Möwe auf seinem Kopf ist neu. Ein paar Meter weiter erblicke ich die Skulptur von Gunnar Finne „Fact and Fable“ von 1932. Diese Bronze erinnert an Zacharias Topelius. Er schrieb Kinderbücher, war Dichter und Journalist. Er schreibt Fiktion und Realität. Die allegorischen Figuren stehen für Wahrheit und Fantasie. Die Wahrheit wird durch die Flamme symbolisiert und die Fantasie durch den Fabelvogel, der eine Krone trägt. Und die Figuren blicken in entgegengesetzte Richtungen. War das die Intension von Finne? Auch hier benutzen Möwen die Köpfe als Aussichtspunkt, um arglose Touristen auszuspähen, wie ich das schon von den „Fischbrötchen-Geiern“ aus Warnemünde kenne.
400 Meter weiter befindet sich das Nationaldenkmal „Bringer of Light“ von Pekka Kauhanen. Der Stahlsoldat, stehend auf einer Kugel, wurde 2017 fertiggestellt.
Beim Näherkommen erkenne ich, dass im Innern der Kugel Fotografien angebracht sind, die meine Neugier wecken. Dank Google erfahre ich, dass die Skulptur an den Winterkrieg erinnern soll. Der Winterkrieg wurde zwischen der damaligen Sowjetunion und Finnland zwischen November 1939 und März 1940 ausgetragen. Finnland konnte seine Unabhängigkeit behalten, musste aber einige Territorien abtreten. Ganz gruselig erinnert mich das an den derzeitigen territorialen Krieg zwischen der Ukraine und dem heutigen Russland.
Ich schlendere weiter durch Helsinki und erkenne, dass das Stadtbild durch viele Gebäude im Jugendstil geprägt ist. Den nordischen Jugendstil nennt man auch Nationalromantik. Er umfasst die Zeit zwischen 1900-1917.
Mir gefällt Jugendstil sehr, da es trotz klarer Strukturen eine gewisse Verspieltheit aufweist, ohne überladen zu wirken. Allerdings besitzt der Jugendstil in den nördlichen Ländern noch etwas Trutziges. Das ist mir auf einer früheren Reise bereits im norwegischen Oslo aufgefallen. Hier in Helsinki ist es nicht ganz so ausgeprägt, aber eben doch sichtbar, wie am 1902 erbauten Wohnhaus Schalintalo des Architekten Usko Nyström. Mit 165 Wohnungen und drei Treppenhäusern ist es ein recht großer Wohnkomplex. Ich würde gerne das Ganze von innen sehen und die Wohnungen betrachten. Im Internet finde ich zwar eine kurze Beschreibung, aber leider keine Innenansicht und einfach zu klingeln, das traue ich mich nicht.
Am Nachmittag geht’s runter ans Wasser.
Es ist Midsommer, das heißt, es bleibt die ganze Nacht hell und das Leben spielt sich am Wasser ab. Oft mit einem Picknick. Entweder man trifft sich hier am Ufer oder man fährt mit der Familie und Freunden ins Sommerhaus, erklärt mir ein befreundeter Finne. Das Wetter ist ein Traum: Blauer Himmel, glasklare Luft und die Temperatur liegt bei 20 bis 23 Grad. Das Licht ist perfekt zum Fotografieren. Ich kann mich gar nicht sattsehen an dem Grün der Parks, der Bäume und dem azurblauen Wasser.
An den verschiedenen Standrestaurants, wie das Birgitta Hernesaari und das Löyly, genieße ich einen Cappuccino mit einem Pulla, ein finnisches Hefegebäck. Als süße Alternative gibt es Korvapuusti, ein Zimtbrötchen.
Das leckere Gebäck schmeckt nicht nur den Menschen im Café, sondern auch den verschiedenen Vögeln. Allen voran den Spatzen, Dohlen und Möwen. Ein richtiger Luftkampf bricht über jeden Krümel am Boden und auf den Tellern der Gäste aus. Alle lieben Pulla oder eine der sonstigen Leckereien und so beobachtet jeder genau, was vorgeht.
Das Löyly hat noch eine besondere Attraktion. Es ist nicht nur ein schönes Restaurant, sondern auch eine Sauna. Man kann sich ein Zeitfenster buchen, saunieren und sich anschließend im klaren Wasser abkühlen. Ich finde so richtig meine Ruhe, wie ich über diese Stadt nachdenke: Parks, Kunst, Jugendstil-Architektur passen zusammen, genauso wie Mensch und Tier. Hier in Helsinki lebt Stadt und Natur gemeinsam in friedlicher Koexistenz.
Ihr hört es raus: Für mich ist Finnland ein wundervolles Land und ich werde ganz bestimmt bald wieder hinfliegen! Nicht nur um den heißen Sommern in Landau zu entfliehen.
Vielen Dank für deinen Urlaubsbericht aus Helsinki, liebe Monica. Wenn ihr, liebe Leserinnen und liebe Leser, auch einmal Lust bekommt, über euren Urlaub oder Ausflug zu berichten, nur zu und eine E-Mail an grad60.com. Wir würden uns freuen!
Zu dem Artikel haben wir einen Kommentar von Irmeli Rother erhalten:
Zwei kleine Druckfehler fielen mir beim Lesen auf. Aalto-Universität schreibt man mit doppeltem Vokal. Sie ist nach dem finnischen Architekten Alvar Aalto benannt.
Der Winterkrieg begann im November des Jahres 1939.
Eine kleine (haarspalterische) Anmerkung zu Standrestaurants: das Wort LÖYLY bedeutet Aufgussdampf in der Sauna. Man könnte sagen, dass die Sauna zuerst da war und dazu gibt es als eine besondere Attraktion ein schönes Restaurant. ;-)
Martin und Thomas von grad60:
Vielen Dank für deine Hinweise. Du hast natürlich recht und wir haben die Fehler korrigiert. Auch vielen Dank für die Anmerkung zu Löyly. Eine sehr interessante Ergänzung.